Die Seevölker
aus Europa und ließen sich dann in Nordafrika nieder …«6 Sie wa-
ren eindeutig nicht semitischen oder hamitischen Ursprungs, sondern
von arischer Herkunft. Wer aber waren sie?
Wir werden an anderer Stelle Gelegenheit haben, die frühen Wan-
derungsbewegungen der Griechen nach Libyen zu erörtern. Hier er-
scheint es jedoch als durchaus angemessen, sich daran zu erinnern,
was Plutarch in seiner Biographie von Lysander berichtet hat. Dieser
spartanische Held nahm am Peloponnesischen Krieg teil und eroberte
die athenische Flotte in der Schlacht von Aigospotamoi (–405); er streb-
te danach, König der Spartaner zu werden und hatte die Unterstüt-
zung des Orakels von Dodona, aber es gelang ihm nicht, auch die Un-
terstützung des Orakels von Delphi zu gewinnen; auch als er sich mit
Geschenken an das Orakel des Amun in der libyschen Wüste wandte,
hatte er damit keinen Erfolg; allerdings verkündeten die Priester des
Amun, die sich auf einer Mission nach Sparta befanden, daß die Spar-
taner bald in Libyen leben würden – dies aufgrund eines älteren Ora-
kelspruchs.7
Wir können den Schluß ziehen, daß der Name Temehu gleicherma-
ßen auf die Spartaner in Libyen wie auf diejenigen in Lakedaimonien,
Griechenland, angewandt wurde. Der »König [Heerführer] von Teme-
hu«, den der Pharao zu seiner Unterstützung herbeirief, war ein spar-
tanischer König; die Schilderung als »ein Kleiner« weist auf Agesilaos
hin.
6 Ahmed Fakhri: Siwa Oasis (Kairo 1944), S. 23.
7 Plutarch: Lebensbeschreibungen, Lysander, 20, 25.
128
Die letzten einheimischen Pharaonen
Xenophon berichtet uns, daß Teos, der unbedingt einen Krieg gegen
Persien führen wollte, »starke Infanterie- und Kavalleriestreitkräfte
und viel Geld besaß«, und daß Agesilaos »begeistert war, als ihn die
Aufforderung um Unterstützung vom ägyptischen König erreichte, der
ihm sogar den Oberbefehl über die Gesamtstreitkräfte zusagte«. Agesi-
laos war jedoch bald wütend, »als der König, der ihn um seine Unter-
stützung gebeten hatte, ihm doch nicht das Oberkommando übertrug.
Agesilaos hatte das Gefühl, auf gröbste Weise getäuscht worden zu
sein.« Teos übertrug ihm nur ein Teil des Oberkommandos, indem er
das Kommando über die Flotte an den einmal mehr in Ägypten wei-
lenden Chabrias vergab und sich selbst den Oberbefehl über die Ge-
samtstreitkräfte vorbehielt. Teos selbst befand sich in Syrien, das er
nach dem Tod von Artaxerxes II. teilweise besetzt hatte. Mittlerweile
wurde in Ägypten ein Komplott geschmiedet, Teos zu stürzen und
seinen Neffen auf den Thron zu setzen. Chabrias wollte seinem
Kriegsherrn Teos gegenüber loyal bleiben, und er beriet sich darüber
mit Agesilaos. Der alte Spartanerkönig, erbost über die Begrenzung
seiner Kommandogewalt, fragte in Sparta an, was er tun solle, aber er
schlug gleichzeitig vor, sich auf die Seite des Rebellen Nektanebos (II.)
zu schlagen, da dies den griechischen Interessen dienlicher sein würde.
Xenophon schrieb: »In dieser Krisis sagte sich zunächst ein Teil der
ägyptischen Truppen, die als selbständige Streitmacht operierten, vom
König los und alsbald ließen ihn auch die übrigen Streitkräfte im
Stich.«
Entsetzt floh Teos von der Front in Palästina nach Sidon in Phöniki-
en und von dort aus direkt zum persischen König, um diesen um Ver-
gebung zu bitten. »Die Ägypter spalteten sich in zwei Parteien, und
jede wählte ihren eigenen König. Agesilaos erkannte jetzt, daß die
Griechen keinen Sold erhalten würden, wenn er keinen der beiden
Rivalen unterstützte.« Nachdem »er sich darüber klar geworden war,
bei welchem der beiden [Thronprätendenten] größere Anzeichen dafür
erkennbar waren, daß er sich den Griechen gegenüber als Freund er-
weisen würde, schlug er sich auf dessen Seite.« Indem er Teos im Stich
ließ und gegen noch einen weiteren Rivalen des Pharao kämpfte,
machte Agesilaos Nektanebos II. zum König von Ägypten.
129
Bei Plutarch lesen wir wie, als rivalisierende Thronprätendenten um
den von Teos verlassenen Thron stritten und Agesilaos um Hilfe baten,
der Spartaner einen abermaligen Seitenwechsel als peinlich empfand
und in einem ereignisreichen Feldzug Nektanebos II. verteidigte, den
letzten einheimischen König von Ägypten.
Aufgrund dieser Ereignisfolge, wie sie uns von den griechischen
Historikern geschildert wird, können wir Ramses IV., den Usurpator
des Throns seines Vaters,
Weitere Kostenlose Bücher