Die Seelenquelle
dass sie versperrt war: Rohe Bretter waren quer über die Tür genagelt worden.
»Was zum Teufel …«, murmelte Douglas. Er hatte erwartet, den Gelehrten in seinem Studierzimmer bei der Arbeit vorzufinden, so wie Bacon es jede Nacht getan hatte.
Snipe warf einen Blick auf den mit Brettern zugenagelten Eingang und stieß ein scharfes Bellen aus, was sein Versuch eines Lachens war.
»Das ist nicht komisch«, knurrte Douglas. »Wir müssen in die Stadt zurückgehen und versuchen, herauszufinden, was passiert ist.«
Sie trotteten die Straße zurück, und dieses Mal wurden sie an der Kreuzung von einem Büttel angegangen. »Pax vobiscum« , begrüßte Douglas ihn freundlich. Mit der Hand schlug er ein Kreuzzeichen, und der Stadtbedienstete, der die Geste und das Mönchshabit sah, hob seinen Spieß, um sie weitergehen zu lassen. »Benedicimus te, filius meus« , erklärte Douglas in seinem besten klerikalen Tonfall und ging an dem Mann vorbei.
»Salve, frater« , erwiderte der Büttel in hartem Latein.
Douglas nickte und ging weiter. Als die Glocken zur Komplet verklungen waren, entschied er, in der Kirche Saint Martin vorbeizuschauen und nachzufragen, ob er mit einem der leitenden Geistlichen sprechen könnte. Mit einer gemurmelten Warnung an Snipe, sich von seiner besten Seite zu zeigen, schlichen die beiden lautlos in die Kirche, wo sie an der hinteren Seite des Altarraums stehen blieben. Eine Gruppe von Mönchen in weißen Kutten und schwarzen Skapuliers stand vorne unterhalb des Altars und skandierte das letzte Gebet des Tages.
Wenig später hatten sie es beendet und begannen, aus der Kirche zu schlurfen; einige von ihnen gähnten, andere sprachen leise miteinander. Douglas entdeckte jemanden, von dem er glaubte, dass er ihn von einem vorherigen Besuch kannte. Er trat aus dem Schatten und sagte: »Bitte entschuldigt, dass ich Euch störe, Bruder.« Das Latein fühlte sich seltsam auf seiner Zunge an, doch er erinnerte sich daran, seinen Kopf leicht zu beugen, um seine Achtung vor dem Alter des anderen auszudrücken. »Bruder Thomas, nicht wahr? Ich habe gehofft, ich könnte mit Euch kurz sprechen.«
Der Mönch schickte seine Brüder weiter voraus, hielt an und drehte sich zu Douglas. »Kenne ich Euch, Bruder?«
»Ich bin Bruder Douglas«, antwortete er lächelnd, »ein Besucher aus Tyndyrn.«
»Ah, ja … Ich erinnere mich an Euch. Wie kann ich Euch zu Diensten sein, Bruder?«
»Verzeiht mir meine raue Aussprache«, entschuldigte sich Douglas. Der andere zeigte ihm mit einem Nicken an, dass er ihm dies nachsah. »Wie Ihr Euch vielleicht erinnert, habe ich von Bruder Bacon eine gelehrte Beratung erhalten – zu Fragen der Sprache und der Interpretation.«
»Ja?«
»Ich bin gerade in der Stadt angekommen und hoffte, ihn bei der Arbeit in seinem Studierzimmer auf der Brücke zu finden, aber …«
Bruder Thomas vollendete den Gedankengang. »Ihr habt entdeckt, dass Magister Bacons Turm versperrt und mit Brettern zugenagelt ist.«
»Fürwahr, Bruder. Ich habe gehofft, Ihr könntet mir den Grund dafür sagen.«
Der ältere Mönch schürzte die Lippen, während er darüber nachdachte, wie er am besten seine Antworten formulieren sollte. »Bruder Bacon ist unter Arrest gestellt und in seinem Wohnbereich eingesperrt worden.«
Douglas hob überrascht seine Augenbrauen. »Könnt Ihr mir den Grund für seinen Arrest mitteilen?«
»Bitte gesteht mir einen Augenblick des Nachdenkens zu«, erwiderte Thomas. Der Mönch legte die Fingerspitzen aneinander und drückte sie gedankenversunken gegen seine Lippen. »Ich kann Euch sagen, dass unser Bruder wegen des Versuchs angeklagt worden ist, die Studenten, die seiner Obhut unterliegen, zum Schlechten zu verleiten. Er ist eingesperrt bis zum Ausgang einer Untersuchung seiner Lehren.«
»Das ist allerdings eine sehr ernste Anklage«, erklärte Douglas verständig. Aufgrund seiner Recherchen wusste er, dass Magister Bacon einst unter Hausarrest gestellt worden war aufgrund von fadenscheinigen Häresie-Anklagen – die, wie man glaubte, von Rivalen vorgebracht wurden, die eifersüchtig darauf waren, dass er in der Gunst von Papst Clemens IV. stand. Douglas war jedoch nicht in der Lage gewesen, herauszufinden, wann dieser Hausarrest begann; nun jedoch wusste er es. »Sind ihm Besucher erlaubt?«
Der ältere Mönch schüttelte langsam den Kopf und zeigte ein dünnes Lächeln. »Leider nicht. Es ist eine Bedingung seines Arrestes, dass Bruder Bacon – bevor die Anklagen
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