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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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abwehren wollen, als die Drehbassen das Deck mit ihren mörderischen Schrapnells bestrichen.
    Ein Klüver blähte sich im Wind, das große Schiff begann anzuluven. Seinem Tiefgang nach zu urteilen, mußte es seine kostbare Ladung schon übernommen haben. Wie würde der Kommandant des Forts sich verhalten? Würde er auf sie schießen, oder ließ er sie lieber davonsegeln, als sie zu versenken?
    Das zweite Schatzschiff schien ihnen entgegenzugleiten. Wie blitzende Nadelstiche kam Gewehrfeuer aus seinen Masten, aber bei dieser Entfernung wäre es ein Wunder gewesen, wenn die Toppgasten oder gar die an Deck Stehenden getroffen worden wären.
    Bolitho drängte: »Reicht mir ein Glas!« Hazlewood fummelte damit herum, seine Hand zitterte noch vor Schreck. Er war um Haaresbreite dem Tod entronnen, als ihn Alldays Entermesser vor dem Schlimmsten bewahrt hatte.
    Bolitho schwenkte das Glas auf das andere Schiff, das nun zwischen ihnen und dem Fort lag. War es erst aus dem Weg, würde jedes Geschütz der Batterie auf sie gerichtet sein. Wenn ich Kommandant des Forts wäre, würde ich trotzdem schießen, dachte Bolitho. Ein Schiff zu verlieren, war schon schlimm genug, aber einen solchen Schatz ohne weiteres entwischen zu lassen, dürfte wenig Gnade vor dem Oberbefehlshaber in Caracas finden.
    Man hörte einen rauhen Jubelschrei, und Parris rief: »Bei Gott, da kommt Imrie!«
    Die
Thor
hatte jedes bißchen Leinwand gesetzt, so daß ihre Segel im frühen Morgenlicht wie eine große, rotgoldene Pyramide leuchteten. Alle ihre kurznasigen Karronaden waren zu beiden Seiten des schwarz- und ockergestreiften Rumpfes wie ein Gebiß ausgefahren. Ihr Anstrich glänzte, als sie Ruder legte und auf die beiden Schatzschiffe zudrehte. Im Vergleich zur langsamen
Ciudad de Sevilla
bewegte sich die
Thor
leichtfüßig wie eine Fregatte.
    Der Handstreich mußte jedermann in den Forts und an der Küste völlig überrascht haben. Zuerst war ein schwedischer Schoner aufgetaucht, dem ein Kriegsschiff folgte, und das innerhalb ihres eigenen schwerbestückten Territoriums. Bolitho dachte flüchtig an Kapitän Price. Dies wäre seine Stunde gewesen.
    »Signal an
Thor: Das
andere Schatzschiff versenken!«
    Obwohl es ursprünglich eine Bootsattacke werden sollte, hatten sie auch diese Möglichkeit in Betracht gezogen. Bolitho schaute auf das blutverschmierte Deck nieder, auf die offenen Mundes daliegenden Toten und die stöhnenden Verwundeten. Wie es aussah, hätten sie ohne den Schoner wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt.
    Er griff wieder zum Fernglas. An Bord des anderen Schiffes strömten die Spanier zusammen, Bajonette und Spieße funkelten im Sonnenlicht. Sie erwarteten eine Entermannschaft der
Thor,
und diesmal wollten sie vorbereitet sein. Als sie Imries wahre Absicht erkannten, war es zu spät. Eine Trompete schmetterte, Pfeifen schrillten, sie rannten in Panik hierhin und dorthin und prallten schließlich wie konfuser Seegang aufeinander.
    Fast graziös umrundete der gedrungene Rumpf der
Thor
das andere Schiff, bis sein ungeschütztes hohes Heck ihm zugekehrt war. Dann feuerten die Karronaden eine langsame Breitseite ab.
    Schuß für Schuß löste sich mit dem ohrenbetäubenden, für Karronaden so typischen kurzen Donnerschlag. Vom hohen Kastell des Gegners rieselte es golden, die schimmernden Schnitzereien klatschten in die See oder wurden hoch in die Luft gewirbelt. Als der Wind den Rauch forttrieb, klaffte anstelle des Heckaufbaus eine schwarze Höhle in der Bordwand. Die schweren Kartätschen hatten den Rumpf der Länge nach wie eine eiserne Woge durchschlagen und alles unter Deck hinweggefegt.
    Thor
drehte abermals. Als die Spanier versuchten, das Ankertau ihres zerschlagenen Schiffes zu kappen, kreuzte sie wieder auf und feuerte mit der anderen Batterie eine Breitseite ab. Der Spanier verschwand im Rauch. Sein Besan und Großmast waren mit wirrem Durcheinander längst über Bord gefallen, und die Taue lagen an Deck und im Wasser wie Lianen verstreut.
    Bolitho, der das Schauspiel direkt vor Augen hatte, mußte schlucken und räusperte sich.
    »Setzt die Breitfock, Mr. Parris.«
    Er packte die Schulter des Fähnrichs, der wie angeschossen hochsprang. »Signal an
Thor:
Her zu mir!« Als er den Griff lockerte, fügte er hinzu: »Du hast dich gut gehalten.« Dann sah er die Männer am Ruder, ihre rauchverschmierten Gesichter und bloßen Füße, ihre blutigen Entermesser. »Ihr habt es alle gut gemacht!«
    Das große Vorsegel füllte sich, das

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