Die Seemannsbraut
merkst du’s nicht?«
Bolitho senkte seine Wange auf ihr Haar. Es war nicht das Band, das er ihr in London gekauft hatte. Dieses hier glänzte blau. Ihre Hand streichelte seinen Nacken und berührte dann sein Gesicht. Ihre Augen waren voll Mitgefühl. Sie flüsterte: »Ich habe es nicht gewußt, Richard. Erst bevor der Geleitzug auslief, hörte ich – einiges davon, wie du – wie du …« Nun hielt sie sein Gesicht zwischen ihren Händen. »Oh, liebster Mann, ich mußte es doch wissen.«
Bolitho zog sie an sich. Es konnte nur Allday gewesen sein, er allein würde zwischen ihnen vermitteln.
»Wie schlimm ist es?« hörte er sie flüstern.
»Ich habe mich daran gewöhnt«, entgegnete er. »Nur manchmal läßt mich das Auge im Stich, so als du vorhin im Schatten standest.« Er lächelte. »Ich habe dich noch nie überlisten können.«
Sie lehnte sich in seinen Armen zurück und musterte ihn. »Auch als du beim Empfang fast über die Stufen gestolpert wärst. Schon damals hätte ich es merken müssen.«
Ihr Gesicht gab ihre Gefühle preis. Sie war groß und schlank, und er wurde sich ihrer körperlichen Nähe sehr bewußt. Deshalb sagte er schnell: »Ich gehe, wenn du es wünschst.«
Aber sie schob wortlos eine Hand unter seinen Arm. Wie ein Liebespaar durch einen stillen Park schritten sie durch den Raum. Sie überlegte: »Es muß doch Leute geben, die uns helfen können.«
Er drückte ihre Hand fester an seine Rippen. »Mach dir nichts vor.«
Sie wandte sich ihm zu. »Versuchen wir’s! Es gibt doch immer eine Hoffnung.«
Bolitho erwiderte: »Zu wissen, daß dir soviel an mir liegt, bedeutet mir schon alles.« Sie unterbrach ihn nicht, sondern blieb still stehen, ihre Hände in den seinen. Ihre verschmolzenen Schatten schienen über die Wände zu tanzen.
»Jetzt, da wir endlich wieder zusammen sind, will ich dich nicht mehr verlieren. Das mag sich verrückt anhören, wie das Gestammel eines närrischen Jungen …« Die Worte flossen ihm von den Lippen, sie merkte, daß ihn lange Unausgesprochenes gequält hatte. »Ich dachte, mein Leben wäre ruiniert, und erkannte, was ich dir angetan hatte.« Da setzte sie zum Sprechen an, aber er ließ sie noch nicht zu Wort kommen. »Doch, es ist wahr. Ich war verliebt in Cheneys Geist, und diese Erkenntnis zerriß mich. Jemand meinte, ich litte an Todessehnsucht.«
Sie nickte. »Ich kann mir denken, wer das war.« Sein forschender Blick vermochte sie nicht zu verwirren. »Aber ist dir auch klar, was du sagst, Richard? Wieviel auf dem Spiel steht?«
Auch er nickte. »Für dich ist es noch schlimmer, Kate. Ich erinnere mich, was du über Nelsons Liaison sagtest.«
Zum erstenmal lächelte sie. »Eine Hure genannt zu werden, ist eine Sache, aber eine zu sein, ist etwas ganz anderes.«
Er drückte ihre Hände noch fester. »Es gibt so vieles …«
Sie entzog sich seinem Griff. »Das kann warten.« Ihre Augen glänzten. »Aber wir können es nicht.«
Leise bat er: »Nenn mich noch einmal wie vorhin.«
»Liebster Mann.« Sie nahm das Band aus ihrem Haar und legte es sich lose um den Nacken. »Was ich auch bin und was ich getan habe, das bist du mir immer gewesen: mein liebster Mann.« Und mit einem fragenden Blick: »Willst du mich?«
Er griff nach ihr, aber sie wich zurück. »Das ist mir Antwort genug.« Sie schritt zur anderen Tür. »Ich brauche nur einen Augenblick – allein.«
Ohne sie kam ihm der Raum fremd und feindlich vor. Er entledigte sich seines Rockes und seines Degens; nach kurzem Besinnen schob er den Riegel vor die Außentür. Er entspannte ihre Pistole und entsann sich dabei ihres Gesichts, bis sie ihn schließlich erkannt hatte. Gewiß hätte sie beim kleinsten Anzeichen einer Gefahr geschossen.
Dann ging er ihr nach. Alle Befürchtungen waren vergessen, als er sie im Kerzenlicht auf dem Bett sitzen sah. Die Knie bis zum Kinn hochgezogen wie ein Kind, lächelte sie ihm zu.
»Also ist der stolze Vizeadmiral verschwunden, und mein Kapitän kommt mich besuchen.«
Bolitho setzte sich neben sie und drückte ihre Schultern sanft auf die Kissen.
Sie trug ein elfenbeinfarbenes Seidenneglige, das am Hals nur mit einem Bändchen zusammengehalten wurde. Sie sah, daß seine Augen ihren Körper abtasteten und sich vielleicht erinnerten, wie er einst gewesen war. Da nahm sie seine Hand und führte sie an ihre Brust, preßte seine Finger, bis sie ihr wehtaten.
Sie flüsterte: »Nimm mich, Richard.« Und als er zögerte, drängte sie: »Ich weiß, was du
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