Die Seevölker
auf den Gegner geworfen.
»Aineias (ca. 360 v. Chr.) schildert das Entfachen einer großen Feu-
ersbrunst mit Hilfe von Töpfen, die mit einer Mischung aus Schwefel,
1 Edgerton und Wilson, Hrsg.: Historical Records of Ramses 111, S. 55.
2 a.a.O.
3 Breasted: Ancient Records, Band IV, Abschnitt 21.
4 Herodot: VIII, 52.
5 Thukydides: VII, 53; siehe auch IV, 100.
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Pech, Kieferspänen, sowie Räucherwerk oder Harz gefüllt waren; diese
Brandmischung, sagt er, konnte auch an großen hölzernen Stößeln be-
festigt werden, die an beiden Enden mit eisernen Haken versehen wa-
ren, und die auf die hölzernen Schiffsdecks geworfen wurden, auf de-
nen sie dann haften blieben, oder aber auf die hölzernen Schutzvor-
richtungen von Belagerungstruppen.«6
Als im Jahr –332 Alexander der Große Tyrus an einem Felshang vor
der phönizischen Küste stürmte, verwendeten die Einwohner von Ty-
rus einen Brander. Sie errichteten außerdem Türme an der Mauer und
griffen von dort aus die herannahenden Schiffe mit Flammenstößen
an.7
Das korrekte Datum für die Auseinandersetzung Ramses' III. mit
der gegnerischen Flotte in der mendesischen Nilmündung ist das Jahr
–374; die Verwendung von Brandern und Flammenwerfern – 39 Jahre
nach der Belagerung von Syrakus, im Verlauf des Peloponnesischen
Krieges, und 42 Jahre vor der Belagerung von Tyrus durch Alexander –
muß nicht unbedingt eine allegorische Erfindung sein.
Die Mariannu
Es bleibt aber noch ein Bündnispartner im Krieg von Ramses-
Nektanebos gegen die Perser und Griechen übrig, dessen Identität
recht umstritten ist. Ram-ses III. schrieb, daß er bei dem Ausbau der
Verteidigung an den Landesgrenzen auch einen Ort an der Grenze
Ägypten-Sinai befestigte, der sich Zahi nannte, und dies stimmt mit
dem Bericht überein, den uns Diodor über die von Nektanebos I. ver-
stärkten Verteidigungsanlagen an der östlichen Landesgrenze gibt.
Ramses III. erwähnte die Organisation der Garnisonsstreitkräfte:
»Ich organisierte meine Grenze in Zahi und rüstete die Fürsten, die Garni-
sonskommandeure und die Mariannu.«1
6 J. R. Partington: A History of Grcck Fire and Gunpowder (1960), S. 1.
7 Arrian: Anabasis of Alexander, übersetzt von E. I. Robson (Loeb Classical Library, 1929), II, 21. Vgl. Cambridge Ancient History, VI (1927), S. 374-75.
1 Edgerton und Wilson, Hrsg.: Historical Records of Ramses 111. Wilson bezeichnet Zahi als einen Grenzort. Einige andere Experten betrachten Zahi als die Bezeichnung für
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Wer waren diese Mariannu, die einzigen vertrauenswürdigen Ver-
bündeten der Ägypter? Zunächst vermutete man, bei dem Begriff Ma-
riannu handle es sich um das aramäische Wort Mareinu, das soviel wie
»Adlige« bedeutet. Aber um wen konnte es sich dann bei den auslän-
dischen Kriegern im zwölften Jahrhundert in Ägypten handeln, die mit
einem aramäischen Namen bezeichnet wurden? Aramäisch ist eine
semitische Sprache, die nach dem Exil in Babylonien in Palästina an die
Stelle des Hebräischen trat, und in der Teile der Bücher der Propheten
Esra und Daniel und später die Talmuds geschrieben worden sind; zu
Beginn der gegenwärtigen Ära war Aramäisch die Alltagssprache der
Juden in Palästina. Die ältesten aramäischen Inschriften datieren aus
dem 9. und dem 8. Jahrhundert.
Es wurde eingeräumt, daß die Anwesenheit von semitischen Adli-
gen mit einem aramäischen Namen im Ägypten des zwölften Jahr-
hunderts ein Phänomen war, das einer näheren Erklärung bedurfte.
Diese Vorstellung wurde schließlich als völlig unangemessen für jene
Zeit und jene Region angesehen, und es wurden Theorien vorgebracht,
nach denen das Wort Mariannu seinen Ursprung in Mitanni oder im
Sanskrit hatte.2 Nach einer Verlagerung der historischen Szenerie kön-
nen wir erneut die Frage stellen: Handelt es sich bei dem von Ramses
III. angeführten Begriff Mariannu nicht um das aramäische Wort für
»Adlige«?
Im Jahre 1906 wurden in den Trümmern alter Bauten im südlichen Teil
der Insel Elephantine im Nil, gegenüber von Assuan, Papyri gefunden,
die in aramäischer Sprache geschrieben waren. Sie wurden nur einen
halben Meter unter der Oberfläche ungeschützt in Sand und Trüm-
mern entdeckt. Es stellte sich heraus, daß diese Dokumente im fünften
Jahrhundert vor unserer Zeit entstanden waren, und zwar während
einen großen Teil von Palästina.
2 A. Gustavs: Zeitschrift für Assyriologie, XXXVI, Neue Folge
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