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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Götter, die Priester-Hierarchien, die starre Gesellschaftsordnung, hier Aztlans zwei Götter, die Klarheit der Sippenstruktur ... er hätte gern hinzugefügt: die Reinheit des Volkes, doch das stimmte nicht mehr.
    Spiralenmeister studierte den Ägypter.
    Er war ein ungewöhnlicher Vertreter seines von Hungersnöten geschlagenen Landes; er war groß, gesund, und sein Blick war klar und zugleich eigentümlich verletzlich.
    Der Mann hatte nichts mehr zu gewinnen und nichts mehr zu verlieren. Er hatte alles verloren; das stand deutlich in seinen Augen.
    »Wer bist du?«, fragte Spiralenmeister.
    Der Ägypter kreuzte den Arm vor der Brust und begann auf
    Aztlantu zu sprechen. Flüssig. Die Worte, die er sprach, waren Pfeile, die sich tief in Imhoteps Gesicht senkten.
    »Viele Geschlechter hindurch, solange Aztlan seiner inneren göttlichen Natur folgte, wart ihr dem Gesetz gehorsam und jenem Gott zugetan, der euch beschenkt hat und dessen Saat ihr seid, denn ihr besaßt wahrhafte und in jeder Hinsicht große Psychen und vereintet in allen Wechselfällen des Lebens, wie auch bei jeder Handlung untereinander, Sanftmut mit Weisheit.«
    Imhotep wagte kaum zu amten.
    »Doch als ihr das göttliche Gesetz in euch zu missachten begannt und eure schlichte Natur die Oberhand gewann, da wart ihr eurem Reichtum nicht mehr gewachsen und begannt zu entarten und euch selbst zu erniedrigen, denn ihr seid im Begriff, das größte eurer kostbaren Geschenke zu verlieren; doch jenen, die kein Auge haben, wahrhafte Glückseligkeit zu erkennen, scheint ihr in aller Herrlichkeit und Seligkeit dazustehen, wo ihr doch voller Geiz und unrechtmäßiger Macht seid.«
    »Wie kannst du so etwas sagen? Was weißt du?«
    »Dies wurde mir enthüllt. Immer wieder sind Warnungen auf taube Ohren gestoßen. Ich bringe euch nur ein weiteres warnendes Wort von einem Pateeras, der das Beste für euch will« , sagte er mit leicht gesenktem Kopf.
    Schmerz packte Spiralenmeisters Schädel wie in einem Schraubstock, der über seinen Ohren und Schläfen angezogen wurde. Er streckte die zitternde Hand aus. »Drück die Kacheln ein! Schnell! Schreib auf, was ich sage! Ich habe auf dich gewartet!« Der Ägypter setzte die Kacheln auf seine Finger. »Die Schwalbe«, diktierte Imhotep. Der Mann brauchte einen Augenblick, um sie zu finden, doch dann drückte er sie mit fester Hand in den Lehm. »Das Leopardenfell.« Der Ägypter streckte eine Kachel vor. »Nein! Das ist das Bärenfell. Das Leopardenfell.« Mühsam prägte Cheftu die restlichen benötigten Zeichen in die Scheibe.
    »Woher kommst du?«, flüsterte Spiralenmeister. Er spürte bereits, wie seine Lungen verklebten.
    »Aus Ägypten.«
    Er sah den Mann genauer an. »Woher kommst du wirklich?«
    Die Miene des Ägypters fiel in sich zusammen, und ganz langsam, so als würden ihm seine Worte erst bewusst werden, indem er sie aussprach, antwortete er: »Ich bin ein Student der skolomantischen Überlieferungen.«
    »Sorge dafür, dass die Bibliothek nicht verloren geht«, sagte Imhotep. Den Verlust des Wissens fürchtete er am meisten. »Aztlan ist eine verrottende Leiche, nur unsere Skelette werden unsere Geschichte erzählen. Hilf mir auf meine Liege.«
    Mit sicheren Händen half der Ägypter dem Spiralenmeister, sich niederzulegen. Er reichte dem Greis etwas Wasser und prüfte dann die langsam ansteigende Temperatur. Seine Fragen waren klug, doch sie führten nur in die Irre. »So bricht es aus«, keuchte der Spiralenmeister. »Der Körper bäumt sich nicht dagegen auf. Wo hast du Aztlantu gelernt?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er abwehrend.
    »Was sprichst du dann für eine Sprache?« Die Farbe wich aus dem Gesicht des Mannes. Imhotep frohlockte. Ja, das war der Richtige. Als Spiralenmeister blieb ihm keine Zeit mehr. Schon fraß das Delirium an seinem Verstand. »Nimm die Scheibe und hüte sie wie dein Leben. Sie enthält die Antworten«, stieß er unter Schmerzen hervor. Seine Kehle verschloss sich immer mehr, und er merkte, wie seine Lungen sich nach Luft verzehrten, während seine Beine weiter verkrampften. »Sie ist das Zeichen, dass du der neue Spiralenmeister bist, der Erbe der Sippe der Spirale.«
    »Mein Meister .«
    »Hilf uns, die Prophezeiung zu überstehen und diese Prüfungen zu überleben. Bewahre Aztlan vor der schmählichen Vernichtung. Wir tanzen am Rande des Grabes.«
    »Was für eine Prophezeiung? Wer wird mir glauben? Ich bin
    Ausländer.«
    Spiralenmeister schnippte nach einem

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