Die Seevölker
Hopliten (Schwerbewaffneten) errungen hatte. Es war
seine Idee, die Offensivkraft seiner Truppen auf Kosten ihrer defensi-
ven Ausrüstung zu stärken. Anstelle von schweren Rüstungen trugen
sie leichtere Tuniken; die Form der Schilde wurde verändert; die Spee-
re wurden um die Hälfte ihrer bisherigen Länge verlängert, und die
Schwerter wurden ebenfalls länger, und zwar bis auf mehr als das
Doppelte, ja bis fast bis zum Dreifachen der bisherigen Länge. Beim
ersten Gefecht wurde die mora der Hopliten von den Peltasten (den Leichtbewaffneten) durchbrochen, und die schwerfälligen Spartaner
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wurden von den Athenern in die Flucht geschlagen. Iphikrates hat
auch noch eine Anzahl anderer strategischer Neuerungen im Bereiche
der Kriegsführung erfunden.
In den Bildern von Medinet Habu können wir die Veränderungen
erkennen, die sich in der Bewaffnung der griechischen Armee vollzo-
gen. Die Soldaten der Seevölker tragen Tuniken, teilweise auch leichte
Harnische, aber keiner eine schwere Rüstung. Die Entwicklung in der
Gestaltung des Schwertes, des Speeres, des Wurfspießes und des
Schildes läßt sich beobachten. Wir erkennen ziemlich kurze Schwerter,
aber auch sehr lange Schwerter, wie sie von Iphikrates eingeführt wor-
den waren; außerdem kurze Speere und lange, sowie zwei unter-
schiedliche Arten von Schilden – einen rechteckigen, der den größten
Teil des Körpers bedeckt und einen kleineren Rundschild. Die neuen
athenischen Waffen wurden vermutlich von Chabrias in Ägypten ein-
geführt, der dem Pharao in seinen ersten Feldzügen geholfen hat.
Im Zeitraum zwischen dem Jahr –390, als die Peltasten erstmals in
Aktion traten, bis –375, als Ägypten unter Nektanebos I. mit Persien
zusammenstieß, übernahmen auch andere griechische Generale die
Reformen des Iphikrates, aber in einigen Truppenteilen überlebten die
inzwischen altmodischen Waffentypen. In der Söldnertruppe wurden
– wie auf den Reliefs von Ramses III. zu erkennen ist – keine schweren
Rüstungen getragen; aber neben Bataillonen mit den gerade neu einge-
führten Waffen – sehr lange Schwerter und Rundschilde – sind dort
auch noch Soldaten zu sehen mit den veralteten Kurzschwertern und
den schweren Schilden, die am unteren Ende gerade und am oberen
rund waren. Wie man hier sieht, hat die Reform gerade begonnen, und
sie findet neue Anhänger.
Die Seevölker, so schreibt Lorimer, »die in den Kämpfen zu Lande
und zu Wasser unter Ramses III. beteiligt waren, haben riesige Schwer-
ter«,1 und das müssen wir auch von den griechischen Söldnertruppen
jener Tage erwarten, in denen die Reform des Iphikrates eingeleitet
wurde, und bei denjenigen Truppenteilen, die von diesem Strategen
befehligt wurden.
Ramses III. selbst schildert die ungewöhnlich langen Schwerter, die
beim Feldzug gegen Libyen verwendet wurden, als fünf Ellen lang (fast
1 H. L. Lorimer: Homer and the Monuments (1950), S. 267.
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2,30 m).2
Auch zu dem Zeitpunkt, als Iphikrates –374 mit 20000 Mann griechi-
scher Truppen zu Pharnabazos stieß – diesmal zum Kampf gegen Ägyp-
ten –, können wir wieder vergleichen und erfahren, welches seine neue-
sten militärischen Innovationen gewesen sind. Diodor Siculus hat ein
paar Passagen über die Reformen des Iphikrates exakt in den Bericht
eingeschoben, der sich mit dem Krieg zwischen Nektanebos und den
Persern befaßt, an dem dieser athenische General teilgenommen hat:
»Die vielfältige Erfahrung im Kriegswesen, die er im Persischen Krieg
gesammelt, soll ihn … besonders auf manche nützliche Verbesserung
der Bewaffnung geleitet haben … Die Griechen hatten nämlich große
Schilde, mit denen sie sich schwer bewegen konnten. Nun verkleinerte
er dieselben und ließ Schilde von mäßiger Größe machen …
»Bei dem Spieß und dem Schwert nahm er die entgegengesetzte
Änderung vor. Er verlängerte die Spieße um die Hälfte und die
Schwerter machte er fast noch einmal so lang. Durch Erfahrung be-
währte sich die Verbesserung, und die gelungenen Versuche erwarben
dem Scharfsinn des Feldherrn das verdiente Lob. Ferner gab er den
Kriegsleuten leichte Schuhe, die sich schnell losbinden ließen; man
nennt sie noch heutzutage nach seinem Namen Iphikratische Schuhe.
Außerdem traf er noch viele nützliche Einrichtungen im Kriegswesen,
deren Beschreibung zu weit führen würde. Der Feldzug der Perser ge-
gen Ägypten also, zu dem so große Zurüstungen gemacht
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