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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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Lo.
    Er war echt. Kein Hirngespinst diesmal. Mit gierigen Augen betrachtete sie ihn. Seine geschmeidige Gestalt war groß und schlank wie Bambus, und er trug das Haar länger als beim letzten Mal, als sie ihn gesehen hatte, doch es war ebenso dick und kräftig. Und ja, er besaß noch immer die gleiche innere Gelassenheit, die ihr so sehr ans Herz ging. Nur seine Augen – die Augen, die sie geküsst und mit ihren eigenen Wimpern gestreift hatte, dunkle, aufmerksame Augen, die ihr bis tief in die Seele blicken konnten –, diese schwarzen Augen hatten sich verändert. Sie blickten argwöhnisch, als wäre er auf der Hut. In sich zurückgezogen.
    Er stand da vor ihr in einer Tunika und einer schwarzen Hose, und ihr Verlangen, ihn zu berühren, war so groß, dass ihr die Hände zitterten. Sie zwang sich dazu, sie vor der Brust zu falten, und neigte den Kopf in einer höflichen Verbeugung.
    »Es ist so schön, dich wiederzusehen, Chang An Lo.«
    Es ist schön, dich wiederzusehen. Wie kam sie denn auf so distanzierte Worte? Wie konnte sie überhaupt etwas sagen, wenn ihr das Herz bis zum Hals klopfte? In diesem Moment stellte er Kuan der kleinen Gruppe vor, und Lydia spürte, wie etwas in ihr zerbrach. Kuan, die wie er eine schwarze Tunika und eine Hose trug, hatte ernste, braune Augen, trug die Haare kinnlang geschnitten und hatte einen entschlossenen Zug um den Mund, bei dem Lydia sofort auf der Hut war. Doch was noch schlimmer war – viel schlimmer: Sie besaß ein Stück von Chang An Lo. Ihr Arm lag auf dem seinen, als wären sie aus einem Guss.

DREISSIG

    C hang An Lo dankte den Göttern. Am liebsten wäre er auf die Knie gefallen und hätte mit der Stirn neun Mal den Boden berührt zum Dank dafür, dass ihm das Unmögliche gewährt worden war. Sein Fuchsmädchen war in Sicherheit. Es war am Leben und in Sicherheit.
    Dennoch: Als er die beiden Menschen neben ihr stehen sah, den Mann mit dem Fuchshaar und die Frau mit den verwundeten Augen, da hatte er das Gefühl, dass sie beide von ihr zehrten, dass sie ein Stück von ihr haben wollten. Er erkannte es daran, wie sie sie immer wieder mit Blicken streiften, als könnten sie nicht von ihr ablassen, mit einem Hunger in den Augen, den Lydia so gar nicht zu spüren schien.
    Er verbeugte sich höflich nach chinesischer Sitte vor Lydia, schüttelte dem Mann und der Frau hingegen die Hand, so wie es eben von ihm erwartet wurde. Zum ersten Mal begriff er, warum die Westler es vorzogen, sich bei einer Begegnung die Hand zu geben anstelle der sauberen und zivilisierteren Gewohnheit, sich voreinander zu verbeugen. Ein Händeschütteln offenbart die innersten Geheimnisse eines Menschen, ob er es nun will oder nicht. Dieser Mann mit dem Fuchsschopf und den Wolfsaugen zum Beispiel hatte einen Händedruck, der fest und entschlossen war, zu fest. Er versuchte, sich selbst etwas zu beweisen. Und Chang vor etwas zu warnen, obwohl sein Willkommenslächeln dabei so echt wirkte, dass Chang nicht hätte festmachen können, wo die Aufrichtigkeit endete und die Täuschung begann. Dieser Russe, der Genosse Malofejew, wusste sehr wohl, wie er sein Lächeln unter Kontrolle halten konnte – doch seinen Händedruck hatte er nicht im Griff.
    Bei der Frau war das anders. Sie ließ die Hand nur so kurz in der von Chang ruhen, dass sie sich kaum berührten, eine Geste, die so bar jeder Bedeutung war wie der beiläufig distanzierte Blick, den sie ihm dabei schenkte. Sie sah einen Chinesen, sonst nichts. Doch als er mit den Fingern ihre behandschuhten Hände streifte, schien sie ein Schauder zu durchfahren. War es Ekel … oder Schmerz? Er konnte es nicht sagen. Sie verbarg es gut.
    »Es ist eine große Ehre für mich, in dieser herrlichen Stadt zu sein«, sagte Chang, »und meine Delegation freut sich mit großer Ehrerbietung darauf, von unseren sowjetischen Genossen zu lernen.«
    Lydia schaute er nicht mehr an. Er gestattete es sich nicht. Weil er sich selbst nicht traute. Stattdessen stellte er seine beiden Begleiter vor.
    »Das ist Hu Biao, mein Assistent.«
    Hu Biao machte eine tiefe Verbeugung.
    »Und das ist Tang Kuan, meine unersetzliche Verbindungsoffizierin.«
    Er hörte, wie Lydia den Atem anhielt. Es war ein Laut, der so leise und zart war wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, ihm aber dennoch nicht entging.
    Kuan verbeugte sich nicht, noch schüttelte sie die Hand. Sie nickte nur und sagte in dem perfekten Russisch, das er ihr beigebracht hatte: »Es ist für uns ein Privileg, hier

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