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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ließ. Einige Wachposten waren in eine Art Ehrenbezeugung verfallen, als sie den Vizeadmiral erkannten, der ohne Vorwarnung an Land gekommen war.
    Allday hatte gemeint: »Ich werde warten, Sir Richard.«
    »Nein. Wenn ich ein Boot brauche, kann ich eins rufen.«
    Allday hatte ihm nachgesehen, wahrscheinlich genauso besorgt wie Jenour.
    »Wer ist da?«
    Bolitho drehte sich um und sah sie auf der breiten Treppe stehen, mit einer Hand am Geländer, die andere in den Falten ihres Gewandes verborgen. Sie trug einen hellen Überwurf und wirkte gegen die dunklen Wandbehänge wie eingerahmt. Sie bewegte sich nicht.
    Endlich erkannte sie ihn. »Du! Ich – ich ahnte nicht …«
    Sie machte noch immer keine Anstalten, sich ihm zu nähern, deshalb stieg Bolitho langsam die Stufen empor, ihr entgegen.
    »Ich habe angenommen, du wärest abgereist. Aber wie ich dann hörte, segelte der Indienfahrer ohne dich.« Er hütete sich, den Namen Somervell zu erwähnen. Einen Fuß auf der nächsten Stufe, verhielt er aus Sorge, sie könnte sich zurückziehen. »Ich ertrage es nicht, dich hier allein zu wissen.« Sie machte eine Bewegung, und er entdeckte eine Pistole in ihrer Hand. »Gib sie mir.«
    Er kam näher und streckte die Hand aus. »Bitte, Kate.« Die Pistole war gespannt und feuerbereit, er entwand sie ihren Fingern. »Jetzt hast du nichts mehr zu befürchten.«
    Sie erschauerte. »Komm ins Wohnzimmer, dort ist es heller.«
    Bolitho folgte ihr und wartete, bis sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Der Raum war anheimelnd, aber sehr unpersönlich. Er wurde zu oft von Besuchern, von Fremden benutzt.
    Bolitho legte die Pistole auf den Tisch. Sie schloß die Fensterläden, vom Licht angezogene Motten tappten gegen das Glas.
    »Setz dich, Richard.« Ohne ihn anzusehen, tastete sie nach ihrem Kopf. »Ich habe geruht und müßte mein Haar ordnen.« Doch dann wandte sie sich ihm zu, mit einem sehnsüchtigen, nachdenklichen Blick, als suche sie Antwort auf eine unausgesprochene Frage.
    »Ich wußte, daß er nicht warten würde«, berichtete sie. »Er nahm seinen Auftrag sehr ernst, er ging ihm über alles. Es war also mein Fehler. Ich wußte, daß ihm die Angelegenheit sehr am Herzen lag, und hätte nicht auf den Schoner gehen sollen.« Sie wiederholte: »Ich wußte, daß er nicht warten würde.«
    »Warum hast du es dann getan?«
    Sie blickte fort und berührte den Knopf der anderen Tür, die im tiefen Schatten lag.
    »Ich hatte Lust dazu«, war ihre einfache Antwort.
    »Es hätte dich das Leben kosten können, und dann …«
    Sie fuhr herum, ihre Augen funkelten. »Was dann?« Verärgert warf sie den Kopf zurück. »Hast du dir die gleiche Frage gestellt, als du hinter der
Ciudad de Sevilla
her warst?« Der Name des Schiffes ging ihr glatt von der Zunge und gemahnte ihn rücksichtslos daran, daß sie mit einem Spanier verheiratet gewesen war. »Du mußt dir doch darüber klar gewesen sein, daß du ein furchtbares Risiko eingingst. Du wußtest es, ich sehe es dir an. Du hast auch gewußt, daß man einen Juniorkapitän damit hätte beauftragen können. So wie du damals ein Schiff gekapert hast, auf dem ich an Bord war – als ich dich zum erstenmal zu Gesicht bekam.«
    Bolitho sprang auf. Mehrere Sekunden standen sie sich schweigend gegenüber, beide gekränkt und deswegen beschämt. Sie sagte abrupt: »Geh nicht fort«, und verschwand durch die Tür, ohne daß Bolitho es sah.
    Was hatte er erwartet? Er war ein Narr und mehr als das. Aber als sie zurückkam, klang ihre Stimme versöhnlicher. »Ich mußte mein Haar aufmachen.« Sie wartete, bis er sie ansah. »Es sitzt immer noch nicht richtig. Gestern und heute bin ich am Ufer spazierengegangen, und die Seeluft ist zu uns eitlen Frauen unnachsichtig.«
    Sie trug noch den langen hellen Umhang und kam wie ein Geist durch den Schatten. »Du hast mir einmal ein Band für mein Haar geschenkt. Siehst du es, oder hast du es vergessen?«
    Sie schüttelte den Kopf, so daß eine Schulter unter der langen, dunklen Haarfülle verschwand.
    Er entgegnete leise: »Vergessen? Niemals! Du hattest Grün so gern, ich mußte es dir einfach schenken.«
    Er brach ab, als sie mit ausgebreiteten Armen auf ihn zulief. Es geschah von einem Augenblick zum anderen. Eben noch stand sie, ein blasser Schemen, an der anderen Tür. Eine Sekunde später klammerte sie sich an seine Schultern, das Gesicht an seiner Brust versteckt, um ihre Verlegenheit zu verbergen.
    »Sieh mich an, Richard. Ich habe dich belogen,

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