Die Seemannsbraut
möglich auf mein Flaggschiff zurück«, fuhr er fort. Und mit einem Blick auf das an den Fenstern herunterrinnende Spritzwasser: »Mir gefällt dies Wetter überhaupt nicht.«
Bolitho erkundigte sich: »Immer noch keine Spur von der
Mouette,
Thomas? Ich habe die
Phaedra
hinterhergeschickt, sie zu suchen.«
Herrick schüttelte den Kopf und beugte sich im Sessel vor.
»Kapitän Sinclair weiß selbst, worum es geht. Er wird das feindliche Geschwader finden.«
Bolitho entgegnete: »Ich brauche jedes Fahrzeug, das für uns aufklären kann. Das ist keine Kritik.«
Herrick lehnte sich wieder zurück. »Ich glaube, wir sollten in Richtung Toulon segeln. Dann werden wir sehen, was los ist, auf die eine oder andere Art.«
Bolitho legte seine Hände auf den Tisch. Durch das Holz fühlte er, wie das ganze Schiff zitterte und das Ruderblatt gegen den Schaft ruckte. »Sollte der Feind wieder ins Mittelmeer kommen, Thomas, könnten wir ebenso leicht die Verbindung zu ihm verlieren wie Nelson, als er ihm nach Westen davonlief.« Entschlossen sagte er: »Ich habe die Absicht, nach Gibraltar zu gehen. Wenn wir dort keine Informationen vorfinden, laufen wir durch die Straße und schließen uns der Flotte im Atlantik an. Ich sehe keinen anderen Ausweg.«
Herrick beäugte ihn eigensinnig. »Oder wir bleiben hier und warten. Niemand kann uns daraus einen Vorwurf machen. Man wird uns aber sicherlich verurteilen, wenn wir Toulon ignorieren und den Gegner verfehlen.«
»Ich würde mir nur selber Vorwürfe machen, Thomas. Mein Kopf sagt mir das eine, mein Gefühl befiehlt mir das Gegenteil.« Herrick neigte sein Ohr und lauschte auf die Pumpen. »Steht es so schlecht?«
»Das Schiff hält noch mehr aus.«
»Ich habe
Absolute
in den Hafen geschickt, weil sie zu verrottet war.«
Bolitho erwiderte: »Ich könnte sie jetzt gebrauchen, verrottet oder nicht.«
Herrick stand auf und ging zu den Heckfenstern. »Ich sollte aufbrechen. Das ist nicht unhöflich gemeint, aber mein Boot wird hart zu kämpfen haben, so wie es draußen aussieht.«
Bolitho schaute ihm voll ins Gesicht. »Hör zu, Thomas. Es ist mir egal, was du über mein Privatleben denkst; denn das ist nicht ausschlaggebend. Aber ich brauche deine volle Unterstützung, weil wir bald kämpfen werden.« Er stützte den Kopf in die Hände. »Ich spüre es.«
Herrick zögerte, als wittere er eine Falle. »Als Zweiter Befehlshaber bin ich jederzeit bereit, wenn man uns zum Kampf ruft. Aber ich glaube noch immer, daß du dich irrst.«
Bolitho sagte verzweifelt: »Du hörst nicht zu, Mann! Ich befehle nicht, ich spreche von Unterstützung.« Er bemerkte Herricks Erstaunen und rief aus: »Um Gottes willen, Thomas, muß ich erst bitten? Ich werde langsam blind, hat sich das noch nicht zu dir herumgesprochen?«
Herrick schnappte nach Luft. »Ich hatte keine Ahnung …«
Bolitho sah fort. »Ich muß dich auch bitten, es für dich zu behalten.« Er fuhr herum, seine Stimme war rauh. »Aber wenn ich falle, mußt
du
diese Männer führen, mußt
du
sie dazu kriegen, notfalls ein Wunder zu vollbringen. Hörst du jetzt zu?«
Es klopfte. Bolitho rief: »Ja?«
Keen trat ein und schaute ins Leere. »Signal von der
Phaedra,
Sir, übermittelt durch
Tybalt.«
Herrick fragte schnell: »Was ist mit
La Mouettel«
Keen sah nur Bolitho an und erwiderte kurz: »Sie ist versenkt!« Ihre Blicke trafen sich. »Neuigkeiten über den Feind, Val?«
»Ein spanisches Geschwader ist unterwegs – westwärts, Sir Richard.«
Herrick fragte: »Wie stark?«
Noch immer vermied es Keen, ihn anzusehen.
»Phaedra
hat noch keine Einzelheiten gemeldet. Sie wurde verfolgt, beschossen und beschädigt.« Er trat einen Schritt vor und ließ die Arme sinken.
»Aber soviel wir wissen, sind es Linienschiffe.«
Bolitho fuhr sich durchs Haar. »Wie viele Schiffe hat Nelson?« Keen sah ihn an und wußte, worauf er hinauswollte.
»Es war von zwei Dutzend Linienschiffen die Rede, Sir Richard.
Die Franzosen und ihre spanischen Verbündeten, sagt man, hätten mehr als dreißig. Darunter befinden sich einige der größten und erstklassigsten, die zur Zeit schwimmen.«
Bolitho lauschte dem Ächzen des Windes. Teile und herrsche.
Wie gut Villeneuve alles vorbereitet hatte. Dieser gewaltigen Kampfkraft, die
Phaedra
rein zufällig entdeckt hatte, dieser zahlenmäßigen Übermacht war Nelson unterlegen.
Er stellte fest: »Wenn sie durch die Straße entkommen, kriegen wir sie niemals rechtzeitig zu fassen.« Und mit Blick auf
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