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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Dirigenten war, wenn er mit vier Armen zu wedeln vermochte statt nur mit zweien.
    In einer Probenpause wandte Tory sich an Maratel. »Wieso tut ihr das alles überhaupt?«, fragte sie.
    »Was denn?«
    »Das!« Tory wies mit ausladender Geste auf das Orchester. »Wir fühlen uns natürlich geehrt, aber weshalb versucht ihr unsere Musik nachzuahmen - ganz zu schweigen davon, dass ihr unsere Instrumente umändern müsst, um überhaupt darauf spielen zu können?«
    »Weshalb veranstalten Ihre Leute Konzerte, Tory?«
    »Weil sie Musikliebhaber sind.«
    »Genau wie wir.«
    »Aber Sie haben doch sicher auch eine eigene Musik. Wieso spielen Sie nicht die und pflegen Ihre eigene Kultur?«
    »Ich dachte, wir hätten Ihnen das bereits erklärt«, erwiderte Maratel. »Wenn wir eine neue Heimat unter den Menschen finden wollen, müssen wir lernen, uns zu integrieren. Ihre Kultur ist nun auch unsere Kultur.«
    »Es ist aber nicht nötig, dass Sie Ihre Identität verleugnen. Wenn Ihre Lebensweise sich von unserer unterscheidet, respektieren wir das.«
    Maratel bekam den betrübten Gesichtsausdruck, den sie immer zeigte, wenn sie mit Tory nicht einer Meinung war. »Ich glaube, da irren Sie sich, liebe Freundin. Wir haben Ihre Rasse überaus gründlich studiert. Sie haben einen angeborenen Instinkt für Anpassung. Wie einer Ihrer Protagonisten einmal sagte: >Alles, was nicht verboten ist, muss Gesetz sein!<«
    »Das hat er doch nur im Scherz gesagt.«
    »Im Scherz liegt oftmals eine tiefere Wahrheit. Eine der Konstanten des menschlichen Charakters ist Ihre Intoleranz gegenüber Andersartigen. Wir müssten deshalb zu dem Schluss gelangen, dass eine Integration nur dann gelingen kann, wenn wir uns Ihnen möglichst perfekt anpassen. Da wir natürlich nicht in der Lage sind, unsere physische Gestalt zu ändern, müssen wir uns eben bemühen, in anderer Hinsicht >menschlicher zu sein als ein Mensch«.«
    »Ich glaube, dass Sie uns da falsch einschätzen«, wandte Tory ein.
    »Ich glaube das nicht. Haben Sie denn in Ihrer Geschichte nicht alle verfolgt, die andersartig waren?«
    »Wir sind solchen Vorurteilen inzwischen entwachsen.«
    »Sie haben sie nur mit einem dünnen Firnis der Zivilisation überzogen. Sie sind ihnen mitnichten entwachsen. Wir hatten uns auch einmal damit gebrüstet, dass wir unseren Leidenschaften entwachsen seien. Die Zeit der Fährnisse hat uns dann eines Besseren belehrt.«
    »Aber Sie sind keine Menschen und werden auch niemals Menschen sein.«
    »Dennoch haben wir die menschliche Kultur aus freien Stücken angenommen. Wir haben das getan, weil es eine Frage des Überlebens ist.«
    »Aber Sie täuschen das doch nur vor!«
    »Gar nicht. Täuschen Sie denn Ihren Glauben vor?«
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Ist es das? Weshalb glauben Sie daran, woran Sie glauben?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Tory. Die Wendung, die das Gespräch nun nahm, gefiel ihr nicht. »Ich glaube eben daran.«
    »Sie haben Ihren Glauben in einem frühen Alter von Ihren Eltern erworben. Sie haben Sie mit allen ihren Vorurteilen, Vorlieben, Aberglauben und Werten geprägt.«
    »Ich glaube, dass Sie jetzt etwas übers Ziel hinausschießen.«
    »Überhaupt nicht. Soll ich Ihnen einmal ein Beispiel nennen?«
    »Nur zu.«
    »Wie die meisten Menschen sind Sie ein Anhänger dessen, was einmal als >Westliche Zivilisation bezeichnet wurde. Diese grundlegenden Glaubenssätze werden von einem anderen Glaubenssatz überlagert, den Sie aus der Periode der Mars-Unabhängigkeit geerbt haben. Sie glauben an die Menschenrechte, die Vorzüge der Demokratie und die Überlegenheit der Wissenschaft über alle anderen Methoden der Erkenntnisgewinnung. Im tiefsten Innern glauben Sie, dass es für jedes Problem eine technologische Lösung gebe. Muss ich Sie jetzt auch noch auf die Diskrepanz zwischen dieser Einstellung und der Philosophie eines konfuzianischen Gelehrten von vor tausend Jahren hinweisen?«
    »Also gut. Was wollen Sie mir damit sagen?«
    »Nur, dass auch ich mit diesen Werten konditioniert wurde. Obwohl ich ein Außerirdischer bin, bin ich zugleich ein Verfechter der >Westlichen Zivilisation. Ich glaube auch nicht weniger daran als Sie.«
    »Aber wie Sie selbst sagten, sind Sie ein Außerirdischer!«
    »Na und? Sind nicht auch Hunde in der Lage, menschliche Wertvorstellungen wie >richtig< und >falsch< zu verinnerlichen - zumindest rudimentär?«
    »Ich glaube, dass sie eher lernen, wofür sie bestraft oder belohnt werden.«
    »Unterscheidet sich das

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