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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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das sie schon so oft vor einer Gefahr gewarnt hatte.
    Sie war sich nicht sicher, welche Gefahr ein ernster junger Priester, groß, aber schmal wie die Klinge eines Dolches, für sie darstellen könnte. Er schien nichts als pflichtbewusste Frömmigkeit auf seinen knochigen Schultern zu tragen. Aber er beobachtete sie immer so genau. Aber nicht wie die anderen voller Ehrfurcht und Bewunderung für ihre Schönheit, nein, es war, als würde er versuchen, all ihre Geheimnisse zu ergründen.
    Und Marguerite wusste sehr gut, wie oft das Aussehen eines Menschen einen täuschen konnte.
    „Pater Pierre“, sagte sie ruhig und zog den geborgten Mantel fester um ihre Schultern. „Was treibt Euch an einem so eisigen Tag in den Garten?“
    Er lächelte nicht, sondern schaute sie nur ernst an. Sein Gesicht, so weiß wie der Frost, war eine steinerne Miene und es schien zu alt zu sein für seine jungen Jahre. „Ich bringe dem König eine Nachricht von Bischof Grammont, Madame.“
    „Ach, wirklich? So treu und fleißig seid Ihr. Wagt Euch an einem solchen Tag hinaus, wo es sich doch jeder andere am Kamin gemütlich machen würde.“
    „Ihr nicht“, entgegnete er spitz.
    „Ich brauchte etwas frische Luft. Doch ich wollte gerade in mein warmes Zimmer zurückkehren.“
    „Erlaubt mir, dass ich Euch zurück ins Schloss geleite.“
    Marguerite fiel kein guter Grund ein, seine Begleitung abzulehnen. Also nickte sie nur und machte sich auf den Rückweg. Pierre lief neben ihr. Der Saum seines schwarzen Gewandes raschelte über den gekehrten Kiesweg.
    „Ich hörte vom Bischof, dass Ihr Euch unserer Reise anschließen werdet“, bemerkte er tonlos.
    Alors , Nachrichten verbreiteten sich wirklich schnell! Gerade eben hatte Marguerite selbst erst von ihrem Auftrag erfahren, und dieser fromme Priester hier wusste bereits davon.
    Was wusste er sonst noch?
    „Das werde ich tatsächlich. Die Comtesse de Calonne verlangt eine Begleitung, und mir gebührt die Ehre, ihr zu Diensten zu sein.“
    „Sie sind sehr mutig, Madame. Man sagt, am englischen Hof gehe es ungehobelt zu, und er sei schmutzig.“
    „Ich habe gewiss schon von Schlimmerem gehört.“
    „Habt Ihr?“
    „ Oui . Von den Türken, zum Beispiel. Und den Russen. Wie ich hörte, sollen die Russen sich die Bärte so lang wachsen lassen, dass sie vollkommen verfilzt und zerzaust sind und Ratten darin leben, ohne dass ihre menschlichen Besitzer auch nur ein wenig daraus lernten.“
    Pater Pierre runzelte zweifelnd die Stirn. „Wahrhaftig?“
    Marguerite zuckte die Achseln. „So wurde es mir erzählt. Außer den Gesandten, die manchmal Paris besuchen, bin ich selbst nur selten einem Russen begegnet. Ihre Pelzbekleidung war altmodisch, aber sie waren gepflegt.“ Und einen hatte sie getroffen, der hatte überhaupt keinen Bart gehabt, aber Haare, so golden und weich wie ein Sommertag. Einer, der ihr in den unpassendsten Augenblicken immer wieder in den Sinn kam. „Die Engländer tragen sicherlich keine Ratten in den Bärten. Ich bin überzeugt, dass die Wochen unseres Aufenthalts sehr angenehm verlaufen werden.“
    „Nichtsdestoweniger werden wir uns an einem fremden Hof aufhalten, dessen Sitten wir vielleicht nicht immer verstehen. Ich hoffe, Ihr werdet keine Hemmungen haben, mich anzusprechen, wann immer Ihr einen Rat benötigt, Madame Dumas.“
    Rat ? Als ob sie je von ihm einen Rat brauchen würde! Marguerite machte einen höflichen Knicks und sagte: „Es ist mir ein Trost zu wissen, dass immer ein französischer Priester da ist, der mir die Beichte abnimmt, sollte es nötig sein. Ich wünsche Euch einen guten Tag, Pater Pierre.“
    „Guten Tag, Madame.“
    Sie verließ ihn am Fuß der großen Treppe, die vorerst nur ein breites Gebilde aus Marmor war, das darauf wartete, aufpoliert zu werden. Während sie die Stufen hinaufstieg und dabei Arbeitern und Staubwolken auswich, konnte sie den Blick des Priesters in ihrem Rücken spüren.
    Tiens ! Marguerite verdrehte wütend die Augen. Musste sie jetzt während der ganzen Zeit, die sie in England verbrachten, auch noch darauf achten, diesem Mann aus dem Weg zu gehen? In der Tat, das würden sicher ein paar sehr anstrengende Wochen werden.

2. KAPITEL
    Nach etlichen kalten Stürmen, die das, was eine kurze Reise hätte werden sollen, in eine schier endlose Überfahrt verwandelt hatten, war die See jetzt wenigstens ruhig. Heute versuchte sogar die Sonne, durch die Wolken zu brechen, und warf ein seltsames bernsteinfarbenes Glühen

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