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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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verloren, nur wenige bernsteinfarbene blieben noch an den verdrehten geisterhaften Asten hängen. Rhia mochte ihre karge, quälende Schönheit lieber als die liebliche Zurückhaltung der Pinien, die sie umgaben. Die Eichen hatten bereits all ihr goldenes Blattwerk abgeworfen, was Rhia erleichterte. Noch ein Jahr war vergangen, ohne dass Dorius brutal sein Ende gefunden hatte.
    Als Rhia sich dem Flussufer näherte, durchbrach der Klang von Gelächter ihre Gedanken. Bestürzt erblickte sie zwei Dorffrauen. Die große, dünne Mali, die Wespe, war neunzehn, mehr als ein Jahr älter als Rhia. Sie ließ sich als eine der wenigen Kriegerinnen von Asermos ausbilden. Torynna, die blonde, fällige Spatzenfrau, deren Gesang das Blut und die Gedanken der Ermatteten beleben konnte, war mit ihren sechzehn Jahren gerade von ihrer Weihung zurückgekehrt. Gerüchte besagten, dass Torynna gegen jeden guten Ratschlag versuchte, schwanger zu werden, damit sie in die zweite Phase vordringen konnte. Dann würde ihr Gesang jeden, der ihn hörte, verwirren, seinen Willen für kurze Zeit lähmen oder ihr sogar kompletten Gehorsam verschaffen.
    Die zwei Frauen zogen einen Wagen zwischen sich und teilten sich eine rote Frucht. Sie winkten ihr halbherzig zu, und dann sagte Mali etwas zu Torynna, das Rhia nicht hören konnte. Sie platzten mit hinterhältigem Gelächter heraus, bei dem Rhia die Haare zu Berge standen. Ihre Hand erstarrte mitten im Gruß und fiel auf den Zug des Wagens zurück.
    „Guten Morgen, Krähenfrau”, sagte Mali, und es klang gehässig, „ein schöner Tag heute, meint Ihr nicht?”
    „Etwas kalt.” Rhia trug Kleidung, Waschbrett und ihr Seifenstück zu ihrem liebsten Waschplatz, wo ein langer flacher Stein bis in den Fluss ragte. An diesem Ort gab es weniger Schlamm, und der Abstand zu den anderen Frauen war größer.
    „Das ist wahr”, erwiderte Mali, „vielleicht ist es der letzte Waschtag, ehe der Fluss zufriert. Aber hübsch sieht es aus, nicht?”
    Rhia spürte, dass Mali nur höflich zu ihr war, weil sie trauerte. Normalerweise dachte sich die Wespe jedes Mal schärfere Kommentare zu Rhias Mangel an Haltung und Koordination aus.
    Sie nickte Mali zu und tauchte das erste Kleidungsstück, eines der grauen Arbeitshemden ihres Vaters, in das kalte Wasser.
    „Rhia, mir gefallen deine kurzen Haare”, sagte Torynna. „Mir nicht”, antwortete sie auf das unehrliche Kompliment. „Was meint Areas dazu?”
    „Das musst du ihn selbst fragen.”
    „Mache ich.”
    Das Waschbrett schlüpfte Rhia fast aus den Händen. Sie kannte den Ruf des Spatzenmädchens und wollte es nicht einmal in der Nähe von Areas wissen. Mit einem strahlenden Lächeln wandte Torynna sich um.
    Die anderen beiden Frauen luden ihre Wäsche ab und setzten sich an den Rand des Ufers, die Röcke hochgezogen, damit sie trocken blieben. Torynna begann, eine Melodie zu summen, die Rhia nicht kannte. Selbst für ihre Ohren klang sie verführerisch.
    „Rate, was ich über die Kalindonier gehört habe!”, forderte Mali ihre Begleitung auf. „Ich habe gehört, sie leben auf Bäumen.”
    Torynna hörte auf zu summen. „Auf Bäumen? Wie Eichhörnchen?”
    „Sie haben Häuser, du Dummchen, in den Ästen, und einige von ihnen kommen jahrelang nicht herunter. Mein Bruder und seine Freunde nennen sie Termiten’.”
    „Wenn sie in den Bäumen leben, wo pinkeln sie dann?” „Vom Rand natürlich.”
    Das schrille Kichern der Frauen fühlte sich wie Nadelstiche in Rhias Wirbelsäule an.
    Torynna erzählte Mali: „Ich habe gehört, sie essen nur Frühstück, damit sie nachts schneller betrunken werden können.”
    „Das kann ich glauben”, sagte Mali. „Aber was ich wissen will, ist, wie sie sich mit zwanzig Zentimeter langen Fingernägeln heben können?”
    Das Seifenstück rutschte Rhia aus der Hand und landete im Fluss. Sie griff danach und durchnässte dabei ihren Ärmel. Mali und Torynna platzten vor Lachen. Nach einigen verzweifelten Griffen fand Rhia die Seife zwischen den Kieseln im Flussbett wieder. Als sie sie herauszog, war ihr Arm mit kaltem grünen Schleim bedeckt.
    „Einige von uns könnten anscheinend längere Fingernägel gebrauchen”, bemerkte Torynna, „dann wären sie nicht so ungeschickt.”
    Rhia drehte sich zu ihnen um und richtete den Blick auf einen Punkt weit hinter Torynnas Gesicht.
    Das Lächeln des Spatzenmädchens verging. Sie sah über die Schulter. „Was guckst du so?”
    Rhia sagte nichts. Nach einigen Augenblicken

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