Die Sehnsucht der Pianistin
bewegte ihre Zehen. „Hört sich gut an. Ich hole den Korb.“
„Moment.“ Er fasste ihren Arm. „Wenn wir hier bleiben, trifft meine Sprechstundenhilfe der Schlag, wenn sie morgen früh kommt.“
„Okay.“ Sie hob sein T-Shirt auf. „Gehen wir zu mir.“ Sie rieb ihre Wange an der weichen Baumwolle, bevor sie ihm das Hemd reichte. „Dann können wir im Bett essen.“
„Großartig.“
Eine Stunde später lagen sie auf Vanessas Bett, und Brady schenkte gerade den letzten Tropfen Chardonnay ein. Vanessa hatte alle Kerzen, die sie im Haus finden konnte, im Schlafzimmer aufgestellt und angezündet. Aus dem Radio kam leise Musik – Chopin.
„Das war das schönste Picknick seit damals, als ich das Biwak der Pfadfinderinnen überfallen habe. Da war ich gerade dreizehn.“
„Ich hörte davon.“ Sie hatte nie zu den Pfadfinderinnen gehen dürfen. „Du warst schon immer etwas verdorben.“
„He, ich habe Betty Jean Baumgartner nackt gesehen! Na ja, fast nackt“, schränkte er ein. „Sie hatte noch einen BH und Höschen an, aber für einen Dreizehnjährigen ist das ganz schön erotisch.“
„Durch und durch verdorben.“
„Das waren nur die Hormone.“ Er nippte an seinem Wein. „Dein Glück, dass ich noch immer eine Menge davon habe.“ Zufrieden seufzend lehnte er sich zurück. „Auch wenn sie allmählich in die Jahre kommen.“
Vanessa beugte sich vor und drückte einen Kuss auf sein Knie. „Ich habe dich vermisst, Brady.“
„Ich dich auch. Tut mir leid, dass diese Woche so vollgepackt war.“
„Das verstehe ich doch.“
Er griff in ihr Haar und wickelte sich eine Strähne um den Finger. „Das hoffe ich. Allein die Praxisstunden haben sich diese Woche verdoppelt.“
„Ich weiß. Die Windpocken. Zwei meiner Schüler haben sie auch. Außerdem hörte ich, dass du ein Baby entbunden – ein Junge, achteinhalb Pfund schwer –, ein Paar Mandeln herausgenommen, einen Riss in Jacks Arm genäht und einen gebrochenen Finger gerichtet hast. Und das alles noch zusätzlich.“
„Woher weißt du das?“
„Ich habe meine Quellen.“ Sie berührte seine Wange. „Du musst müde sein.“
„Das war ich, bevor du kamst. Wie dem auch sei, alles wird leichter, wenn Dad wieder da ist. Hast du auch eine Ansichtskarte bekommen?“
„Ja, heute.“ Sie lehnte sich mit ihrem Weinglas in der Hand in die Kissen zurück. „Palmen und Sand, Mariachi-Musik und Sonnenuntergänge“, schwärmte sie. „Hört sich an, als hätten sie einen Traumurlaub.“
„Ich hoffe es für sie, zumal ich vorhabe, mit ihnen zu tauschen, wenn sie zurückkommen.“
„Zu tauschen?“
„Ich will mit dir wegfahren, Vanessa.“ Er nahm ihre Hand und küsste sie. „Wohin du willst.“
„Wegfahren?“, fragte sie erschrocken. „Warum?“
„Weil ich mit dir allein sein will, ganz allein. Dazu hatten wir nie Gelegenheit.“
Vanessa schluckte. „Wir sind doch jetzt allein.“
Er stellte sein Weinglas ab und dann ihres. „Vanessa, ich möchte dich heiraten.“
Das kam eigentlich nicht überraschend. Sie hatte es gewusst, nachdem er das Wort „Liebe“ gebraucht hatte. Der Gedanke jagte ihr auch keine Angst ein, obwohl sie das befürchtet hatte, aber trotzdem spürte sie eine tiefe Verwirrung.
Sie hatten schon früher vom Heiraten gesprochen, als sie fast noch Kinder waren und ihnen die Ehe wie ein wunderbarer Traum erschien. Doch jetzt wusste sie es besser. Eine Ehe bedeutete Arbeit, Verpflichtung und gemeinsame Ansichten. „Brady, ich …“
„So hatte ich es mir eigentlich nicht vorgestellt“, fiel er ihr ins Wort. „Ich wollte es ganz traditionell machen, mit einem Ring und einer hübschen, poetischen Ansprache. Jetzt habe ich keinen Ring, und alles, was ich dir sagen kann, ist, dass ich dich liebe. Ich habe dich immer geliebt und werde es immer tun.“
„Brady.“ Sie drückte seine Hand an ihre Wange. Etwas Poetischeres hätte er gar nicht sagen können. „Ich würde so gern ‘Ja’ sagen. Bis zu diesem Augenblick wusste ich gar nicht, wie gern.“
„Dann sag es.“
Ihre Augen waren feucht, als sie ihn ansah. „Ich kann nicht. Es ist noch zu früh.“ Sie hob die Hand. „Ich weiß schon, was du sagen willst. Dass wir uns schon ein Leben lang kennen. Das stimmt auch, aber in gewisser Weise war dies eine völlig neue Begegnung.“
„Es hat nie eine andere für mich gegeben“, sagte er langsam. „Du warst wie ein Geist, der mich verfolgte, wo immer ich war, und der sich verflüchtigte, wenn ich ihn
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