Die Seevölker
einen Zeitraum von
»über 200 Jahren« (eigentlich fast 300 Jahren) voneinander getrennt:
Beide gehören in das fünfte Jahrhundert.
Necht-nebef, der in einer Serie von Reliefs – parallel zu denen von
Psamschek – porträtiert wurde, muß dessen Zeitgenosse und daher
sicherlich auch ein Beamter unter Arsames gewesen sein; es ist denk-
bar, daß der eine als Gouverneur wirkte und der andere als Schatzmei-
ster, oder der eine im Norden des Landes und der andere im Süden;
oder aber daß ihre Funktionen unter Arsames auf irgendeine andere
Weise auf beide verteilt waren.
Um achthundert Jahre zurechtgerückt
Im Abschnitt mit dem Titel »Ein gewaltiges Problem« standen wir ver-
blüfft vor dem Gedanken, daß im akzeptierten Geschichtsbild der 20.
Dynastie möglicherweise ein Irrtum von 800 Jahren enthalten sein
könnte, und wir erschraken angesichts der noch größeren Verwirrun-
gen, die diese Untersuchung im weiteren Verlauf noch nach sich zie-
hen könnte. Wir waren beeindruckt von einer ganzen Reihe sich wi-
dersprechender Fakten, von denen jeder einzelne auf die Notwendig-
keit hindeutete, das Zeitalter von Ramses III. und der gesamten zuge-
hörigen Dynastie drastisch um eben diesen riesigen Zeitraum zu ver-
setzen. Zu diesen Fakten zählten persische Motive, Emailarbeiten und
griechische Buchstaben aus klassischer Zeit – d. h. aus der Zeit Platons
– auf den Keramikplatten des Palastes von Ramses' III. in Teil el-
Jehudijeh; in der Nähe gelegene Grabstätten, die das eine Mitglied ei-
nes Archäologenteams mit der 20. Dynastie und daher mit dem zwölf-
ten Jahrhundert in Verbindung brachte, das andere Mitglied dagegen
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frühestens mit dem vierten Jahrhundert; der in einem von Ramses III.
oder in dessen Namen von seinem Sohn Ramses IV. in einem offiziel-
len Dokument angebrachte Hinweis auf die Herrschaft eines Aramäers
namens Arsa, dem das damals königslose Ägypten ein oder zwei Ge-
nerationen früher Tributzahlungen entrichtet hatte, und der die Götter
des Landes mißachtet hatte – eine Situation, die in der akzeptierten
Version der ägyptischen Geschichte undenkbar erscheint, denn sie
kennt weder ein derartiges Ereignis noch rechnet sie überhaupt mit der
Möglichkeit eines solchen Ereignisses zwischen der 19. und 20. Dyna-
stie, als Ägypten angeblich auf dem eigentlichen Höhepunkt seiner
imperialen Entfaltung zu stehen schien.
Um herauszufinden, ob diese Anzeichen illusorisch und gefälscht,
oder ob sie tatsächlich wahr und bedeutungsvoll waren, haben wir es
unternommen, die Annalen Ramses' III., in denen er von seinem Krieg
gegen die Nation der Pereset (reich gekleidete Krieger) und ihre Ver-
bündeten (die Seevölker) berichtet, mit der Schilderung zu vergleichen,
die uns Diodor von Sizilien über den Krieg von Nektanebos I. gegeben
hat, einem Pharao aus der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts. Wir
haben gezeigt, daß die Identität der Pereset dadurch bestimmt werden
kann, daß man ihre typische Kopfbedeckung mit derjenigen der Gar-
den des Dareios auf den Skulpturen in Persepolis vergleicht, und wir
haben dann diese Identifizierung noch durch die Tatsache dokumen-
tiert, daß mit dem genau gleichen Namen Pereset in Ägypten die Per-
ser bezeichnet wurden, zu einem so späten Zeitpunkt noch wie der
Abfassung des Kanopusdekrets unter den Ptolemäern. Die »Inselvöl-
ker« hatten keine Ähnlichkeit mit den mykenischen Griechen, weder
im Hinblick auf ihre Waffen, auf ihre Rüstung noch auf ihre rasierten
Gesichter; die Griechen waren auch den späten hebräischen Propheten
als die »Völker von den Inseln« bekannt.
Die gleichen Ereignisse wurden sowohl von Ramses III. als auch von
Diodor geschildert: Die Einnahme einer Bastion an der mendesischen
Nilmündung durch feindliche Invasionstruppen; Gegenangriffe des Pha-
raos und die Niedermetzelung vieler der belagerten Invasoren und
schließlich die Belagerung durch Aushungerung; die Uneinigkeit, die
zwischen den beiden Anführern der Invasionsstreitkräfte herrschte, ihr
Rückzug ohne einen weiteren Versuch, ins Innere des Landes vorzudrin-
gen, die Flucht des Hauptstrategen und noch viele weitere Einzelheiten.
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Die Ereignisse, die dem Krieg vorausgingen, der Zustand des Ha-
ders zwischen den Seevölkern, die militärische Unterstützung, die die
Pereset dem Pharao zu Beginn seiner Regierungszeit zuteil werden
ließen; die Einberufung der Soldaten der Seevölker und
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