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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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wirbelte. Über ihren Köpfen wölbte sich eine gewaltige Kuppel aus geschliffenem Glas, das in Blau- und Grüntönen schimmerte und Lydia das seltsame Gefühl gab, sich unter Wasser zu befinden. In ihren violetten, goldenen und roten Roben bewegten sich die anderen Paare wie glitzernde Fische übers Parkett.
    Die Delegation hatte sich verspätet. Dmitri hatte keinen Grund dafür genannt, und Lydia beschloss, ihre Ungeduld zu verbergen, und nahm seine Hand, als er sie zum Tanzen aufforderte. Er sah gut aus in seinem abendlichen Sakko und roch sogar noch besser. Als er sie mit der Leichtigkeit einer Feder am Rücken berührte, spürte sie, wie ihre Haut unter der weißen Bluse ganz heiß wurde. Eine Weile tanzten sie schweigend, bis Lydia das Bedürfnis verspürte, mit ihrem Gastgeber etwas Konversation zu treiben.
    »Du tanzt gut, Dmitri.«
    »Danke, Lydia. Und du siehst sehr hübsch aus.«
    »Die Schuhe gehören nicht mir.«
    Er blickte auf Elenas klobige grüne Schuhe hinab und hob amüsiert eine Augenbraue. »Wunderhübsch.«
    »Wenigstens passen sie.«
    Er lachte.
    »Dmitri, warum tust du das für mich? Mir helfen, meine ich.«
    Er wandte den Blick von den Armeeoffizieren ab, die an einem der hohen Fenster standen und tief ins Gespräch versunken waren, und lächelte sie an. »Warum glaubst du denn?«
    »Aus reiner Herzensgüte?«
    Er lachte erneut. Es war ein herzliches Lachen, das sie mochte, dem sie aber nicht recht traute. »Mach dich nicht lustig.« Für den Bruchteil einer Sekunde lang hatte er aufgehört zu tanzen. »Ich glaube nicht, dass es sehr viel Güte in meinem Herzen gibt, Lydia. Ich warne dich.«
    Einen Moment lang standen sie wie versteinert da, dann lachte er wieder und nahm sie erneut in die Arme. Doch Lydia wurde plötzlich von einem Schwindel erfasst, der nichts mit dem Tanzen zu tun hatte. Er hat mich gewarnt. Nicht einmal ein Lächeln brachte sie für ihn zu Stande, um der Situation ihre Schwere zu nehmen. Sie drehte das Gesicht zur Seite und ließ den Blick, ohne wirklich hinzuschauen, über die glitzernden Kandelaber wandern.
    »Lydia?«
    »Ja.«
    »Du bist zu leicht zu durchschauen.«
    Sie warf gereizt den Kopf in den Nacken. Sie ärgerte sich. Über ihn. Über die chinesische Delegation, die sich verspätete. Über den Jungen, der sie in die Hand gebissen hatte. Und über sich selbst, weil sie Dmitri brauchte.
    »Du bist noch jung«, sagte er leise. »Deine Augen verraten alles, so sehr du es auch mit einem Lächeln oder einem Lachen zu verbergen suchst und so bezaubernd du auch aussiehst.«
    Sie schaute ihm ins Gesicht. »Sei dir da nicht so sicher.«
    »Ach, jetzt mach ich mir aber Sorgen.«
    Abermals lachte er, und dieses Mal brachte sie es fertig, in sein Lachen einzustimmen. Seine Hand an ihrem Rücken erhöhte den Druck, und sie kam ihm einen Hauch näher, während er sie kundig über den Tanzboden führte.
    Kuan, wo bist du? Komm schnell.
    »Es sind eine Menge Armeeleute da«, bemerkte sie, um ihn von ihrer Nervosität abzulenken.
    »Ja, die wollen alle mit der chinesischen Delegation wegen Mao Tse-tungs Roter Armee reden.«
    »Ganz schöne Machtkonzentration hier drinnen.«
    »Mehr, als du dir vorstellen kannst, Lydia. Sei auf der Hut. Diese Männer hier können dich mir nichts, dir nichts zehn Jahre ins Arbeitslager schicken, nur weil du der falschen Person zugelächelt hast.«
    »Du auch?«
    Er führte sie an einem eleganten Paar vorbei, das ganz in Schwarz gehüllt war, und nickte ihnen höflich zu. Lydia spürte, wie seine Schultermuskeln unter ihren Fingern steif wurden. Vielleicht ein Rivale auf der Karriereleiter zum Politbüro?
    »Ob ich was würde?«
    »Ob du mich in ein Arbeitslager stecken würdest, nur weil ich der falschen Person zugelächelt habe?«
    Der Zug um seinen Mund wurde weicher, und plötzlich blickten seine grauen Augen ganz traurig und wechselten die Farbe wie das Meer, wenn ein Nebel aufzieht. »Nein, Lydia, das würde ich nicht.«
    »Aber du hast mich gewarnt.«
    »Ja, das habe ich.«
    Alles in ihr wollte ihm vertrauen, aber die Gründe dafür waren ihr nicht ganz klar.
    »Spassibo« , murmelte sie. »Für deine Hilfe.«
    Sein Griff um ihre Finger wurde fester. »Warum ich das mache? Ich sag dir, warum. Weil du nicht bist wie die.« Er blickte voller Hohn auf die anderen Tanzenden. »Die werden von ihrer Angst gesteuert. Das ist die Kraft, die sie lenkt, als wären es Marionetten. Du in deiner weißen Bluse, dem grünen Rock und deinen geliehenen

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