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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Dardok in einer finsteren Höhlennische herumgewühlt und aus einer Felsspalte drei kleine Murmeltierschädel herausgezogen. Jeder von ihnen war zerbrochen; lediglich die wie flache Schüsseln geformten Schädeldecken waren an einem Stück geblieben. Sie erwiesen sich rasch als primitive Lampen, die der Clan dort bei seinem letzten Besuch der Höhle zurückgelassen hatte. Dardok machte sich sogleich daran, die Lampen zu entzünden, indem er die glühende Kohle aus dem Holzgefäß benutzte, das aus der Schneeverwehung gerettet worden war, in die Kit es hatte fallen lassen. Mit den geflochtenen Haaren als Dochten und dem Tierfett als Brennstoff verströmten die Schädellampen ein unangenehmes öliges Licht und zudem einen üblen Geruch, doch in der absoluten Finsternis der tiefen unterirdischen Gänge funktionierten sie überraschend effektiv.
    Nachdem die Lampen verteilt waren, drangen die Clanmitglieder tiefer in die Höhle ein. Aufgrund der nah beieinander stehenden Wände und der beengten Räume waren sie gezwungen, im Gänsemarsch zu gehen; und bald schon wurden die Abstände zwischen ihnen größer. Kit verlor die ersten beiden Lampen aus den Augen und wollte unbedingt die letzte in Sicht behalten, während der Trupp dem Gang folgte, der immer tiefer in die Erde führte. Gelegentlich gab es ebene Strecken, wo der Tunnel breiter wurde; dann wiederum blieb Kit nichts anderes übrig, als sich durch Spalten zu schlängeln. Die Felsen waren feucht, einige von ihnen sogar ziemlich nass – dort tropfte Wasser aus einem langen Riss oder sickerte von irgendwo über ihnen durch das Gestein. Wo es ein ständiges Rieseln und Tröpfeln von Wasser gab, hingen Stalaktiten von der Höhlendecke, denen ausgewichen werden musste, ebenso wie den Stalagmiten, die aus dem Boden hervorwuchsen wie gigantische Zähne in einem steinernen Kiefer.
    Kit folgte der Gruppe und versuchte dabei, nicht in das stehende Wasser zu treten, das sich auf dem Boden ansammelte. Einmal glitt er über einen Felsbrocken und fand sich plötzlich am Eingang zu einer Galerie wieder; sowohl die Decke als auch die Wände erstreckten sich außerhalb der Reichweite des primitiven Lampenlichts. Weiter vor sich sah er, wie sich Dardoks Lampe in einer Wasserlache auf dem Höhlenboden spiegelte. Das Licht bewegte sich nicht mehr; und Kit vermutete, dass Großer Jäger auf die Gruppe wartete, damit man sich erneut versammelte, bevor es weiterging. Und tatsächlich machte sich Dardok erst dann wieder auf, als sich alle bei ihm eingefunden hatten. Sie gelangten an das Ende der Galerie und betraten einen Tunnel, der sich nach ein paar Hundert Schritten teilte. Sie nahmen die Abzweigung zur Rechten. Die Gruppe bewegte sich nun durch einen Gang, dessen Decke man zwar nicht sehen konnte, der aber nichtsdestotrotz so eng war, dass Kit mit ausgestreckten Armen die Wände zu beiden Seiten berühren konnte. Schließlich blieben sie stehen.
    Dardok hielt seine Schädellampe nahe an die Wand, und Kit sah in dem trüben Schein, den das ölige Licht warf, den unverwechselbaren massigen Körper eines großen Auerochsen mit langen Hörnern, der auf die Felswand gemalt worden war. Das Tier war in Ocker, Rot und Braun wiedergegeben, zudem hatte es schwarze Ohren und Augen. Sein Maul war geöffnet, und seine Vorderbeine waren gekrümmt, als würde es laufen. Während Kit das Werk betrachtete, bewegte Großer Jäger seine kleine Lampe unterhalb des Bildes hin und her: Zu Kits Verwunderung schien die sorgfältig gezeichnete Kreatur direkt vor seinen Augen zu atmen und zu leben anzufangen. Das flackernde Licht, das über die unebene steinerne Oberfläche fuhr, erzeugte die Illusion von Bewegung.
    Der Trick mit dem Licht war köstlich, und Kit kicherte laut, woraufhin seine Gefährten ihm merkwürdige Blicke zuwarfen. Dardok gab ein barsches Schnauben von sich und hielt die Schädellampe an einer anderen Stelle, wo ein Elch mit einem riesigen, breiten Geweih zum Vorschein kam. Der Jäger mit der zweiten Lampe ging zur anderen Wand hinüber und hielt sein Licht hoch. Kit sah eine geschlossene Front von erdfarbenen Pferden: sechs dicke Tiere mit kurzen Mähnen und stark gebauten Hälsen. Sie waren alle im Profil, wobei jeder Kopf eine etwas andere Haltung einnahm; und sie alle rannten zusammen, ihre Vorderbeine bewegten sich im Gleichklang.
    Es gab noch mehr – entlang der sanft gewölbten Höhlenwand erstreckten sich Abbildungen von einer großen Menge unterschiedlicher Tiere: ein brauner

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