Die Seevölker
den
Persern. Nach der Schilderung des Diodor begann dieser Konflikt un-
ter Hakoris, aber andere Fachleute stimmen damit nicht überein – sie
verlegen das Geschehen in die Regierungszeit von Nektanebos, den
Nachfolger von Hakoris.1 Nach den Worten von Diodor begannen die-
se Ereignisse in Ägypten zur gleichen Zeit wie die Bildung des zweiten
attischen Seebunds unter Führung Athens, der die Abschaffung der
Oberhoheit der Spartaner in Griechenland zum Ziel hatte –und das
geschah in den Jahren –377/76. Ein oder zwei Jahre vor diesem Zeit-
punkt war Nektanebos Hakoris auf dem Thron gefolgt.
Diodor berichtet folgendes:
»Während das geschah, brachte der König Akoris von Ägypten, der feind-
selig gegen den Perserkönig gesinnt war, ein bedeutendes Heer von Miet-
truppen zusammen. Da er nämlich denen, die sich anwerben ließen, einen
hohen Sold versprach und manche noch beschenkte, so fanden sich bald
Griechen genug, die seinem Aufruf zu dem Feldzug folgten. Weil sie aber
1 H. R. Hall: »Egypt to the Coming of Alexander«, Cambridge Ancient History, 1. Auflage (1927), VI, 148.
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keinen tüchtigen Anführer hatten, so berief er den Athener Chabrias, einen
Mann, der vorzügliche Einsichten im Kriegswesen besaß und sich auch
durch seine Tapferkeit großen Ruhm erworben hatte. Dieser nahm ohne
Genehmigung des Volks die Stelle eines Befehlshabers der Truppen in
Ägypten an und rüstete sich sehr eifrig zum Krieg gegen die Perser.«2
Bei den Gefechten, die die Armee des Nektanebos mit den Streit-
kräften der Perser austrug, spielten Chabrias und seine Söldnertruppe
eine führende Rolle. Die Perser wurden aus Ägypten vertrieben:
»Auch Pharnabazos, der zum Anführer der persischen Kriegsmacht von
dem König ernannt war, schaffte große Vorräte von Kriegsbedürfnissen
herbei. Zugleich schickte er Gesandte nach Athen, um sich zu beschweren,
daß sich Chabrias an die Spitze der Ägypter stelle, wodurch er dem Volk
das Wohlwollen des Königs entziehe,3 und zu begehren, daß man ihm
selbst den Feldherrn Iphikrates sende. Den Athenern war daran gelegen,
sich den Perserkönig geneigt zu machen und den Pharnabazos für sich zu
gewinnen. Sie beriefen daher sogleich den Chabrias aus Ägypten zurück
und sandten den Feldherrn Iphikrates, um den Persern beizustehen.«4
Hier sehen wir, daß es für die verwirrenden Wechsel des Bündnis-
partners, die auf den Mauern des Medinet Habu-Tempels von Ramses
III. beschrieben werden, eine perfekte Erklärung gibt. Zunächst unter-
stützen die Perser und die Griechen den Pharao. Unter Chabrias
kämpften die griechischen Söldner im Krieg des Pharaos gegen die
Perser. Dann wurde Chabrias nach Athen zurückberufen, und Iphikra-
tes tauchte mit den griechischen Söldnertruppen auf, um den Persern
zu helfen, und gemeinsam bekämpften sie die Ägypter.
Diodor berichtete auch, daß zu einem Zeitpunkt, als Sokratides in
Athen als Archon fungierte und als Quintus Crassus (Servilius), Servius
Cornelius und Spurius Papirius Militär-Tribunen in Rom waren, »der
König von Persien gegen die Ägypter in den Krieg zog, die kurze Zeit
vorher revoltiert hatten«. Das Jahr läßt sich klar auf –374/73 festlegen.
2 Diodor, XV, 29.
3 Hall (in: Cambridge Andern History, VI, 148) datiert dieses Abenteuer von Chabrias in das Jahr –377; das steht im Widerspruch zu seiner sonstigen Datierung der Ereignisse
(a.a.O., S. 146). Siehe auch die Anmerkungen von Charles L. Sherman, dem Übersetzer
von Diodor (Loeb Classi-cal Library, 1952), Band VII, S. 24/25.
4 Diodor, XV, 29.
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»Die Armee stand unter dem Oberkommando von Pharnabazos und dem
Athener Iphikrates. Die einheimischen Truppen befehligte Pharnabazos,
die Söldner aber, die aus 20000 Mann bestanden, der Athener Iphikrates.
Dieser Mann war wegen seiner Feldherrnkunst ausdrücklich von dem Kö-
nig zum Heerführer berufen worden. Pharnabazos hatte viele Jahre mit
den Zurüstungen zugebracht.«5
Der ungestüme und phantasievolle Iphikrates, der sich stark von
Pharnabazos unterschied, drängte auf sofortiges Vorrücken. Da er die
Zungenfertigkeit von Pharnabazos kannte, sprach Iphikrates ihn eines
Tages an und sagte ihm, er wundere sich darüber, daß »er mit dem
Wort so schnell und mit der Tat so langsam sei«. Pharnabazos antwor-
tete ihm, das Wort habe er selber in seiner Gewalt, die Tat aber der
König.
Der persische Satrap und der griechische Stratege benutzten als
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