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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Ipiankhu sich getäuscht! Imhotep klapperte freudig mit den Zähnen und drehte sich schon um .
    »Katarakte, Herr, obwohl ich den Patienten dazu untersuchen müsste«, sagte Cheftu.
    Ipiankhu trat hinzu und sah aufmerksam in das Gesicht des Patienten, während Imhotep ihn reglos wie eine granitene Us-hebti -Begräbnisstatue anstarrte.
    »Die einzigen Katarakte, die ich kenne, sind Stromschnellen im Nil«, sagte Ipiankhu.
    Der Patient lächelte, und mit einem Mal spürte Imhotep bis in die Knochen, dass Ipiankhu und sein Gott wieder einmal gewonnen hatten. Auf irgendeine Weise war dieser Mann mit den Manieren eines Höflings, den womöglich der Apis-Stier selbst geboren hatte, dazu ausersehen, Pharao das Augenlicht wiederzugeben. »Als Katarakt bezeichnet man auch die Wolke, die du beschreibst«, sagte er. »Sie wird mit jedem Tag undurchdringlicher, bis der Patient schließlich nur noch Grau sieht.«
    Ipiankhu schnappte nach Luft, und Imhotep fing seinen fragenden Blick auf. Trotzdem wollte Imhotep sichergehen.
    »Gibt es eine Heilung?«
    Cheftu kaute mit kräftigen Zähnen, um die ihn Imhotep augenblicklich beneidete, auf seiner Oberlippe.
    »Eine Operation.«
    Ipiankhu zuckte zurück. »Du willst die Augen von Pharao, ewig möge er leben!, aufschneiden?« Er blickte Imhotep an, und seine Botschaft war unmissverständlich. Ausgeschlossen!
    Der Patient nickte. »Ohne eine Operation gibt es keine Möglichkeit, die Katarakte zu entfernen.«
    »Hast du das schon einmal gemacht?«
    Er zögerte kurz. »Dutzende Male.«
    »Herr«, sagte Ipiankhu höflich. »Darf ich um einen Augenblick deiner Zeit bitten?«
    Imhotep deutete eine Verbeugung vor Cheftu an und folgte Ipiankhu nach nebenan. »Hast du deinen Verstand auf Reisen geschickt?«, zischte der Wesir.
    »Pharaos Traum handelte von einem Mann mit goldenen Augen! Der Mann hat goldene Augen!«
    »Ja, die hat er! Aber weiß er auch, was er tut? Ihn Senwosret aufschneiden zu lassen? Wie kannst du so etwas auch nur in Betracht ziehen?«
    Imhotep drehte sich ungeduldig um. »Ich kann es nicht. Aber ich würde zu gern hören, was Pharao dazu sagt. Du weißt, dass wir ihm Bericht erstatten müssen.«
    »Natürlich, wahrscheinlich haben ihn seine Spione bereits informiert. Wenn wir ihn hinhalten, untergraben wir nur das Vertrauen, das er in uns setzt. Wie willst du es ihm vortragen?«
    »Ich?« »Du bist sein Leibarzt und Magus.«
    Imhotep stöhnte.
    Ipiankhu sprach weiter.
    »Er wird sich deiner Empfehlung nicht widersetzen. Rate ihm ab; hat er dir jemals widersprochen?«
    »Nein, noch nie.« Imhotep fuhr sich mit der Hand über den geschorenen Schädel und den schweren Kragen. »Ich werde jetzt gehen. Bleib du bei dem Mann Cheftu und erzähle mir später, was du erfahren hast.«
    »Senwosret wird auf dich hören. So wie immer.«
    Imhotep nickte und ging, eine Hand über der Brust gekreuzt und den rituellen Abschiedssegen murmelnd. Dann klatschte er nach seinen Standarten- und Sesselträgern.
    Ipiankhu kehrte zu dem Patienten zurück.
    »Verzeihung, Herr?«, fragte Cheftu. Der Wesir drehte sich zu ihm um. Seine haselnussbraunen Augen verrieten keine Regung. »„Würdest du mir eine Frage beantworten«, bat Cheftu mit ruhiger Stimme.
    »Wenn ich kann, Herr«, erwiderte der Wesir.
    »War jemand, ähm, bei mir?«
    »Bei dir?«
    »Als ich gefunden wurde, dort wo ich gefunden wurde.«
    »Dies hier hat man gefunden«, sagte Ipiankhu und klatschte nach einem Diener. Man brachte ein kleines Päckchen herein, und Cheftu fiel wieder ein, wann er es das letzte Mal gesehen hatte.
    Chloe hatte neben ihm gelegen, als er aufgewacht war. Er hatte sich zu ihr umgedreht, in plötzlicher Angst, weil sie nicht aufwachen wollte. Seine Hände fuhren über ihren Körper, suchten nach gebrochenen Knochen. Er spürte den Klumpen und zog ihn heraus - das Päckchen aus dem Markt in Pharao Hatschepsuts Ägypten, das er ihr erst Stunden, bevor sie dieses Zeitalter verlassen hatten, überreicht hatte. War das nun Wochen oder Jahrhunderte her? Cheftu vermochte es nicht zu sagen.
    Als sie nicht auf seine Berührung reagierte, geriet er in Panik. Seinen Kopf auf ihre Brust gebettet, hoffte er auf eine winzige Bewegung, auf irgendein Anzeichen, dass sie noch am Leben war. Kein Atem, keine Bewegung. Ihr Körper war kalt wie Granit. War ihr Geist überhaupt hierher gereist?
    Mit angehaltenem Atem lauschte er noch einmal auf ihren Herzschlag. Kein Laut drang aus ihrem Körper, doch in diesem Moment begann das

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