Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
einen unheilvollen Platz in seiner Seele ein. Er stellte eine Erdarbeit dar, deren Alter noch nicht einmal geschätzt werden konnte: Der runde Hügel war durch die Hände primitiver Arbeiter errichtet worden, die hierfür nichts weiter als die Spitzen von Hirschgeweihen und Schilfkörbe benutzt hatten. Warum diese primitive Gemeinschaft geglaubt hatte, es wäre notwendig, in einer Landschaft, die aus nichts als Hügeln bestand, noch einen weiteren Hügel aufzuhäufen, blieb ein Geheimnis. »Das Zeitalter der Erbauer von Monumenten«, sagte Charles leise zu sich selbst. Eine Epoche, die voll von Mysterien aller Art war, soweit er selbst es erkennen konnte.
    Die Kutsche schlingerte, als sie die Straßenkurve nahm, und ließ das Dorf Banbury hinter sich. Charles bedauerte seine Entscheidung, diesen gottverlassenen Ort aufzusuchen. Und noch mehr bedauerte er es, dass die Entscheidung notwendig war. Doch etwas musste getan werden. Sein letzter Gedankenaustausch mit Douglas hatte das mehr als genügend deutlich gemacht.
    Der Junge war schon immer eigenwillig gewesen; als hatte er sich eigensinnig, launisch und widerspenstig gezeigt. Charles, der seiner geliebten Frau beraubt war – ihr Tod geschah bei der Geburt des Kindes –, verzweifelte am rebellischen und zerstörerischen Wesen des Jungen. Und daher schickte er ihn fort in ein Internat, da er hoffte, dass eine strenge Institution Douglas die Disziplin anerziehen würde, die er selbst beim Jungen nicht hervorrufen konnte. Die Stoneycroft School brachte dem Burschen zwar ein besseres Benehmen und gute Manieren bei, doch sie machte ihn auch sehr viel verschlagener. Dies – verbunden mit einem Selbstvertrauen, das an unverantwortlichem Wagemut grenzte – formte Douglas zum schrecklichsten Gegner für wirklich jeden, der ihm in die Quere kam. Kurzum, aus einem selbstsüchtigen, unerträglichen Jugendlichen war Douglas schnell zu einem gerissenen, unerbittlichen und gefährlichen jungen Mann geworden.
    »Ich jedenfalls sehe überhaupt nicht, welchen Unterschied ein Blatt Papier macht«, hatte Douglas bei ihrer letzten Konfrontation geklagt, der sehr viele vorausgegangen waren. »Nichts, was sie einem beibringen, ist von irgendeinem Nutzen für die große Suche. Wie dem auch sei – es ist mein Geburtsrecht.« Er starrte seinen Vater wütend an. »Oder willst du mir das verweigern – so wie du mir alles andere verweigert hast?«
    Charles explodierte. »Du undankbarer Kerl! Wie kannst du das nur sagen? Wie kannst du so etwas nach bestem Wissen und Gewissen auch nur zu denken wagen? Ich habe dir nichts verweigert.« Er stand auf und begann, im Wohnzimmer auf und ab zu laufen. »Alles, worum ich bitte, ist, dass du ein wenig mehr Wissen erlangst, dass du dich dem Studium widmest und mir eines zeigst: Dass du durch eigene Anstrengungen etwas erreichen kannst.« Er schaute in das missmutige Gesicht von Douglas und erkannte, dass er nicht zu seinem widerspenstigen Sohn durchdrang. Er versuchte es erneut, indem er einen anderen Kurs einschlug. »Du bist nicht dumm, Douglas. Tatsächlich gehörst du in vielerlei Hinsicht zu den intelligentesten Menschen, die ich kenne. Solltest du auch nur den kleinsten Teil deines angeborenen Verstandes einsetzen und dich um dein Studium kümmern, würdest du wundervolle Dinge vollbringen.« Charles hielt kurz inne, bevor er fortfuhr: »Hör zu! Ich habe dir einen Platz am Christ Church gesichert, und alles ist arrangiert. Drei Jahre sind nichts – du wirst beschäftigt sein, neue Freunde finden und Verbindungen knüpfen, die dir in deinem restlichen Leben von Nutzen sein werden. Wenn du dich bemühst, wird die Zeit so schnell vorbeigehen …« Charles schnipste mit den Fingern. »Eines Tages wirst du dein Examen ablegen, und ich werde dann persönlich die Karte in deine Hände legen.«
    »Warum sollte ich dir glauben?«, murrte Douglas. »Woher weiß ich denn, dass du Wort halten wirst?«
    »Also, Sohn … Das ist nicht fair.«
    »Du solltest es besser wissen. Schließlich bist du derjenige gewesen, der Großvaters Sammlung verkauft und das Geld verspielt hat. War das fair?«
    »Das war falsch. Es war ein trauriger und schrecklicher Fehler, und ich habe dafür mein ganzes Leben lang bezahlt.« Flehentlich streckte er seine Hände aus. »Douglas, bitte, versuch doch zu verstehen. Ich weiß, ich habe es von dir ferngehalten – so viel gestehe ich ein. Doch das Letzte, was ich wollte, war zu sehen, dass du dieselben Fehler machst wie ich, als

Weitere Kostenlose Bücher