Die Seemannsbraut
anpries.
Sie sagte leise: »So kann es nicht bleiben.«
Bolitho saß mit gekreuzten Beinen in einem Sessel und sah ihr zu; kaum glaublich, daß es sich um dieselbe Frau handelte, die er der Erniedrigung im Kerker entrissen hatte; für die er alles riskiert hatte, einschließlich eines Kriegsgerichtsverfahrens wegen Nötigung des Gefängnisdirektors.
Er erwiderte: »Wir können nicht hier wohnen. Ich möchte mit dir allein sein. Dich wieder im Arm halten, mit dir reden.«
Sie drehte ihren Kopf so, daß ihr Gesicht im Schatten blieb.
»Du machst dir noch Sorgen, Richard, aber das brauchst du nicht. Was meine Liebe zu dir betrifft – die hat nie geschwankt. Warum sollte sie jetzt?«
Langsam schritt sie näher und legte ihm die Hände auf die Schultern. Sie trug ein einfaches grünes Kleid, das die allgegenwärtige Mrs. Robbins am Vortag gekauft hatte.
Bolitho sagte: »Du bist jetzt in Sicherheit. Alles, was du brauchst, und alles, was ich geben kann, gehört dir.« Er sprach weiter, froh, daß sie sein Gesicht nicht sehen konnte. »Es kann Monate dauern, dein Vermögen wiederzuerlangen, das er dir gestohlen hat. Du gabst ihm alles und warst seine Rettung.«
Sie entgegnete: »Umgekehrt bot er mir Sicherheit, einen Platz in der Gesellschaft, wo ich nach Belieben leben konnte. War das töricht? Vielleicht. Es war eben ein ausgemachter Handel, keine Liebe.« Sie legte ihren Kopf an den seinen. »Ich habe oft Dinge getan, deren ich mich schäme, aber ich habe niemals meinen Körper verkauft.«
Er griff nach ihrer Hand. »Das weiß ich.«
Eine Kutsche klapperte vorbei, ihre Räder lärmten auf dem Kopfsteinpflaster. Nachts ließ dieser Haushalt wie andere in der Nähe von seinen Dienstboten Stroh auf der Straße ausbreiten, um die Geräusche zu dämpfen. London schien nie zu schlafen. In der vergangenen Nacht hatte Bolitho wach gelegen und an Catherine gedacht, die in ihrem Gästezimmer schlief, dem Kodex des Hauses entsprechend, der sie trennte.
Sie sagte: »Ich möchte irgendwo leben, wo ich von dir höre und erfahre, was du machst. Es wird für dich noch mehr Gefahren geben, ich möchte sie auf meine Weise mit dir teilen.«
Bolitho sah ihr ins Gesicht. »Ich werde sehr bald zu meinem Geschwader zurückkehren müssen. Jetzt, da ich mich festgelegt habe, will man mich in London wahrscheinlich so schnell wie möglich los sein.«
Er legte seine Hände um ihre Taille, fühlte ihren geschmeidigen Körper, ihr gegenseitiges Verlangen. Jetzt hatten ihre Wangen wieder Farbe, und ihr Haar, das offen über den Rücken hing, hatte seinen Glanz zurückgewonnen.
Sie las in seinen Augen. »Mrs. Robbins betreut mich gut.« Bolitho schlug vor: »Ich habe ein Haus in Falmouth …« Doch als er ihr Widerstreben, ihren stummen Protest spürte, brach er ab.
»Ich weiß, meine liebe Catherine, du willst warten, bis …«
»Bis du mich als dein ausgehaltenes Frauenzimmer nach Falmouth bringst.« Sie versuchte zu lachen, sagte aber nur heiser: »Denn so werden es die Leute sehen.«
Sie hielten sich an den Händen und sahen sich lange an. »Und ich bin auch nicht wundervoll oder entzückend. Nur in deinen Augen, liebster Mann.«
Er erwiderte: »Ich will nur dich.« Gemeinsam traten sie ans Fenster, und ihm wurde bewußt, daß er seit jener Nacht das Haus noch nicht wieder verlassen hatte. »Wenn wir nicht heiraten können …«
»Genug davon!« Sie legte ihm den Finger auf den Mund.
»Meinst du, das kümmert mich? Ich werde sein, was du wünschst. Und ich werde dich immer lieben und wie eine Tigerin verteidigen, wenn dir andere etwas antun wollen.«
Ein Diener klopfte und trat mit einem kleinen Silbertablett ein. Darauf lag ein versiegeltes Kuvert mit dem vertrauten Wappen der Admiralität. Ihre Augen waren auf ihn gerichtet, als er es öffnete. »Ich habe mich morgen bei Admiral Godschale zu melden.«
Sie hatte verstanden. »Neue Befehle?«
»Wahrscheinlich.« Er umarmte sie. »Es war unvermeidlich.«
»Ich weiß. Nur der Gedanke, dich zu verlieren …«
Bolitho sah sie wieder allein in London. Er mußte etwas tun.
Ihre Hände glitten über seine Schultern, seine Wangen. »Denke jetzt nur daran, daß wir noch einen Tag und eine ganze Nacht vor uns haben.«
»Aber wenn ich abreise …«
Sie berührte wieder seinen Mund. »Ich weiß, was du sagen willst. Aber jetzt, liebster Richard, sollst du mich so lieben wie in Antigua und wie damals in London. Ich habe dir einmal gesagt, daß du Liebe sehr nötig hast. Und ich kann
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