Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
Vom Netzwerk:
sondern gelblich trübes, das sich in einem übel riechenden Tümpel am Fuß der Wand ansammelte. Joie bewegte sich vorsichtig und platzierte sich so, dass sie im Auge behalten konnte, was sich in diesem Tümpel sammelte. Es war etwas sehr Übles … und Lebendiges, schien ihr.
    Das Wasser kräuselte sich infolge einer dunklen Unruhe unter der Oberfläche und verdichtete sich zu einer öligen Substanz. Zwei rote Augen traten zutage, die mit diabolischer Boshaftigkeit zu ihr hinüberstarrten.
    Traian. Unwilllkürlich suchte sie den telepathischen Kontakt zu ihm und zeigte ihm den Tümpel mit seinen makabren Geheimnissen.
    Geh weg da, Joie! Verschwinde aus der Blickrichtung dieser Augen!

Kapitel fünf
    V on lähmendem Entsetzen gepackt und außerstande wegzusehen, erwiderte Joie den Blick der feuerroten Augen, die sie aus dem kleinen dunklen Tümpel anstarrten. Die Augen waren real, sie beobachteten sie und gehörten zu irgendeiner grässlichen Erscheinung, die auf ihre Vernichtung aus war. Noch nie hatte sie so viel Bosheit oder solch abgrundtiefen Hass von irgendeinem Lebewesen ausgehen sehen. Joies Körper rebellierte, ihr wurde richtig übel von dem schieren Bösen, das dem dickflüssigen Schlick innewohnte.
    Nach Traians Warnung versuchte sie, sich von dem Anblick loszureißen, aber es war unmöglich, merkte sie. Sie war in dem Blickkontakt mit diesen rot glühenden Augen gefangen und konnte ihn nicht unterbrechen. Ihre Luftröhre verengte sich langsam, als würde sie von einer unsichtbaren Schlinge zusammengedrückt. Instinktiv griff sie sich an die Kehle, als könnte sie unsichtbare Finger von ihrem Nacken lösen. Doch da war nichts. Als weiße Lichtpunkte vor einem schwarzen Hintergrund aufblitzten, begriff Joie, dass sie nur noch kostbare Sekunden hatte, um den unsichtbaren Griff um ihren Hals zu lösen. Sie zückte ihr Messer und schleuderte es in einer impulsiven, von purer Verzweiflung gesteuerten Bewegung in den Tümpel.
    Die Klinge bohrte sich tief in das feurige linke Auge. Sofort brodelte das Wasser in einer schwärzlich roten Brühe hoch, und der Griff um ihre Kehle lockerte sich, sodass sie wieder atmen konnte. Ein fürchterliches Heulen erfüllte die Höhle und griff Joies Ohren an. Sie stolperte weg von dem giftigen Tümpel, sog tief Luft in ihre Lunge ein und hustete, als ihre wunde Kehle protestierte.
    Die Blasen, die das trübe Wasser warf, schoben sich übereinander und formten eine übel riechende Pyramide. Der Gestank nach faulen Eiern und verdorbenem Fleisch zog durch die Kammer, ein scheußlicher grüner Dampf, der in solch dünnen Schwaden die Luft durchzog, dass Joie Angst hatte, ihn einzuatmen. Die Pyramide wuchs, bis sie etwa doppelt so hoch war wie der Tümpel lang. Dann kippte das Gebilde langsam, und die Blasen verlängerten sich und bildeten groteske Finger. Joie schnappte entsetzt nach Luft, als sie sah, dass diese Verlängerungen winzige Parasiten – Maden oder Würmer – waren, die aus dem Schleim hervortraten.
    Erschaudernd wich sie einen Schritt zurück, beobachtete jedoch weiter aufmerksam den Tümpel, obwohl der Anblick ihr den Magen umdrehte. Irgendetwas Furchtbares würde geschehen. Die Geräusche in der Kaverne verstummten, als wartete alles mit angehaltenem Atem ab. Dann erzitterten die Blasen auf groteske Weise, und irgendetwas bewegte sich innerhalb der einzelnen Segmente und drängte an die Oberfläche, um sich zu befreien. Die Pyramide neigte sich in Joies Richtung, und vorsichtshalber trat sie noch einen weiteren Schritt zurück. Ihr Herz donnerte in der Stille, die so allumfassend war, dass selbst das unablässige Tröpfeln des Wassers aufhörte.
    Die widerliche dicke Brühe brodelte; die Blasen verbanden sich zu einem unförmigen Klumpen, und was auch immer sich darin befinden mochte, drängte in die eine oder andere Richtung, wodurch die Blasenmasse sich verformte, als würde sie etwas gebären … Und Joie befürchtete sehr, dass es genau das war.
    Beeil dich, Traian! Ich meine es ernst. Es gelang ihr nicht, die Furcht aus ihrer Stimme fernzuhalten.
    Sie hatte sich schon in so manchen verzweifelten Situationen befunden und war nicht ein einziges Mal in Panik geraten, denn so war sie nicht gestrickt. Aber das hier – dieses Ding da – war definitiv gefährlich, und es hatte es auf sie abgesehen. Die dicke Substanz verzerrte sich nun wieder und brach an einer Stelle auf, unter der ein dünnes Häutchen irgendetwas schützte. Doch schon bohrten sich Zähne in

Weitere Kostenlose Bücher