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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Blachford war sehr groß, und das Herumkriechen in den engen Decks und das Überprüfen von Lagerräumen und Krankenrevieren mußten seine Kräfte und seine Geduld sehr beanspruchen. Trotzdem hatte er nie geklagt. Bolitho würde ihn vermissen. Die abendliche Unterhaltung mit einem Mann, dessen Beruf heilte statt Feinde bekämpfte, war ein seltener Genuß für ihn gewesen.
    Bolitho hatte zwei Briefe von Catherine erhalten. Beide waren in dem gleichen Päckchen mit einem Schoner gekommen. Sie lebte angenehm und sicher in Hampshire in dem Haus, welches Keens Vater gehörte, einem einflußreichen Geschäftsmann der Londoner City. Catherine war ihm ebenso willkommen wie seine künftige Schwiegertochter Zenoria. Der Vorteil lag auf beiden Seiten, weil eine von Keens Schwestern, deren Mann als Leutnant in der Kanalflotte gefallen war, ebenfalls dort wohnte. So waren die drei einsamen Frauen einander ein Trost.
    Bolitho gab Yovell einen Wink, der die Papiere zusammenraffte und verschwand, und sagte zu Blachford: »Ich nehme an, daß Ihr Schiff nun bald eintreffen wird. Hoffentlich haben wir bei Ihren Nachforschungen helfen können.«
    Der Chirurg beäugte ihn nachdenklich. »Wenn ich diese Höllenlöcher sehe, in denen die Verwundeten und Kranken leiden müssen, bin ich immer wieder erstaunt, daß unsere Verluste nicht noch größer sind. Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, um unsere Ergebnisse im Kollegium auszuwerten. Aber sie ist gut investiert und wird schließlich Menschenleben retten. Blutverlust, Wundbrand und der damit einhergehende Schock, alles muß unterschiedlich behandelt werden.«
    Bolitho versuchte sich diesen hageren Mann mit dem wirren weißen Haar im Schlachtgetümmel vorzustellen. Zu seiner Überraschung fiel es ihm nicht schwer. Er sagte: »Das sind die Dinge, die wir alle fürchten.«
    Blachford lächelte schwach. »Sie sind sehr ehrlich. Man neigt dazu, sich Flaggoffiziere als ruhmsüchtige Männer ohne Herz vorzustellen.«
    Bolitho lächelte zurück. »Äußerlich scheinen unsere beiden Welten sehr verschieden zu sein. Als ich mein erstes Schiff betrat, war ich noch ein Kind. Ich mußte erst lernen, daß die vollgepferchte, erschreckende Welt zwischen den Decks nicht eine bloße Masse war, ein geistloses Instrument. Es dauerte lange«, sein Blick folgte den glitzernden Reflexen in der Kajüte, als sich
Hyperion
in der Brise drehte, »und ich lerne noch immer.«
    Durch das offene Oberlicht kamen schrille Pfiffe und das Tappen nackter Füße, als die Wachgänger an die Brassen liefen. Die großen Rahen mußten jedem Windhauch angepaßt werden.
    Auch Parris’ Stimme war zu hören wie damals, als einer der seltenen stürmischen Levanter überraschend aus Ost über sie hereinbrach und das Schiff ins Chaos stürzte.
    Ein Mann war über Bord gefallen und achteraus getrieben, während das Schiff mit dem Sturm kämpfte. Der Mann mußte mit dem Tod rechnen, denn kein Kommandant konnte bei dieser Windstärke beidrehen, ohne den Verlust seiner Masten zu riskieren. Doch Keen war an Deck gewesen und hatte die Gig aussetzen lassen. Da der Mann schwimmen konnte, hatte er eine Chance, das Boot zu erreichen. Allerdings gab es Kommandanten, die unter diesen Umständen die Meinung vertreten hätten, ein Boot sei mehr wert als ein Seemann, der ohnehin sterben müsse.
    Parris war mit einigen Freiwilligen in die Gig gestürzt und davongepullt. Am nächsten Morgen war der Sturm vorbei, und sie hatten das Boot mit dem halb ertrunken geretteten Seemann wiedergefunden.
    Parris hatte nach diesem Zwischenfall einen Rückschlag erlitten. Blachford hatte seine Schulterwunde untersucht und alles getan, was er konnte. Und Keens Respekt vor Parris’, vor seiner fanatischen Entschlossenheit, war gewachsen. Dank seiner Hilfe gab es jetzt in Portsmouth eine Familie, die nicht zu trauern brauchte.
    Auch Blachford mußte Parris’ Stimme erkannt haben. Er bemerkte: »Das war tapfer von Ihrem Ersten, die meisten hätten es nicht einmal versucht. Es ist furchtbar, mit ansehen zu müssen, wie sich das eigene Schiff immer weiter entfernt, bis man ganz allein ist.«
    Bolitho rief nach Ozzard. »Etwas Wein gefällig?« Er schmunzelte. »Man macht sich auf diesem Schiff nur unbeliebt, wenn man um Wasser bittet.« Aber der Witz beschönigte die Wahrheit. Er würde das Geschwader bald aufsplittern müssen, wenn es nicht gelang, die Schiffe mit Frischwasser zu versorgen.
    Die ganze Zeit betrachtete Blachford den Vizeadmiral nachdenklich. Er

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