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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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Er richtete sich auf.
    »Genosse«, sagte er zu dem Mann auf dem Bett direkt neben ihm. »Wird das hier drinnen eigentlich irgendwann kühler?«
    Der Mann blickte nicht auf. Er saß nur in Unterhemd und Unterhose auf seinem Bett und zupfte mit großer Konzentration und schmutzigen Fingernägeln an der dicken Hornschicht, die er an den Füßen hatte. Neben ihm lagen seine zerschlissenen Socken und ein offenes Päckchen Zigaretten.
    »Njet« , sagte er und ließ einen gelben Hautfetzen zu Boden fallen. »Nachts, wenn die Betten voll sind, wird es eher noch heißer.«
    »Voll mit Flöhen, meinst du.«
    Der Mann kicherte. »Diese kleinen Bestien. Die machen einen wahnsinnig.«
    Bei dem Zimmer handelte es sich um eine Art Sammelunterkunft, in der man zehn Betten zusammengepfercht hatte, doch ansonsten gab es keinerlei Möbel. Alles, was man besaß, musste man unter dem Metallrahmen des Bettes verstauen oder unter das fadenscheinige Kissen legen, während man schlief.
    »Genosse«, sagte Alexej, »ich tausche vier Zigaretten gegen eine gute Socke.«
    Der Mann schaute zu ihm herüber und grinste. Er tätschelte sein Päckchen. »Die hab ich von einem Genossen dafür bekommen, dass ich eine Stunde auf sein Pferdefuhrwerk aufgepasst habe.«
    Alexej schälte sich aus einer seiner ungewaschenen Socken und ließ sie in Armeslänge vor ihm in der Luft baumeln. »Drei Zigaretten?«
    »Abgemacht.«
    »Und ein Streichholz.«
    »Heute bin ich mal großzügig. Du kannst drei haben.«
    Alexej warf ihm die Socke hinüber. Er würde sich irgendein Stück Stoff suchen müssen, um seinen Fuß einzuwickeln, sonst bekam er auf den kalten Straßen draußen Frostbeulen. Eine Socke für drei Zigaretten? Kein guter Tausch, alles andere als vernünftig. Aber es gab Zeiten, in denen Vernunft ebenso wenig willkommen war wie Flöhe.
    Moskau war gierig. Es war eine Stadt im Umbruch, in der ganze Straßenzüge abgerissen und in einer Geschwindigkeit durch neue ersetzt wurden, dass seinen Bewohnern schwindelig davon wurde. Früher hatte hier hauptsächlich die Textilindustrie für Wachstum gesorgt, doch mittlerweile schossen Fabriken aller Art aus dem Boden, nahmen auch den letzten Raum ein und wurden mit Arbeitern vollgestopft, die in drei Schichten rund um die Uhr schufteten. Das Ganze geschah in einem solchen Tempo, dass so mancher schon davor warnte, die Felder Russlands wären in Kürze vollkommen verwaist und die Nahrungsmittelproduktion käme zum Erliegen.
    Als es dunkel wurde, machte sich Alexej auf den Weg und rauchte dabei eine seiner eingetauschten Zigaretten. Langsam inhalierte er den Rauch, genoss den Geschmack. Es war seine erste Zigarette seit über einem Monat. Die muffige, überheizte Luft und die Flöhe in der Sammelunterkunft hatten ihn irgendwann hinausgetrieben, um ein wenig klare Nachtluft zu schnappen, und obwohl der eine Fuß in seinen Galoschen eiskalt war, genoss er es, sich ganz allmählich mit der Stadt vertraut zu machen.
    Moskaus Straßensystem bestand aus einer Reihe von konzentrischen Kreisen, in deren Kern der Kreml saß wie eine rote Spinne mit gefährlich giftigem Biss. Der Arbat war eine aufstrebende Gegend, in der schicke Cafés, wohl sortierte Läden, lausfreie Kinos und geräumige Wohnungen darüber hinwegtäuschen konnten, dass es Lebensmittel nur auf Karten gab, die Regale gähnend leer waren und man ein Hemd bestenfalls in einer Nebenstraße im Tausch gegen einen halben Laib Brot erstehen konnte. Straßenlaternen verliehen den Hauptstraßen eine Aura zivilisierter Sicherheit, obwohl die Gehsteige schmal und so dick vereist waren, dass Alexej häufig gezwungen war, auf der Straße weiterzugehen. Bog er dann um eine Ecke, fand er sich oft genug in einem Viertel wieder, das an ein Dorf erinnerte. In diesen Bezirken waren die Straßen gar nicht befestigt und verfügten nicht über den Luxus von Laternen, nur eine Reihe von altmodischen Gebäuden mit hölzernen Vortreppen und Außentoiletten.
    In ein oder zwei Kneipen brannte immer noch Licht, doch seine Taschen waren leer. Er holte tief Luft, sog den Duft der Stadt in sich ein und lauschte dem Murmeln ihres Herzens. Irgendwo hier war Lydia. Irgendwo hier war Jens Friis. Jetzt musste er sie nur noch finden.
    Der Mann vor ihm torkelte. Alexej suchte sich gerade seinen Weg zurück zum Krasnoselskaja-Viertel und den Flöhen, als er die Gestalt leicht schwankend auf die Straße hinaustreten sah. Jemand, der deutlich zu tief ins Glas geschaut hatte.
    Hier war die Straße

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