Die Seevölker
soviel wie »Turm« oder »Bastion«. Es muß sich hier um jenes
Fort handeln, das nach dem Bericht von Diodor an der Nilmündung
erbaut und von den Invasoren eingenommen wurde, wo diese dann
belagert wurden; im Text des Diodor steht tatsächlich das Wort pyrgos,
und das bedeutet genau das, was auch Ramses III. gesagt hat, nämlich
»Turm«. So ist das Wort auch in einer modernen Übersetzungsversion
von Diodor tatsächlich übersetzt worden.8 Bemerkenswert ist auch die
Tatsache, daß Ramses III. ein hebräisches Wort für den Begriff »Turm«
verwendet hat: Von der Durchdringung der ägyptischen Sprache mit
hebräischen Begriffen während der Regierungszeit dieses Pharao wird
7 Edgerton und Wilson, Hrsg., Historical Records of Ramses III, S. 42.
8 Diodor, XV, 42.
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ein wenig später noch die Rede sein.
Das Unternehmen wurde ein Mißerfolg. Die persische Armee hielt
zwar die Festung einige Monate lang besetzt, aber als am Nil die Über-
schwemmung einzusetzen begann, »da entschlossen sich die Anführer
der Perser, Ägypten wieder zu verlassen« (Diodor).
Ramses schrieb:
»Ihre Füße haben aufgehört, die Grenzen Ägyptens zu übertreten.«
Entsprechend berichtete auch Diodor:
»Der Feldzug der Perser also, zu dem so große Zurüstungen gemacht wa-
ren, führte wider Vermuten zu keinem Erfolg.«
Es gab noch ein dramatisches Nachspiel zu dem überhasteten Rück-
zug. Ramses III. schrieb:
»Ihre Anführer – flohen niedergeschlagen und zitternd.«
Diodor bestätigte, daß Iphikrates heimlich dem persischen Satrapen
entfloh; er fürchtete, er könnte für die unglückliche Wendung in die-
sem Feldzug verantwortlich gemacht werden:
»Sie kehrten also nach Asien zurück. Weil aber Iphikrates mit Pharnabazos
in Streit geraten war, so besorgte er, gefangen gesetzt und zur Strafe gezogen
zu werden, wie es dem Athener Konon ergangen war. Daher wollte er lieber
heimlich das Heer verlassen. Er rüstete also ein Fahrzeug und entfloh bei
Nacht unbemerkt und segelte nach Athen. Pharnabazos schickte Abgesandte
nach und verklagte den Iphikrates, er sei schuld, daß Ägypten nicht erobert
worden sei. Die Athener gaben den Persern zur Antwort, wenn sie ihn schul-
dig finden, so werden sie ihn nach Verdienst bestrafen. Aber nach kurzer Zeit
ernannten sie ihn zum Befehlshaber der Seemacht.«9
Ramses III. war auf seinen Sieg sehr stolz – nicht nur weil er ihn ge-
gen einen starken Feind errungen hatte, sondern auch gegen berühmte
Heerführer, die erfolgreich und vielgerühmt waren. Er kannte den
Geist Griechenlands, und er wußte, daß es niemals mit ganzem Herzen
auf Seiten des persischen Königs stand; es würde seinen Sieg begrü-
ßen:
»Ihre Menschen preisen mich.«
9 Diodor, XV, 43.
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Ramses' III. Krieg zur See und zu Lande gegen die aus Syrien vor-
dringenden Invasoren, der mit deren Vertreibung aus Ägypten endete,
wurde von ihm selbst geschildert. Die griechischen Historiker erzähl-
ten die Geschichte von Ramses III. als diejenige von Nektanebos I.
»Aus den ägyptischen Inschriften können wir über die Geschichte
Ägyptens während der Regierungszeit von Nektanebos I. nichts ler-
nen; wir müssen uns an die klassischen Autoren, vor allem an Diodor
wenden, wenn wir Informationen über den Verlauf des Krieges zwi-
schen den Griechen und Persern und über die Rolle erhalten wollen,
die die Ägypter dabei gespielt haben.«10
Über »Nektanebos' Krieg« existieren keine ägyptischen Berichte,
denn die Informationen darüber sind bereits in den Schilderungen je-
nes Pharaos enthalten, für den die modernen Historiker den Namen
Ramses III. ausgewählt haben. Vom Krieg Ramses' III. existieren hin-
gegen keine historischen Berichte in griechischer oder hebräischer
Sprache, denn darüber wird in der Geschichte von Nektanebos I. be-
richtet.
Die »Denien« bzw. »Thenien« werden von Ramses III. unter seinen
geschlagenen Feinden zuerst genannt. Hier scheint es sich um die
Athener zu handeln (und nicht, wie gelegentlich vermutet, um die Da-
naer).
10 E. A. Wallis Budge: A History of Egypt (New York, 1902), VI]. 101.
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Kapitel III
Die Kunst der Kriegsführung
Krieger der Seevölker
Die Soldaten der Seevölker, die Tjeker, die Schekelesch, die Teresch,
die We-schesch und die Scherden (Sardan) stammten aus dem klein-
asiatischen Raum. Die Denien bezeichnet Ramses III. jedoch als »Insel-
völker«. Zu dem Schluß, daß es sich bei
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