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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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vollgelaufen und weggesackt. Nun lag Dalmain bei seinen geliebten Mörsern.
    Vier Mann waren beim Angriff gefallen, drei weitere schwerverwundet worden. Einer der letzteren war Seemann Laker, der einen Arm und ein Auge verloren hatte, als eine Muskete ihn auf Nahschußdistanz beschoß. Bolitho hatte gesehen, wie Parris über ihm kniete, als der Mann krächzte: »Besser als ausgepeitscht, nicht wahr, Sir?« Dann hatte er nach der Hand des Leutnants getastet. »Konnte ein kariertes Fell noch nie leiden, schon gar nicht seinetwegen.«
    Wahrscheinlich meinte er Haven. Wenn sie die
Hyperion
bald trafen, würde deren Chirurg ihn vielleicht retten können.
    Bolitho dachte an die Fracht unter seinen Füßen: Kisten und Kästen voll Gold und Silber, juwelenbesetzten Kruzifixen und Schmuckstücken. Im Licht von Alldays Laterne glitzerten die Schätze fast ordinär. Sie hatten Glück gehabt, dachte er müde. Dem spanischen Kapitän war eine Information entschlüpft: An eben jenem Morgen sollte sich eine Kompanie Soldaten auf der
Ciudad
einschiffen, um den Schatz zu begleiten, bis er in spanischen Gewässern entladen wurde. Eine Kompanie regulärer, disziplinierter Soldaten aber hätte ihren Handstreich zum Gespött gemacht.
    Er dachte an den kleinen Schoner
Spica
und seinen Kapitän, der versucht hatte, Alarm auszulösen. Sein Schiff war heil, aber die Spanier würden kaum andere Schiffe abstellen, um ihn in sichere Gewässer zu geleiten. Vielleicht sahen sie in ihm sogar den Schuldigen. Eines war sicher: Er würde nie wieder mit dem Feind Handel treiben, ob neutral oder nicht.
    Bolitho gähnte herzhaft und massierte seine Stirnnarbe. Samuel Lintott, der imponierende Bootsmann der
Hyperion,
würde einige Flüche loslassen, wenn er den Verlust der Jolle und der beiden Kutter entdeckte. Vielleicht konnte ihn das hohe Prisengeld trösten, das allen winkte. Der Admiral bemühte sich, nicht einzunicken. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt ungestört geschlafen hatte.
    Das Schiff und seine reiche Ladung würden in der City von London Freude auslösen, und natürlich bei seiner Britannischen Majestät, dem König, der sich nicht einmal an seinen Namen erinnert hatte, als er ihn mit dem Schwert zum Ritter schlug. Doch vielleicht bedeutete der Schatz für diejenigen, die so viel besaßen, gar nichts Besonderes.
    Man konnte einen Krieg auch anders führen, als mit Kanonen Blut zu vergießen. Aber weder das eine noch das andere schien ihm richtig zu sein; er fühlte sich unbehaglich. Nur der Stolz ließ ihn durchhalten und der Gedanke an seine Männer. An solche, die ihre Leute retteten und selbst untergingen wie Dalmain. Oder an jene wie Seemann Laker, der Schulter an Schulter mit seinen Freunden gefochten hatte, weil sie mehr für ihn bedeuteten als irgendeine Flagge oder Beute.
    England kam ihm in den Sinn, und er fragte sich, wie Belinda wohl ihre Zeit in London verbrachte. Er sah ihr Bild wie durch ein salzbeflecktes Teleskop, farblos und verschwommen, und fühlte sich vage schuldig. Dann schweiften seine Gedanken zu Viscount Somervell, obwohl das nur ein Umweg war, der ihn wieder zu Catherine führte. Würden sie nun Westindien verlassen, nachdem der Schatz oder doch ein großer Teil davon erbeutet war?
    Seine Stirn berührte den Unterarm, und er fuhr jäh hoch, weil er am Tisch eingenickt war. Gleichzeitig hörte er die Stimme des Ausgucks im Masttopp. Als Parris antwortete und der Ausguck abermals brüllte, war er schon auf den Füßen und blickte durchs Oberlicht.
    »Achtung, Deck! Zwei Segel in Nordwest!«
    Bolitho durchschritt ihm fremde Türen und passierte eine Reihe verlassener Kabinen. Die Reste der spanischen Schiffsbesatzung waren im Laderaum eingeschlossen, wo sie weder das Schiff zurückerobern noch den Rumpf beschädigen konnten, ohne ihr eigenes Leben zu gefährden. Alle Leute der
Hyperion
befanden sich an Deck oder hoch oben in der Takelage. Neben einem Bücherbord hing das Porträt eines spanischen Edelmannes, den er für den Vater des Kapitäns hielt. Vielleicht war es auch bei ihm so wie in dem alten grauen Haus in Falmouth, auch er hatte Gemälde, die eine Familiengeschichte erzählten.
    An der Backbordseite des Achterdecks standen Parris, Jenour und Skilton, der Meistergehilfe, jeder mit einem Fernglas. Parris sah ihn und grüßte. »Noch nichts Neues, Sir Richard.«
    Der Horizont bildete eine scharfe Linie, er glich der Krone eines Deiches, hinter der man nichts sehen konnte. Bis es dunkel war,

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