Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
Einladung.«
Er zuckte die Achseln. »Du hast ebenso ein Recht wie jeder andere, die Wahrheit zu erfahren.«
Er hätte noch mehr sagen können, aber er tat es nicht. Er traute seinen Worten nicht, ja nicht einmal seinen Gefühlen. Es musste genügen, dass er sie aufgefordert hatte, hierherzukommen.
Wortlos wandte er sich ab, um sich Flügel wachsen zu lassen und in die Lüfte zu schwingen. Doch sie legte ihm eine Hand auf den Arm und hielt ihn zurück. Sein Innerstes sträubte sich; er war es nicht gewohnt, unaufgefordert berührt zu werden.
Er drehte sich zu ihr um.
»Was bin ich?«, flüsterte sie.
Er zögerte. Wie groß ihre Augen waren, wie voller Verlangen! Genau wie er selbst vor vielen, vielen Jahren sehnte sie sich danach, verstanden zu werden. Er wünschte, er hätte ihr mehr zu bieten als Schatten und Geheimnisse.
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Der Keim der übernatürlichen Seuche, den wir von Generation zu Generation weitergeben, stammte ursprünglich von einem männlichen Ikata. Deshalb sind wir von allen Instinkten und Leidenschaften dieses Geschlechts durchdrungen. Vielleicht ist das der Grund, warum es Frauen so schwerfällt, sich an den Zustand anzupassen.« Er sah den überraschten Ausdruck auf ihrem Gesicht, und ein spöttisches Lächeln kräuselte seine Lippen. »Ja, meine Liebe. Das ist der wahre Grund, warum alle Magister Männer sind. Der weibliche Beschützerinstinkt – oder, wie in deinem Fall, dessen Fehlen – ist zweitrangig. Die Ikati können sich nur an Menschen des gleichen Geschlechts binden. Deshalb folgt der Ikati-Funke, den wir in uns tragen, einfach den gleichen Regeln. So lautet jedenfalls meine Theorie.«
Er streckte die Hand aus und berührte ihr Gesicht; sie wich nicht zurück, sondern duldete seine kalten Finger auf ihrer warmen Wange. »Aber nun gibt es dich«, murmelte er. »Und ich habe keine Ahnung, wieso. Die Magister haben sich im Lauf der Zeit selbst verändert, vielleicht ändert sich auch unsere dunklere Hälfte, und der Funke, den wir an unsere Schüler weitergeben, hat einfach an Kraft verloren. Sodass die Eigenschaften, die einst mit einem weiblichen Wirt so unvereinbar waren, allmählich immer schwächer wurden, bis sich die verbliebenen Reste in jeder Seele einnisten können. Wenn dem so ist, dann wirst du nicht die einzige Frau in unseren Reihen bleiben … dann bist du nur die erste. Oder aber …«
Er zögerte.
Sie legte ihre Hand auf die seine. Ihre Finger waren weich und warm und weckten Gefühle, denen er sich nicht stellen wollte. Noch nicht.
»Sprecht weiter«, murmelte sie. In ihrer Stimme schwang ein verführerischer Unterton mit, als spürte sie die Spannung zwischen ihnen und wollte sie zähmen. Das berührte ihn tiefer, als er erwartet hätte.
»Wenn jedoch der Funke, der dies alles in Gang setzte, nicht nur die Essenz eines männlichen Ikata gewesen wäre, sondern … wenn jeder Magister den Abdruck der ganzen Spezies in sich trüge? Sodass der Funke, den Ihr von Eurem Mentor aufgenommen habt, nicht bloß die verwässerte Essenz eines einzelnen Männchens gewesen wäre, so geschwächt über viele Jahrhunderte der Übertragung, dass auch eine Frau ihn endlich aufnehmen konnte, sondern etwas viel Bedeutsameres? Wenn dieser Same in sich die Essenz der gesamten Spezies vereinte, in jeder Spielart, in der sie auftritt … einschließlich der einen, die einen weiblichen Wirt bevorzugen würde.«
»Die Seele einer Königin«, flüsterte sie.
Er nickte. »Es wäre möglich, dass sie sich in dir manifestiert hat. Wenn dem so ist … könntest du andere Kräfte haben als wir. Neben den Instinkten, die du in dich aufgenommen hast.«
»Deshalb wolltet Ihr, dass ich nach der Hexenkönigin suche. Deshalb glaubtet Ihr, ich könnte sie finden, obwohl alle Eure Kollegen gescheitert waren.«
Er nickte. »Und das ist immer noch möglich, besonders nachdem du jetzt mehr über die Kräfte weißt, die mit im Spiel sind. Aber sei gewarnt: Wenn die Ikati-Instinkte eines Magisters genügend Einfluss gewinnen, kann er spüren, was du bist. Und wenn das geschieht …« Er holte zischend Luft. »Solche Begegnungen bergen sehr viel Macht in sich, Kamala, aber auch große Gefahren.«
»Sie werden mich begehren.«
Obwohl das Thema so ernst war, musste er fast lächeln. Welcher Mann würde dich nicht begehren? »Das ist eine ziemlich schwache Beschreibung für die Brunstgefühle der Ikati. Diese Wesen reißen sich schon beim Vorspiel in Stücke. Der Ruf
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