Die Seemannsbraut
ich fragen darf?«
Bolitho seufzte. »Tut das was zur Sache?«
Haven blickte beiseite. »Es ist ein Junge.« Seine Finger zerknautschten den Zweispitz.
»Ich gratuliere Ihnen. Die Sorge um Ihre Frau muß Sie sehr beschäftigt haben.«
Haven schluckte schwer. »Jawohl. Vielen Dank, Sir Richard.« Wie eine Erlösung drangen Befehle von Deck herein. Haven verließ fast fluchtartig die Kajüte, um Kommodore Glassport zu empfangen.
Bolitho stand auf, als Ozzard ihm den Galarock brachte. War das Kind wirklich von Parris, fragte er sich, und wie würden sie sich arrangieren?
Er schaute auf Ozzard hinunter. »Habe ich dir eigentlich schon für die gute Betreuung unseres Gastes an Bord gedankt?«
Ozzard bürstete einen Staubfleck von der Uniform. Er hatte Catherines zerrissenes Kleid genäht, denn seine Geschicklichkeit kannte keine Grenzen. Der kleine Mann lächelte scheu.
»Es war mir ein Vergnügen, Sir Richard.« Dabei langte er in eine Schublade und zog den Fächer heraus, den Lady Somervell von dem sinkenden Schoner mitgebracht hatte.
»Sie hat dies zurückgelassen.« Er duckte sich unter Bolithos bohrenden Blicken. »Ich habe – ich habe ihn saubergemacht. Es war Blut daran, also …«
»Zurückgelassen?« Bolitho drehte den Fächer in seinen Händen, sah im Geist ihr Gesicht dahinter. Im Lampenlicht trübte sich sein Auge schon wieder. »Zurückgelassen?« wiederholte er.
Ozzard beobachtete ihn aufmerksam. »Ich nehme an, sie hat ihn in der Eile vergessen.«
Bolitho packte den Fächer fester. Nein, sie hatte ihn bestimmt nicht vergessen.
Schritte kamen näher, dann betrat Kommodore Glassport die Kajüte, gefolgt von Jenour und Haven. Glassports Gesicht war hochrot, als ob er bergauf gehastet wäre.
Bolitho machte eine einladende Bewegung. »Nehmen Sie Platz.
Ein Glas Rotwein gefällig?«
Glassport schien bei diesen Worten aufzuleben. »Ich wüßte ein Gläschen zu schätzen. Gott verdamme diese Aufregung! Ich hätte mich schon längst pensionieren lassen sollen.«
Ozzard servierte, und Bolitho hob sein Glas: »Auf den Sieg!« Glassport streckte die dicken Beine aus und leckte sich die Lippen. »Ein sehr guter Claret, Sir Richard.«
Haven unterbrach: »Wir haben einige Briefe, Sir Richard, sie sind mit dem letzten Paketschiff gekommen.« Auf seinen Wink hin brachte Jenour ein kleines Bündel und legte es vor Bolitho auf den Tisch.
Bolitho deutete auf die Gläser. »Nachfüllen, Ozzard.« Und zu den anderen gewandt: »Entschuldigen Sie mich, Gentlemen.«
Er schlitzte einen Brief auf und erkannte sofort Belindas Handschrift. Sein Auge überflog den Text zu schnell, so daß er aufhörte und von vorne begann.
»Mein lieber Gatte …«, schrieb sie wie an einen Fremden. Dann berichtete sie kurz über ihren letzten Besuch in London, und daß sie nun in einem gemieteten Haus lebe und seine Zustimmung erwarte. Elizabeth war von einer Erkältung genesen und hatte sich an das neu eingestellte Kindermädchen gewöhnt. Der Rest des Briefes beschäftigte sich mit Nelson, der zwischen England und Frankreich stünde. Wie sehr das Land doch von ihm abhinge, schrieb Belinda.
Jenour fragte leise: »Hoffentlich keine schlechten Nachrichten, Sir Richard?«
Bolitho steckte den Brief in seinen Rock. »Tja, Stephen, das weiß ich selber nicht.«
Sie schrieb nichts über Falmouth und die Menschen dort, mit denen er aufgewachsen war. Kein Wort, weder Ärger noch Reue, über die Art, wie sie sich getrennt hatten.
Glassport sagte schwerfällig: »Es ist jetzt viel ruhiger hier, seit der Generalinspekteur abgereist ist.« Und tief in sich hineinlachend: »Ich möchte nicht auf die falsche Seite Somervells geraten.«
Haven erklärte steif: »Seine Welt ist eine andere und ganz gewiß nicht meine.«
Bolitho lenkte ab. »Ich möchte die Kommandanten morgen sehen.« Und mit einem Seitenblick auf Glassport: »Wie lange wurde der Viscount denn hier aufgehalten?«
Glassport blinzelte ihn an, sein Verstand war schon wieder durch mehrere Gläser getrübt. »Bis der Sturm nachließ, Sir Richard. Dann reiste er ab.«
Unwillkürlich erhob sich Bolitho. Er mußte sich verhört haben.
»Ohne auf Lady Somervell zu warten? Welches Schiff benutzte sie denn für die Rückreise, nachdem sie mit der Fregatte angekommen war?«
So sehr er auch darauf erpicht war, Seiner Majestät den Schatz persönlich zu präsentieren, hatte Somervell doch bestimmt gewartet, um sich von Catherines Wohlergehen zu überzeugen?
Glassport bemerkte
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