Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
erreichen wollte, er musste einen kühlen Kopf bewahren. »Was willst du von mir?«
Sie schnalzte mit der Zunge. »Warum so grausam, Sula? Wieso dieses Misstrauen? In Sankara warst du viel netter zu mir.«
In Sankara warst du noch ein Mensch , wollte er sagen. Doch er biss sich auf die Lippen und schwieg.
Sie trat an das Tischchen, beugte sich vor und goss Wein in die beiden Pokale. Dabei klaffte ihr Ausschnitt ein Stück weit auseinander und gestattete den Blick auf ihre festen, vollen Brüste. Es fiel ihm schwer, sie nicht anzusehen.
Dann kam sie zu ihm und reichte ihm einen der Pokale. Als er zögerte, lächelte sie. »Es ist nur ein Traum, Sula. Ich kann dich nicht vergiften.«
Nein, aber wenn du die Macht hast, mich in deine Träume zu ziehen, woher weiß ich dann, wo diese Macht endet?
Langsam nahm er ihr den Pokal ab, setzte ihn an die Lippen und nippte. Es war Wein. Guter Wein, aber nicht mehr als das. Was hatte er denn erwartet?
»Du bist wirklich viel zu argwöhnisch«, tadelte sie ihn. Jetzt stand sie ganz dicht bei ihm. Der menschliche Duft unter ihrem seltsamen Parfüm weckte Erinnerungen, die ihm das Blut in die Lenden trieben. »Haben dir die anderen schlimme Geschichten über mich erzählt?«
»Was willst du?«, wiederholte er. Und musste sich beherrschen, um nicht einen Schritt zurückzutreten.
»Heißt das, du kannst das mit all deinen Zauberkräften nicht erraten?«
»Ich möchte es lieber aus deinem Mund hören.«
Sie zuckte leichthin die Achseln. »Vielleicht brauche ich die Hilfe eines Magisters.«
»Du kennst viele Magister. Einige davon sind es gewöhnt, dir gefällig zu sein.« Hältst du mich für schwächer als sie? , wollte er fragen. Leichter zu manipulieren? »Warum gerade ich?«
Er hatte einmal das Bett mit ihr geteilt. Nur ein einziges Mal. Es war eine Laune gewesen, ebenso sehr aus dem Wunsch heraus, vor den anderen Magistern ein Geheimnis zu haben, wie aus körperlichem Verlangen. Sie hatte sich als kundige und leidenschaftliche Liebhaberin erwiesen, und er bereute diese Nacht nicht, aber für seinen Geschmack hatten schon zu viele Zauberer ihren Geruch in ihrem Bett hinterlassen.
»Gerade deshalb, Sula.« Sie fuhr ihm mit federleichtem Finger über die Brust, nur die Andeutung eines Streichelns. »Die anderen haben mich ins Vertrauen gezogen, sie haben ihre Geheimnisse mit mir geteilt, einige haben mir sogar Liebespfänder mit ihrer persönlichen Essenz gegeben. Du hast das nicht getan. Wenn ich mich an einen der anderen wendete, müsste er sich fragen, ob ich in irgendeiner Weise Einfluss auf ihn ausüben wollte. Du dagegen … du hast zu solchen Befürchtungen keinen Anlass. Denn du weißt, dass ich keine Macht über dich habe.« Sie lachte leise. »Jedenfalls nicht mehr als jede andere Frau.«
Ein kühler Wind strich durch das Zelt. Sulas Haar bewegte sich. In der realen Welt hätte eine Hexe ihr Athra niemals auf ein so entbehrliches Detail verschwendet, aber im Traum war dergleichen kostenlos.
»Wozu brauchst du denn nun meine Hilfe?«, fragte er.
Ihr Lächeln erlosch, ihr Gesicht wurde ernst. »Du weißt, was mit mir geschehen ist. Du weißt auch, über welche Macht ich nun verfügen kann.«
»Ich habe Gerüchte gehört«, sagte er vorsichtig.
»Ich will die Seelenfresser nicht verteidigen. Es sind brutale Ungeheuer, und die Männer, die sie kontrollieren, sind kaum besser. Die sterblichen Könige tun gut daran, sie zu fürchten. Doch es braucht nicht so zu sein, Sula. Ihre rasende Wut lässt sich zügeln. Ihre Macht kann gezähmt werden. Und was für eine Macht! Du kannst dir nicht vorstellen, was damit alles möglich wäre. Und was noch fehlt, ist einzig und allein der richtige Führer.«
»Und das bist du?«
Sie schüttelte den Kopf. »Eine Frau kann die Führung nicht übernehmen. Jedenfalls nicht offen. Aber eine Frau kann entscheiden, welcher Mann die Krone trägt.« Sie legte den Kopf schief. »Daraus ergeben sich doch interessante Perspektiven, findest du nicht? Vielleicht sogar … interessante Bündnisse.«
Sula zog hörbar den Atem ein. War das ein Angebot? Oder hatte er sich verhört?
Sei auf der Hut, Sula. Du kennst ihren Ruf. Eine Frau, die einmal politisch so mächtig war wie sie, verfügt über ein Arsenal von Manipulationstechniken, das die Ersten Könige beschämt hätte.
Allerdings konnte er nicht leugnen, dass ihn ihr Vorschlag in Erregung versetzte. Und da er inzwischen von Colivar erfahren hatte, was ein Magister tatsächlich war,
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