Die Seevölker
– ebenso wie Birkath-El – »Gottes Se-
gen« und zeigt nur eine leicht unterschiedliche Konstruktion des Pos-
sesivums (wie beispielsweise »Gottes Segen« und »Segen Gottes«).
Eisler fragte sich, ob es zutreffen konnte, daß diese Reederei noch
im Jahre –150 existierte? Dies würde bedeuten, daß ihre Schiffe die
Route an der syrischen Küste über neunhundert Jahre lang befahren
hätten – seit Wenamun dort »um etwa –1100« seine Reise unternom-
men hatte. Eine derartige Zeitspanne wäre allerdings »dreimal so lang
wie die langlebigsten englischen oder hanseatischen Reedereien exi-
stiert hatten«. Daß der Autor des Testaments von Naphtali seine In-
formationen aus einer Kopie von Wenamuns Reisebericht bezogen
haben könnte, verneinte Eisler aus allgemeinen Gründen, aber auch
weil in den beiden Hinweisen auf diese Reederei der Name mit kleinen
Unterschieden buchstabiert wurde.
Nach unserer Schätzung unternahm Wenamun seine Reise nicht
»um –1100«, sondern nahe –400, und daher liegen nicht 950 Jahre zwi-
schen der Entstehung dieser beiden Texte. Außerdem ist es denkbar,
daß das Testament des Naphtali niedergeschrieben wurde, bevor die
Haschmanaim ihre Unabhängigkeit von der seleukidischen Beherr-
schung erreichten – möglicherweise noch während der persischen Pe-
riode; wenn jedoch das Testament richtig in die Mitte des zweiten
Jahrhunderts datiert wird, dann konnte die Reedereifirma noch beste-
hen, oder zumindest ihre Existenz ein- bzw. zweihundert Jahre vorher
konnte dem Autor des Testaments als Tatsache bekannt gewesen sein.
Das wäre allerdings dann nicht der Fall, wenn inzwischen fast ein Jahr-
tausend vergangen wäre.
W. F. Albright stimmte nicht mit Erman überein und ging von der
Annahme aus, daß der von ihm als »Warkar« gelesene Name »weder
ägyptischen noch semitischen, sondern vermutlich asianischen (anato-
lischen oder ägäischen) Ursprungs gewesen ist« und einem Mann ge-
hörte, der an den Wanderungsbewegungen der Seevölker teilgenom-
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men hatte und sich dann in Ägypten niederließ.15 Albrights Argument
baut auf der Zeitspanne auf, die den Kriegszügen der Seevölker zuge-
messen wird. Die meisten Ägyptologen folgen jedoch bevorzugt der
von Erman gegebenen Lesung, wie J. A. Wilson bezeugt.16
»Wiederholung der Geburten«
Wenamun unternahm seine Reise während der späteren Phase der
persischen Beherrschung Ägyptens. Können wir diesen Zeitpunkt mit
größerer Präzision bestimmen?
Im Eröffnungsteil des Papyrus Wenamun ist zu lesen, daß Wena-
mun seine Reise begann: »Im Jahr 5, und 3. Monat der dritten Jahres-
zeit.« Aber um welches Jahr 5 welcher Ära geht es? In der Regel be-
zieht sich in ägyptischen Dokumenten das zu Beginn des Textes er-
wähnte Jahr auf das Regierungsjahr eines Monarchen. Wer aber war
der Monarch zur Zeit, als Wenamun seinen Auftrag übernahm? Sein
Name wird nicht genannt. Es ist jedoch davon die Rede, daß Wena-
mun, als er Tanis im Nildelta erreichte, das von Herihor ausgestellte
Beglaubigungsschreiben an Nesubanebded übergab, bevor er sich ein-
schiffte. Auch als ihm in Dor sein Gold und Silber gestohlen wurde,
sprach Wenamun zu dem dortigen Fürsten Bedel: »Wahrlich, das Geld
gehört dem Amun-Re, dem Herrn der Länder; es gehört Nesubaneb-
ded; es gehört Herihor, meinem Herrn und den anderen Großen von
Ägypten.« Ein König wird nicht erwähnt, und auch keiner von den
namentlich genannten Personen wird als König bezeichnet.
Der Priester Herihor, der Wenamun auf seine Reise schickte und
der Gouverneur im Delta, Nesubanebded, gelten als Potentaten unter
Ramses XI., dem vorgeblich letzten weltlichen Ramessiden-König, mit
dem die 20. Dynastie erlosch. Es wird angenommen, daß Ramses XL,
nicht mehr an der Regierung war, da sich der beraubte Abgesandte in
seiner Beschwerde beim syrischen Fürsten von Dor nur auf die Autori-
15 »Some Oriental Glosses on the Homeric Problem«, in: American Journal of Archaeology , LIV (1950), 174.
16 »Bei Werket-El (=Birkath-el?) handelte es sich offenbar um einen phönikischen Han-
delherrn, der in Ägypten lebte, und der vor allem den Handelsverkehr mit Sidon
wahrnahm.« Ancient Near Eastern Texts (1950), S. 27.
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tät des Hohenpriesters von Theben und des Gouverneurs vom Delta
beruft; als er später vom Fürsten von Byblos, Zekarbaal, festgehalten
wird, erwähnt er wiederum nur diese beiden Männer, aber keinen Kö-
nig
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