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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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so hell und
wässrig, dass ihm jede Anziehungskraft fehlte. Der Mann war groß und
breitschultrig, doch wirkte er weichlich, als hätte er einmal über Kraft
verfügt und dann vergessen, wie man sie nutzt. Dazu kam, dass seine Wangen von
Aknenarben zerfurcht waren. Er blieb am Fuß der kleinen Treppe stehen.
    »Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, verehrte Frau
Kindel«, sagte er und machte einen Diener. Etwas, das sie das letzte Mal erlebt
hatte bei dem Mann, der ihr ihr Hochzeitskleid verkauft hatte. »Mein Name ist Bredemaier.«
    Johanna antwortete nicht. Sie starrte den Mann an und
hoffte, er würde sich einfach wieder in Luft auflösen.
    »Ich möchte mich Ihnen nur vorstellen. Ich komme vom BKA , und Sie können sich wahrscheinlich
denken, was der Grund meines Hierseins ist.«
    » BKA ?«
    »Das steht für Bundeskriminalamt«, sagte der Mann
entschuldigend.
    Natürlich wusste Johanna, was das BKA war, die Frage war nur Ausdruck
ihrer Verwunderung gewesen, oder besser: ihrer Sorge.
    Jetzt kommen sie sogar schon aus der Fremde
meinetwegen, dachte sie.
    »Es gibt keinen Grund zur Besorgnis«, sagte Bredemaier
beruhigend. »Ich möchte Sie nur ein wenig kennenlernen.«
    Er sprach leise in einem kräftigen Bariton, und er kam
unüberhörbar aus einer Gegend, die ziemlich weit von Bayern entfernt war.
    Johanna hatte keine Nerven für unangemeldete, seltsam
gekleidete Männer, egal welche Behörde sie geschickt haben mochte. Aber als sie
Frau Dammböck drüben wieder einmal ihre Gardine richten sah, knickte sie ein.
    »Kimmens halt eini«, sagte sie und winkte den Mann mit
einer Kopfbewegung hinter sich her ins Haus.
    Bredemaier hatte gerade den Fuß auf die Treppe
gesetzt, als ein dumpfes Dröhnen die Luft erfüllte. Unwillkürlich drehten sie
sich beide um und sahen zum Himmel. Auch Frau Dammböck streckte ihren Kopf zum
Fenster heraus. Aber der Himmel gab sich harmlos gescheckt. Das Geräusch
verhallte und wiederholte sich nicht.
    Bredemaier zuckte die Achseln und wandte sich mit
einem Lächeln wieder um. Aber Johanna meinte in seinen Augen einen Funken der
Besorgnis zu entdecken.
    * * *
    »Hi«, sagte Severin und setzte sich neben Petr auf die
Bank.
    Petr sagte nichts. Er sah ihn nur mit einem kurzen,
misstrauischen Seitenblick an und starrte dann weiter vor sich hin.
    »Wartst aufn Bus?«, fragte Severin.
    »Was sonst?«, murmelte Petr nur.
    »Hast heut an Schibbsie oder an Girgl gsehn?«
    Petr schüttelte stumm den Kopf.
    »I a ned. Dabei sollt i schon wissn, ob heut Prob ist
… Da Spacko meldt sich a ned.«
    Petr wandte ihm langsam den Kopf zu. »Was willst du?«,
fragte er mit unbewegter Miene.
    »I wollt nur fragn, ob du die drei gsehn hast. Sonst
nix.«
    »Wieso ich ausgerechnet?«
    »Warum ned? Bist doch oft zsammen mit dene, de letzte
Zeit.«
    Petr sah wieder zu Boden und nickte verstehend.
»Spacko hat dir also wirklich erzählt«, sagte er leise.
    »Was soll der verzählt habn?« Severin sah ihn von der
Seite an.
    Petr verzog das Gesicht, als pule er mit der Zunge
zwischen den Zähnen. Er sagte nichts.
    »Da Girgl hat a scho so was gsagt, gestern. Aber i hab
koa Ahnung, was ihr meint.«
    Petr zog geräuschvoll die Nase hoch und spie dann
einen Klump Speichel auf den Boden zwischen seinen Füßen.
    »Spacko hat dir erzählt und du hast erzählt den
Bullen.«
    » Was? Was hab i denn mit die Bulln am Hut?«
    »Wieso sonst waren die da oben, gestern?«
    »I weiß ned …« Severin wandte den Blick ab. Hätte er
Petr etwa von den Träumen seiner Großmutter erzählen sollen?
    »Egal was Spacko dir hat erzählt: Vergiss es wieder.
Wenn du noch mal rumerzählst irgendwas, gibt eine Menge Ärger«, sagte Petr
ruhig. » Richtigen Ärger, verstehst du?«
    Severin nickte.
    »Sieh mich an, wenn ich rede mit dir!«
    Severin gehorchte, erstaunt über die plötzliche
Schärfe in Petrs Stimme. Petr sah sich kurz prüfend um, dann öffnete er seine
Windjacke und zeigte Severin eine Pistole, die in seinem Hosenbund steckte.
    »Verstehst du jetzt?«
    Severin schwieg. Petr hatte bisher eigentlich nicht
unsympathisch auf ihn gewirkt und auch nicht bedrohlich, klein und dürr, wie er
war.
    Aber nun hatte er eine Waffe, und sie sah verdammt
echt aus. Echt genug, um Respekt davor zu haben. Auch Petrs Worte gerade, die
Art, wie er sie sagte, wirkten plötzlich ernsthaft beunruhigend. So, als sage
er so etwas nicht zum ersten Mal.
    »Da Spacko hat mir nix gsagt. Deshalb kann i a nix
verzählen«, sagte Severin.
    »Dann alles

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