Die Seevölker
hinzugefügt wird. So schreibt man beispielsweise
Keftfu (Zypern) als Keftet und Retenu (Palästina) als Retenutet.
13 E. A. Wallis Budge: The Rosetta Stone in the British Museum (London 1929), Appendix:
»The Decree of Canopus«,S. 256 u. S. 283. Vergleiche D. Lorton »The supposed expedi-
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Wenn noch irgendein Zweifel über die Bedeutung des Namens Pe-
reset bestanden haben sollte, dann wird er durch den griechischen Text
des Kanopusdekrets ausgeräumt. Und daher sollte es nicht länger
mehr ein Problem sein, die Pereset auf den Inschriften des Medinet-
Habu-Tempels von Ramses III. als Perser zu identifizieren.
Ein gewaltiges Problem
Bevor wir fortfahren, wollen wir kurz innehalten und uns vor Augen
führen, wie gewaltig das Problem ist. Bereits mehrere Male sind wir
von der Sachlage auf die persische Periode hingelenkt worden: zuerst,
als wir die Kacheln Ramses' III. mit den griechischen Buchstaben und
Motiven aus dem Bereich der persischen Kunst erörterten; dann als wir
sahen, daß sich an den während der Regierungszeit Ramses' III. erbau-
ten Gräbern deutliche Merkmale für das vierte oder ein späteres Jahr-
hundert ablesen lassen; zum Dritten, als wir beobachteten, daß die Un-
terjochung Ägyptens durch einen Fremdling namens Arsa im 13. oder
im 12. Jahrhundert unvorstellbar war, daß sich aber etwas sehr Ähnli-
ches in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts abgespielt hat; und
schließlich, als wir zu der Erkenntnis gelangten, daß Ramses III. seinen
Krieg gegen die Perser geführt hat; die Perser haben jedoch erstmals
im Jahr –525 und dann nochmals im 4. Jahrhundert Krieg gegen die
Ägypter geführt, als diese unter einheimischen Königen ihre Unab-
hängigkeit erklärten.
Wir können jetzt haltmachen, bestürzt über den offensichtlich unzu-
lässigen Gedanken, daß es sich hier um einen Irrtum von 800 Jahren
Zeitunterschied handeln könnte – oder auch erschrocken angesichts der
Verwirrung, die diese Untersuchung heraufbeschwören könnte. Aber
sollten wir uns nicht doch dazu entschließen, diese Untersuchung noch
ein wenig weiterzuführen, und könnten wir uns dann möglicherweise
nicht erleichtert fühlen, falls irgendwelches neues Beweismaterial auf-
tauchen sollte, durch das die jahrhundertealte Konzeption von der
Geschichte der Antike bestätigt werden könnte? Denn eines muß klar
sein: Wir können nicht Ramses III. mit den Persern kämpfen lassen,
tion of Ptolemy III to Persia«, Journal of Egyptian Archaeology , 57 (1971), S. 160ff.
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ohne dabei die bisherige Konzeption der Weltgeschichte aus den An-
geln zu heben. Welch ein Erdrutsch, welch eine Lawine müßte eine
solche Erkenntnis zur Folge haben: Königreiche müssen in sich zu-
sammenstürzen, Imperien müssen sich zeitlich über Jahrhunderte hin-
weg verschieben, Nachkommen und Vorfahren vertauschen ihre Rol-
len. Und weiter: Wieviele Bücher müßten zusätzlich als überholt und
veraltet gelten, wieviele gelehrte Forschungen müssen neu angesetzt
werden, und wieviel Beharrungsvermögen muß überwunden werden?
Es handelt sich hier nicht nur um eine Lawine, sondern um einen tota-
len Umsturz angeblich für ewig unverrückbarer Gebirgsmassive.
Da der Leser jetzt die Folgen abschätzen kann, die sich aus der Iden-
tifizierung der Pereset mit den Persern ergeben, laden wir ihn ein, das
vor ihm auszubreitende Beweismaterial sorgfältig zu überprüfen, da-
mit er sich nicht durch unbewiesene Behauptungen beirren läßt und
nicht zu einem trügerischen Bild von der Vergangenheit gelangt.
Schildern wir das zwölfte oder das vierte Jahrhundert?
Da es sich zu Beginn des 4. Jahrhunderts nicht um Vorgänge aus
grauer Vorzeit handelt, und da die Kriege, an denen die Griechen –
wenn auch nur als Söldner – teilgenommen haben, mit Sicherheit von
einigen griechischen Autoren geschildert wurden, unterziehen wir
unser Schema von der Geschichte einem schonungslosen Test: alle Ein-
zelheiten der Geschichte müssen in einer griechischen Quelle erwähnt
und erklärt werden. Ist dies nicht der Fall, dann haben wir vielleicht
unhaltbare Behauptungen aufgestellt; wenn aber die vom Pharao ab-
gebildeten und erläuterten Begebenheiten – Ereignis für Ereignis – bei
einem griechischen Autor wiedergefunden werden, wobei alle agie-
renden Personen genau jene Rollen spielen, wie sie sich auch in den
ägyptischen Wandreliefs und in den dazugehörigen Begleittexten
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