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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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handelt?«
    »Unsere Humanpsychologen veranschlagen diese Wahrscheinlichkeit auf weniger als zwei Dutzend Teile von einem Ganzen«, erwiderte Rosswin. »Sie halten es für wahrscheinlicher, dass die Menschen die interstellare Raumsonde modifiziert haben, die sie gebaut hatten und nun dafür verwenden, um uns ein Schiff entgegenzuschicken.«
    Faslorns Körpersprache drückte seine Besorgnis aus. »Eine Entwicklung, die wir nicht vorhergesehen haben.«
    »Wie lauten Eure Befehle?«, fragte der Berater. Seine zwei unteren Arme hingen wie bei einem Menschen herab, während der obere Satz über der Tonnenbrust verschränkt war. Die Positur war eine des Respekts, von einem Untergebenen, der Instruktionen erwartete.
    Faslorns Ohren zuckten, während er diesen neuen Faktor in ihrer Planung berücksichtigte. »Vielleicht ist das doch nicht so problematisch, wie wir befürchtet haben. So bekommen wir nämlich die Gelegenheit, der Maskerade den letzten Schliff zu verpassen, bevor wir mit den menschlichen Massen konfrontiert werden.«
    »Ob das aber klug ist?«
    »Welche andere Wahl haben wir denn? Du wirst diese Anweisung an alle Humanspezialisten übermitteln. Ich will schnellstmöglich über ihre vorläufigen Bewertungen unterrichtet werden.«
    »Euer Wille geschehe.«

8
    Tory Bronson erwachte in beißender Kälte. Sie lag da und fragte sich, wieso die Schlafsackheizung nicht mehr funktionierte. Ben war doch nicht etwa mitten in der Nacht aufgestanden und hatte das Zelt wieder auf Transparenz geschaltet, um die Sterne zu betrachten. Er war schließlich lang genug auf dem Mars, um es besser zu wissen — oder?
    Die Augen zu öffnen fiel ihr schwerer als jede Verrichtung, die sie jemals erledigt hatte. Als sie schließlich wieder etwas sah, war das Zelt auf Sutter's Peak verschwunden, und stattdessen befand sich eine lichtdurchlässige Barriere nur ein paar Zentimeter vor ihrer Nase. Sie schaute verständnislos zu, wie das Glas im Takt ihrer Atmung abwechselnd beschlug und sich wieder klärte. Dann schmolz ein virtueller Eiswürfel irgendwo in ihrem Gehirn, und sie wurde von der Erinnerung überrollt.
    Sie hatten nach dem Start von Phobos sechs Wochen damit verbracht, die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Jeden Tag schrumpfte die Sonne ein Stückchen, während die Motoren unablässig brummten. Diese langen Wochen waren nur durch periodische Triebwerksabschaltungen unterbrochen worden, als leere Reaktionsmassetanks abgestoßen wurden. Vor Torys geistigem Auge erstreckte sich eine lange Reihe weißer Kugeln wie eine Perlenkette den ganzen Weg zurück bis zum Mars. Sie hatten die Jupiterbahn am Ende der ersten Woche gekreuzt, die Umlaufbahn des Uranus in der zweiten Woche und den Pluto-Orbit nur drei Tage später. Nach dem Verlassen des Sonnensystems hatten sie kontinuierlich beschleunigt, bis sie sich dem Lichtsegel mit der gleichen Geschwindigkeit näherten, mit der es ihnen entgegenkam. Gegen Ende der sechsten Woche hatte die Austria das Vierundzwanzigfache der Entfernung des Pluto zur Sonne zurückgelegt.
    Tory war während der Reise zu beschäftigt gewesen, um über den riesigen Abgrund im Raum nachzudenken, der sie von zu Hause trennte. In der ersten Woche hatte sie sich ausschließlich der Überwachung der Boosterrakete gewidmet. Pausen hatte sie sich nur für Mahlzeiten, Toilettengänge und kurze Nickerchen gegönnt. Mithilfe des Implantats hatte sie den Plasmafluss kontrolliert, das Wechselspiel der Magnetfelder und die tausend anderen Parameter. Die Boosterrakete war für sie zu einem lebendigen, atmenden Wesen mutiert: der stetige Fluss von Antiprotonen und Wasserstoff in die Reaktionskammer war ihr Lebenssaft, das Netzwerk der Glasfaserkabel ihre Ganglien.
    Am Ende einer langen Woche hatte Tory sich in ihre Kabine zurückgezogen, um einen Tag durchzuschlafen. Und dann hatte sie die anderen beim regelmäßigen Schichtdienst verstärkt, auf dem Garth bestand, solange die Triebwerke liefen. In den Freischichten behob Tory Programmfehler, die der Statusüberwachung entgangen waren. Die gravierendsten Fehler übermittelte sie an die Programmierer auf dem Mars und der Erde, und die geringfügigen Probleme löste sie selbst. Außer dem Schichtdienst und der Softwarewartung war sie turnusmäßig mit Küchendienst, Reinigungsarbeiten und leichten Wartungstätigkeiten beschäftigt.
    Doch nichts von alledem erklärte, weshalb sie erbärmlich fror und sich die Nase an reifüberzogenem Glas plattdrückte. Ihre Situation

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