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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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gesucht hatten, wurden zermalmt, als unter der Kraft des Bebens selbst das nachgiebige Holz zersplitterte. Felsen rumpelten und regneten von den Klippen herab, rauchend und mörderisch. Das Beben dauerte nur elf Sekunden, doch es löschte fast alles Leben aus.
    Die dritte Welle war weniger heftig, allerdings waren die meisten Inselbewohner bereits tot oder lagen sterbend unter Steinmauern, gepfählt von ihren eigenen Handwerksarbeiten oder zertrampelt von ihren eigenen Tieren. Und doch rüttelte die dritte Welle an etwas, das die beiden ersten Wellen unbeschadet überstanden hatte.
    Die quer über die Insel gespannten Aquädukte trafen sich in der Mitte des Flussdammes, hinter dem das Trinkwasserreservoir lag. Die Skolomantie hatte die Arbeit von vielen Sommern investiert und Kur um Kur Steine aufgeschüttet, bis im See Wasser gestaut werden konnte. Während des ersten Bebens waren ein paar Steine ins Rutschen gekommen.
    Dann ein paar mehr.
    Während des zweiten Bebens war eine zornige Wasserwelle auf die geschwächte Mauer geschlagen, doch die Steine der Skolomantie hatten gehalten. Dann folgte das dritte Beben. Die Steine lösten sich, und das brodelnde Wasser brach sich freie Bahn, übersprang die Überreste des Dammes, strömte den Berg Zelos herab, überflutete Deiche und Aquädukte, schnitt sich neue, zornige Kanäle, mischte sich mit Dreck und Asche, immer schneller talwärts fließend. Ungezügelt.
    Blaufleckig und blutüberströmt erhob sich der Mann aus der Sippe des Rebstocks auf die Knie. Am ganzen Leib hatte er Schmerzen. Er blutete innerlich, doch davon ahnte er nichts, er spürte nur die Qualen. Er fürchtete, der einzige Überlebende auf Naxos zu sein, wenn auch etwas anderes zum Leben erwacht war.
    Das Feuer.
    Er dachte nur an seine Sippe, das Imperium, die Felder, die
    Tausende ernährten. Waren die Vögel freigelassen worden? Gab es irgendeine Hoffnung auf Rettung? Er lief los.
    Die Luft war fett von Lärm und Rauchgestank. Seine Sandalen rutschten über den glitschigen Stein, und er versuchte, vor dem knappen Treppenabsatz zu bremsen.
    Vor Schmerz nach Luft ringend, kam er ins Straucheln und kullerte die letzten Stufen hinunter. Salzwasser brannte in seinen Wunden und brachte ihn schmerzhaft zur Besinnung, dann kämpfte er mit der Tür, die in den Tunnel führte.
    Stufen. Er hielt inne und versuchte, vor Schmerz keuchend, wieder zu Atem zu kommen. Er spürte das Blut, das über seinen Rücken rann und seinen Lendenschurz durchtränkte. Er stemmte die Tür auf und trat in den Tunnel.
    Der Tunnel war ein weiteres Experiment der Skolomantie. Er eilte durch die modrig riechende Dunkelheit auf die Insel und den Bogen zu. Immer schneller lief er, obgleich jeder Schritt ihm schwerer fiel, länger brauchte. Nur noch wenige Schritte bis zur anderen Tür.
    Mit blutglitschigen Händen riss er die Tür auf und stolperte hinaus in die Nachtluft. Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
    Während die Türme dunkel blieben, wütete auf den Feldern das Feuer. Weinend und keuchend lief er die Treppen des Bogens hinauf. Oben versuchte er, die kleine Fackel, die stets dort brannte, aus der Halterung zu lösen. Er hörte nur noch seinen eigenen Körper, der um den erlösenden Tod flehte. Tränen netzten seine Wangen, als er sah, wie Naxos den Flammentod starb.
    Das Meldefeuer lag bereit. Er brauchte nur noch die Fackel auf den Zunder zu werfen.
    Paros war in der Dunkelheit kaum auszumachen. Er wusste, dass von dort keine Hilfe zu erwarten war, solange man kein Feuer auf den Wachttürmen sah. Sie würden annehmen, dass die Felder auf Grund eines Rituals oder aus Gründen der Bewirtschaftung abgefackelt würden. Diese Idioten, die unter der Erde arbeiteten statt in der Sonne.
    Ein plötzlicher Hitzeschwall ließ ihn entsetzt nach unten blicken. Sein Schurz stand in Flammen. »Für den Dreizack und den Rebstock!«, krächzte er. Dann schleppte er sich vorwärts, mit all seinem Gewicht, seiner Kraft und seiner Liebe zu seiner Sippe, und warf sich selbst auf das vorbereitete Meldefeuer.
    Die Sibylla hatte Recht behalten; die Katastrophe war eingetreten.
    »Das Wasser ist krabbelig«, sagte Dion. Es war während der Morgendämmerung, der einzigen Zeit, wie Spiralenmeister erklärt hatte, zu der man die elixiergebende Krabbe sammeln konnte.
    »Spiralenmeister meint, sie glüht, iii?«, fragte Nestor, der eben erst aus Ägypten eingetroffen war und keine Lust hatte, Vena unter die

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