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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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beinahe durchsichtig aussiehst.« Nach einem tiefen Atemzug steckte er die Pistole ein und zog sein Messer. Ohne Zögern schnitt er damit in sein Handgelenk und reichte Joie das Messer. »Sollte er mich töten, erwarte ich Vergeltung«, erklärte er mit einem schwachen Grinsen, trat vor und hielt Traian das blutende Handgelenk hin. »Also mach schon, und bring uns dann um Himmels willen hier heraus!«
    Traian zögerte nicht, das angebotene Blut anzunehmen. Aller Voraussicht nach würden sie sich den Ausweg aus dem Höhlenlabyrinth erkämpfen müssen, und dazu brauchte er Kraft. Er war froh, dass Jubal ein solch starker, großer Mann war, dennoch achtete er darauf, nicht zu viel von der ihm so großzügig angebotenen, Leben spendenden Substanz zu nehmen, die er im Moment tatsächlich dringend brauchte. Danach verschloss er die Wunde mit seinem heilkräftigen Speichel.
    »Danke«, sagte er schlicht und streckte die Hand nach Gabrielle aus, die ihn jedoch erschrocken anstarrte und kopfschüttelnd vor ihm zurückwich. »Nun komm schon«, forderte er. »Wir müssen von hier verschwinden.«
    »Gabrielle«, drängte Jubal mit einem warnenden Ton in der tiefen Stimme.
    Sie schaute jedoch nicht ihn, sondern ihre Schwester an. »Vertraust du ihm?«
    Joie blickte zu Traian auf und ließ den Blick über die Linien in seinem markanten, alterslosen Gesicht und die dunklen Tiefen seiner Augen gleiten. Es waren Augen, die zu viel gesehen hatten und einem Mann gehörten, der zu lange allein gewesen war. Sie hatte einen Krieger vor sich, einen Mann von Ehre. Joie streckte die Hand aus, um mit den Fingerspitzen über sein starkes Kinn zu streichen. Die flüchtige Liebkosung bewegte ihn sichtlich und brachte ihren Puls zum Rasen. Hitze durchflutete sie. Die Luft um sie herum war plötzlich wie elektrisch aufgeladen, und ein Kribbeln schoss durch ihre Adern. Beide spürten das zunehmende erotische Bewusstsein zwischen ihnen und lächelten sich in stillem Einvernehmen an.
    »Ich würde ihm mein Leben anvertrauen, Gabby«, antwortete Joie. »Aber was noch viel mehr aussagt, ist, dass ich ihm auch das deine anvertrauen würde. Also geh jetzt bitte mit ihm! Ich habe das ungute Gefühl, dass ich immer spüre, wenn wir uns in Gefahr befinden.«
    Endlich nahm Gabrielle Traians Hand und ließ sich zu ihm heranziehen. Auch Jubal trat näher, damit Traian einen Arm um ihn legen konnte.
    Dann wandte der Karpatianer sich noch mal an Joie. »Ich werde sofort wieder zurück sein. Und versuch nur ja nicht, dich auf einen Kampf mit den Vampiren einzulassen! Du darfst ihnen nicht in die Hände fallen«, beschwor er sie. »Pass auf dich auf, Joie! Ich brauche dich.«
    Ihr zuliebe brachte er ihre Geschwister zuerst in Sicherheit, obwohl ihn alles dazu drängte, Joie als Erste hinüberzubringen. Sie verstand seinen Blick sofort und erkannte, wie schwer es ihm fiel, so vorzugehen. Er tat es ihr zuliebe. Ein Sturm von Empfindungen durchtobte ihn, aber seine Züge blieben ruhig. Nur seine dunklen Augen strahlten eine Intensität aus, wie Joie sie noch bei keinem Mann gesehen hatte. Sie glühten vor Leidenschaft, Verheißung und dem brennenden Wunsch, sie zu besitzen.
    Dann presste er den Mund zu einem harten Kuss auf ihren, wie um seine Ansprüche auf sie geltend zu machen. Der Kuss verriet ihr, dass Traian fest entschlossen war, sie zu besitzen, und sich von nichts und niemandem daran hindern lassen würde. Sie spürte das Zittern, das ihn durchlief, und fühlte seine Leidenschaft und seine Angst um sie. Aber der Kuss vermittelte ihr Sicherheit. Traian würde zurückkommen, um sie zu holen, und allem standhalten, um zu ihr zu gelangen. Selbst mitten in diesem unbekannten Territorium und in ihrer prekären Lage fühlte sie sich beschützt.
    Abrupt beendete er den Kuss und hob ihre Geschwister so mühelos auf, als wären sie Kinder. Er verwandelte sich in ein Geschöpf mit Flügeln, halb Mann, halb Vogel, und flog mit Jubal und Gabrielle über den Abgrund in die Dunkelheit hinein, bis Joie sie nicht mehr sehen konnte.
    Sie blieb am Rand des Abgrundes zurück, allein mit der bedrückenden Dunkelheit und dem entnervend rhythmischen Klappern und Wassertröpfeln in den Ohren. Mit klopfendem Herzen und trockenem Mund wandte sie sich dem Geräusch zu und richtete den Lichtstrahl ihrer Lampe in diese Richtung, um zu sehen, was sich hinter ihr befand.
    In dem Lichtkegel konnte sie an einer Seite der Höhle Wasser herunterrinnen sehen. Aber es war kein klares Wasser,

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