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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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schlichtweg unvergesslich. Aber wo? Wie passte das zu ihrer Welt? Tat das etwas zur Sache? Wenigstens war Cheftu auch hier. Mit klopfendem Herzen wandte sich Chloe vom Fenster ab.
    Die Leibeigene war in einen Nebenraum getreten, und das Rauschen von fließendem Wasser erfüllte den Raum. Ein Bad? Chloe fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie den Kopf durch den Durchgang streckte. Fließendes Wasser? Diese Leute hatten fließendes Wasser? »Herrin, wie warm?«
    »Warm«, antwortete Chloe ohne nachzudenken und beobachtete dann, wie das Mädchen die beiden Leitungen so arrangierte, dass mehr warmes als kaltes Wasser herausgeflossen kam. Fließend warmes und kaltes Wasser? Wo war sie hier? In einem Science-Fiction-Film? Chloes Gedanken überschlugen sich, als sie in den großen Raum zurücktrat. Manche Dinge erkannte sie eindeutig als minoisch wieder, andere waren ihr absolut fremd. Chloe schauderte. Am überraschendsten war die Pyramide. Alle Seiten waren im Regenbogenspektrum bemalt und liefen in der abgeflachten goldenen Spitze zusammen. Und doch strahlten die Farben in einer Tiefe, als wären sie Juwelen. Na klar, Chloe. Ein Saphir, der nebenbei als Wohnblock dient.
    Das Mädchen rief sie, und Chloe musste angesichts der Aussicht, ihr erstes warmes Bad seit über einem Jahr zu nehmen, an sich halten, um nicht loszurennen. Hyazinthenduft lag in der
    Luft, und sie sah die winzigen Blüten auf dem Wasser treiben. Mit einem Seufzen, das sie gar nicht erst zu verhehlen versuchte, glitt Chloe ins Wasser. Wärme . das war fast besser als Sex.
    Sex.
    Cheftu.
    Sie landete ziemlich hart auf der Unterwasserbank und versuchte, die Erinnerungen zu sortieren, die sie von Sibylla gestohlen hatte. Mit einem Fingerschnippen entließ sie das Mädchen und wusch sich in dem Wasser, das über ihre braune Haut strömte. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie ihr neues, langes Haar gewaschen hatte, und Chloe fiel wieder ein, warum sie ihres früher höchstens auf Schulterlänge hatte wachsen lassen. Das hier war ausgesprochen lästig.
    Nachdem sie sich endlich davon überzeugt hatte, dass sie ihr Haar ausgespült hatte, stand sie auf und wickelte sich in ein sonnengewärmtes Tuch. Daran könnte ich mich gewöhnen, dachte Chloe und atmete noch einmal tief den Duft der Hyazinthen ein. Sie steckte den Kopf in den Hauptraum. Dort war eine Trennwand aufgestellt worden, die mit einer Art Metall überzogen war, sodass sich die Sonne darin spiegelte. Eine niedrige Matte und ein Obstkorb standen bereit, und Chloe fragte sich, wer wohl in ihr Schlafzimmer eindringen würde.
    »Herrin, möchtest du vielleicht ein Sonnenbad nehmen?«
    Das Mädchen deutete auf die Matte in der Sonne, und Chloe ließ sich darauf nieder, nachdem sie eine Hand voll Trauben gegrabscht hatte. Erst bürstete das Mädchen ihre Haare, dann breitete es die schwere Masse in der Sonne und über Chloes Schulter aus, und schließlich wurde Chloes Leib in einen Zustand seliger Entspannung massiert und geknetet.
    »Och! Da bist du ja«, sagte eine Frau. Chloes Augen flogen auf. »Du bist spät dran, Sib. Der Rat hält in gut einem Dekan eine kurzfristig angesetzte Sitzung. Mein Mitleid um deinen Pateeras, auch wenn ich weiß, dass du ihn nie kennen gelernt hast. Wie solltest du auch, unter fünfundvierzig Geschwistern?« Chloe hörte, wie sich die Frau auf einer Steinbank niederließ und weiterschnatterte.
    Chloe hatte von Posidios’ Tod gehört, von Sibylla aber keinerlei Reaktion darauf gespürt. »Was du in Naxos geleistet hast, ist schon jetzt legendär«, meinte die geschwätzige Frau. Chloe mühte sich verzweifelt ab, die Stimme einzuordnen, irgendeinen Hinweis von Sibylla zu erhalten - einen Namen, einen Titel -, ehrlich, diese Frau war zu nichts zu gebrauchen! »Erstaunlich, was geschehen kann, wenn der Stier einmal brüllt.« Die Frau kaute geräuschvoll auf ein paar Trauben herum. »Sib, wieso sagst du denn gar nichts?«
    »Ich warte noch auf eine Gelegenheit«, erwiderte Chloe im Spaß. Zum Glück lachte die andere Frau.
    »Embla und Ilena hocken inzwischen fast täglich Dekane lang zusammen«, sagte die Frau. »Ich bin sehr vorsichtig geworden bei dem, was ich esse; es wäre Embla durchaus zuzutrauen, dass sie ihre Nachfolgerin beiseite schafft, falls sie dadurch die Gunst der Himmelskönigin gewinnen kann.«
    Nachfolgerin! Im Kult der Schlange! Das war Selena, Sibyllas engste Freundin. O Kela, dachte Chloe. Was ist, wenn sie merkt, dass ich gar nicht die echte Sibylla

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