Die Seelenquelle
ich in deinem Alter war.«
»Also nur weil du versagt hast, muss ich das wiedergutmachen. Ist es das, was du meinst?«
»Alles, was ich wünsche, ist, dass du vorbereitet bist. Ich möchte, dass du besser bei der großen Suche bist, als ich es gewesen bin.« Er hielt inne. »Und ja, ich habe versagt. Aber du hast es in dir, erfolgreich zu sein. Um das zu erreichen, musst du jedoch gründliche Kenntnisse in Sprachen und Geschichte haben. Und Oxford kann dir das geben.«
»Und wenn ich mich weigere, zu gehen? Was dann?«
»Es ist ja nicht so, als ob ich um etwas Unmögliches bitten würde«, hob Charles hervor. »Es ist am Ende zu deinem eigenen Besten.«
»Seit wann hast du jemals gewusst, was gut für mich ist, Vater?« Eine Frage, die wie ein Schlag ins Gesicht war.
»Douglas, es gibt keinen Grund für dich …«
»Ich sehe es jetzt ganz klar, Vater«, spottete er. » Du bist mit Schande von der Universität verwiesen worden, daher muss ich jetzt dorthin gehen und die Familienehre wiederherstellen. Du hast dich bei der großen Suche bemüht und bist gescheitert, daher willst du jetzt jeden davon abhalten, es auch nur zu versuchen.«
»Diese Diskussion ist zu Ende«, verkündete Charles, der hinter seinem Schreibtisch zusammensank. »Ich habe dir gesagt, was ich erwarte und was du tun musst, um zu erben. Entweder nimmst du dein Studium auf, oder du erleidest die Konsequenzen deiner Entscheidung.«
Douglas erhob sich vom Stuhl, beide Hände waren zu Fäusten geballt. »Du machst mir keine Angst mit deinen Drohungen, alter Mann.« Er drehte sich um und stürmte aus dem Raum; die Tür schlug er so hart zu, dass die Lampen auf dem Kaminsims klapperten.
»Douglas!«, rief Charles seinem Sohn hinterher. »Komm zurück!«
Im Flur wurde eine weitere Tür zugeknallt, und im Haus war es wieder still.
Warum muss es immer so sein , fragte sich Charles und schüttelte traurig seinen Kopf.
Jener Streit hatte sich vor zwei Jahren zugetragen, und er machte Charles immer noch schwer zu schaffen. Douglas hatte damals sein Studium am Christ Church begonnen, doch nach allem, was Charles in Erfahrung bringen konnte, besuchte sein Sohn nur selten die Vorlesungen und wurde niemals in einer der Universitätsbibliotheken gesehen. Was seine Lehrer anbelangte, hätte Douglas genauso gut ein Geist sein können. Als dann die Geldforderungen von den Kaufleuten und Gastwirten der Stadt eintrafen, wusste Charles, was die Stunde geschlagen hatte. Er schickte Bittbriefe, einen nach dem anderen … Schreiben, die nicht erhört wurden; und niemals kam eine Antwort.
Dann kam der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: eine dringende Nachricht vom Kaplan des Colleges, der zufolge man Douglas zusammen mit zwei anderen Studenten inhaftiert hatte, weil er betrunken gewesen war und sich ordnungswidrig verhalten und in der Öffentlichkeit eine Schlägerei begonnen hatte. Reverend Philpott deutete an, dass der junge Missetäter gegen eine Kaution von fünfzig Pfund entlassen werden könnte; ansonsten wäre er gezwungen, die Zeit im Gefängnis zu verbringen, bis der Fall vor Gericht verhandelt würde.
Charles, der völlig verzweifelt war, kam zu einer Entscheidung, noch bevor er die Unterschrift auf dem Brief las. Douglas würde im Gefängnis bleiben und sein Glück beim Richter versuchen müssen. Der junge Mann würde diesmal nicht auf seinen Vater zählen können, um seine wertlose Haut zu retten. Und möglicherweise würde es dem Jungen sogar ein wenig guttun, unter den Folgen seiner Handlungen zu leiden. Doch das Gefängnis war im besten Fall bloß eine behelfsmäßige Lösung und keine richtige – und eine Lösung war genau das, was verzweifelt benötigt wurde. Sollte Charles jemals Ruhe finden, so würde er wagemutig und rücksichtslos sein müssen – mutiger, als er jemals in seinem Leben bisher gewesen war.
Drei Tage und Nächte brütete er angestrengt über Lösungsmöglichkeiten. Einen verzweifelten Plan nach dem anderen dachte er sich aus und verwarf ihn dann wieder – bis er auf eine Idee kam, die ihm eine perfekte Lösung bot. Und so traf Charles an einem klaren Maitag frühmorgens bei Sonnenaufgang die Entscheidung, die sein augenblickliches Problem lösen würde. Unglücklicherweise würde diese aus Verzweiflung geborene Entscheidung jedoch auch die große Suche für kommende Generationen durcheinanderbringen.
Der Wagen holperte auf dem zerfurchten Weg hin und her, während er immer tiefer in die Natur eindrang. Als
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