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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ihn und nutzte seine Autorität aus, um Seeleute ohne Rücksprache mit ihm zu bestrafen; als wollte er seinen Ersten Leutnant zwingen, ihn zum Duell zu fordern.
    Parris hob die Disziplinarkladde. »Sehen Sie sich das an, Mann! Zwei Dutzend Hiebe für eine Rangelei. Für Unfug während der Hundewache, nichts weiter. Sie müssen es doch gesehen haben.«
    Priddie errötete. »Der Kommandant behauptet, die Disziplin an Bord wäre zu lasch, man würde es von Land aus bemerken. Er dulde keine Nachlässigkeit mehr.«
    Parris schluckte eine grobe Antwort herunter. Priddie hatte noch nicht vergessen, wie machtlos ein Fähnrich war. Als Erster Leutnant dagegen mußte er etwas unternehmen. Doch konnte er sich an niemanden um Rat wenden. Die anderen Kommandanten würden ein Vorgehen gegen Haven als Vertrauensbruch werten, der sich auch gegen ihre eigene Autorität richten konnte, wenn sie ihn unterstützten. Recht oder Unrecht, der Kommandant war der liebe Gott. Es gab nur einen Menschen, der ihm hätte helfen können. Aber der befand sich auf dem Weg nach England und hatte genug mit seinen eigenen Sorgen zu tun. Allerdings hielt Parris es für unwahrscheinlich, daß Bolitho auch nur ein Knie krumm machen würde, wenn er sich im Recht glaubte.
    Parris zog den Chirurg als Helfer in Betracht, George Minchin.
    Aber er hatte das schon einmal versucht, ohne daß etwas dabei herausgekommen wäre. Minchin war Trinker wie so viele Schiffsärzte, ein Schlächter, unter dessen Händen mehr Menschen starben als an ihren Verletzungen.
Hyperion
hätte einen SeniorChirurgen erhalten sollen, einen von mehreren, die man zu den verschiedenen Geschwadern schickte, damit sie über ihre Erfahrungen berichteten. Aber das waren Wunschträume, im Augenblick hatten sie nur Minchin.
    Schließlich sagte Parris: »Überlassen Sie das mir.« Die Augen des Leutnants leuchteten dankbar auf, weil er sich nicht länger mit der Sache zu befassen brauchte, obwohl Parris ärgerlich hinzufügte: »Mr. Priddie, Sie werden niemals Kommandant werden, wenn Sie nicht die Verantwortung akzeptieren, die Ihr Rang mit sich bringt.«
    Parris begab sich aufs Achterdeck, wo die Seeleute den Kreuzmast neu auftakelten. Es roch stark nach frischem Teer. Zimmermann Horrocks und seine Gehilfen bauten mit der Breitaxt einen neuen Kutter aus Bordmitteln. Sie arbeiteten gut, dachte er, und wären vermutlich so glücklich wie er, wenn Haven nicht mehr wie eine drohende Wolke über ihnen hängen würde. Seufzend machte er sich auf den Weg zum Kommandanten und wartete, daß der Posten Kajüte ihn anmeldete.
    Kapitän Haven saß an seinem Schreibpult, Papiere in Reichweite, den Rock über die Stuhllehne gehängt, und fächelte sein Gesicht mit dem Taschentuch.
    »Also, Mr. Parris? Ich bin sehr beschäftigt.«
    Parris überhörte die Abweisung. Havens Schreibfedern auf dem Pult waren alle sauber und trocken, er hatte nichts geschrieben. Doch sah es so aus, als hätte er seinen Besuch erwartet und sich trotz der Zurückweisung darauf vorbereitet.
    Parris begann vorsichtig: »Es geht um die zwei Mann, die zur Bestrafung anstehen, Sir.«
    »Welche zwei? Ich fange schon an zu glauben, daß sich alle Männer hier betragen, wie es ihnen gefallt.«
    »Trotter und Dixon, Sir. Sie sind noch nie in Schwierigkeiten gewesen. Wäre der Fünfte Leutnant zu mir gekommen …«
    Er kam nicht weiter, Haven unterbrach ihn: »Aber Sie waren nicht an Bord, Sir. Nein, Sie waren anderswo, glaube ich.«
    »Auf Ihren Befehl hin, Sir.«
    »Werden Sie nicht frech!« Haven drehte sich in seinem Stuhl um. Wie ein Angler, der merkt, daß ein Fisch angebissen hat, dachte Parris.
    Haven sagte: »Die Leute betrugen sich abscheulich! Ich sah es, und wie gewöhnlich hatte
ich
das Treiben zu unterbinden!«
    »Aber zwei Dutzend Hiebe, Sir! Ich könnte ihnen auch eine Woche Extraarbeit geben. Die Disziplin würde aufrechterhalten, und Mr. Priddie könnte daraus etwas lernen.«
    »Aha, Sie wollen nun den jungen Leutnant tadeln.« Er lächelte, und Parris fühlte, wie ihn die Spannung fast zerriß. »Die Männer werden frech, und Mr. Priddie soll daran schuld sein. Gott verdamme Ihre Augen, Sir! Ich spucke auf Ihre Ansichten. Hier kommandiere
ich,
und man hat meinem Geheiß zu folgen. Habe ich mich klar ausgedrückt?« brüllte er.
    »Das haben Sie, Sir«, erwiderte Parris.
    »Freut mich zu hören.« Haven beobachtete ihn, seine Augen waren wie Schlitze im Halbschatten. »Ihre Rolle bei dem Handstreich wird der Admiralität

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