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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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hierherkam, hatte er sie wohl nicht erkennen können. Er entschied sich für den größeren Weg und ging weiter. Nach ein paar Schritten erhielt er eine Bestätigung für seine Entscheidung, als er das Geräusch von tropfendem Wasser vernahm, das in einen Teich fiel – ein festes, beinahe metallisches Klimpern, das durch den steinernen Korridor widerhallte und von irgendwo direkt vor ihm kam.
    Kit setzte seinen langsamen Marsch durch den Gang fort. Das klirrende Geräusch schien sich allerdings mit ihm zu bewegen und blieb stets ein kleines Stück vor ihm. Manchmal klang es näher und zu anderer Zeit weiter weg. Doch merkwürdigerweise schien das Geräusch immer nur eine kurze Strecke vor ihm zu sein. Gegen alle Vernunft beschleunigte er sein Tempo, als ob er das Geräusch irgendwie überholen könnte. Er spürte einen Lufthauch an seinem Gesicht – die kleinstmögliche Berührung durch strömende Luft. Nicht mehr als ein Säuseln an seiner Wange. Doch es ließ ihn abermals innehalten. Die winzige Brise verschwand. Muss ich mir wohl nur vorgestellt haben , dachte Kit und ging weiter. Er war gerade vier oder fünf Schritte gegangen, als er es erneut spürte: eine federleichte Berührung von etwas Warmem auf seiner Haut.
    Er drang weiter vorwärts. Die Lampe, die nur eine einzige, kleine Flamme hatte, spendete wenig Licht; doch als Kit sich dem metallisch klirrenden Geräusch näherte, hatte er den Eindruck, direkt hinter dem Lichtstrahl, den seine kümmerliche Lampe ausstrahlte, eine Bewegung in der Dunkelheit zu sehen – etwas, das sich unten in der Nähe des Bodens wand. Es war da: nur ein flimmernder Schatten in der Finsternis. Und dann war es wieder fort. Gleichwohl setzte sich das metallisch klirrende Geräusch weiter fort, ein wenig lauter als zuvor.
    Nun strömte Luft über ihn hinweg und um ihn herum – frisch und sauber, nicht das abgestandene, regungslose Zeug, das die Höhle füllte. Nun fühlte Kit den ersten Anflug von Sorge: Hatte er irgendwo eine falsche Biegung genommen? Kit blieb stehen, die Unschlüssigkeit ließ ihn erstarren. Sollte er zurückkehren und herauszufinden versuchen, wo er verkehrt gegangen war, oder weitermarschieren? Er spürte die Luft an seinem Gesicht und entschied, nach vorne zu gehen. Auch wenn es vielleicht sonst nichts brächte, überlegte er, so würde ihn doch die frische Luft zu guter Letzt aus der Höhle herausführen. Er taumelte vorwärts. Das klirrende Geräusch hörte er erneut und erahnte eine blitzschnelle Bewegung direkt vor ihm. Er blickte auf und sah einen dunklen, sich bewegenden Schatten, der sich vor der noch schwärzeren Dunkelheit abzeichnete. Im selben Moment verhakte sich sein Fuß an etwas Lockerem auf dem Boden. Er stolperte heftig, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Die Muschelschale fiel ihm aus der Hand und polterte über den felsigen Untergrund. Die schwache Flamme der Schädellampe erlosch.
    Absolute Finsternis – eine intensive, vollständige und undurchdringliche Dunkelheit – senkte sich auf Kit herab. Es fühlte sich an, als ob das Gewicht der Erde über ihm zusammengebrochen wäre. Die Dunkelheit war so bedrückend, dass er einen Augenblick lang die Empfindung hatte, ihm würde die Luft abgeschnürt.
    Entspann dich! , sagte er zu sich selbst. Atme tief ein. Dein Licht ist ausgegangen; das ist alles. Es ist nur Dunkelheit – du wirst nicht ersticken.
    Mit diesen und anderen Gedanken beruhigte er sich selbst, während er auf der Seite lag und zu erkennen versuchte, ob er verletzt oder bloß entnervt war. Abgesehen davon, dass er nichts mehr sehen konnte, schien er unversehrt zu sein. Seine beste, wenn nicht gar seine einzige Möglichkeit war, einfach der frischen Luft weiterhin zu folgen, bis er aus der Höhle herauskam. Dann würde er am Eingang auf Dardok und die anderen warten, bis sie schließlich herauskämen und ihn entdeckten. Er stemmte sich auf alle viere, bevor er sich unsicher erhob. In einiger Entfernung vernahm er das klimpernde Geräusch, das von den Felsen widerhallte. Als er den Kopf in Richtung des Klangs drehte, erspähte er geradeaus das matte Leuchten eines fahlen Lichts – ein gespenstischer Schein, der so schwach war, dass er sich ihn auch einbilden könnte. Kit schloss seine Augen und zählte bis zehn, dann öffnete er sie wieder. Das Licht blieb. Er schaute weg. Schaute zurück. Das blasse Schimmern blieb bestehen – zusammen mit diesem klirrenden Klimpern, das einen in den Wahnsinn trieb.
    Mit einer Hand an der

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