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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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sein, der mit Schimpfworten um sich wirft. Immerhin seid Ihr es, Madame, die mich zu töten beabsichtigt. Und bereits zum zweiten Mal, wenn ich mich nicht irre.“
    „Ihr habt etwas, das mir gehört.“
    „Ihr meint, Euren hübschen Dolch? Oh, ich glaube, der gehört jetzt eher mir. Ich fordere ihn zum Andenken an jene denkwürdige Nacht in Venedig.“
    Überwältigt von seiner Nähe, Wärme und Kraft fing Marguerite wieder an, sich zu winden. Sie hasste es, einem anderen ausgeliefert zu sein, vor allem dann, wenn derjenige solch ungekannte Gefühle in ihr hervorzurufen vermochte wie dieser Russe. „Ihr hättet damals sterben sollen.“
    „Vielleicht hätte ich das, doch wie es scheint, besitze ich noch ein oder zwei Leben mehr. Das Schicksal, Madame, hält offenbar andere Pläne für mich bereit. Für uns beide, wie ich meine, denn wir haben uns wiedergesehen.“
    „Schicksal? Ihr glaubt an so etwas?“
    „Natürlich. Ihr nicht?“
    „Ich glaube an Geschicklichkeit. An harte Arbeit. Wir alle sind unseres Glückes Schmied, Monsieur.“
    „Ah, ‚Monsieur‘ und nicht mehr cochon! Ich muss in Eurer Achtung gestiegen sein.“
    Marguerite lehnte den Kopf an die harte Wand und starrte den Russen im Mondlicht an. Gewiss war er immer noch hübsch. Das spöttische kleine Lächeln, das seine vollen Lippen umspielte, milderte seine kantigen, ebenmäßigen Züge. Die blauen Augen funkelten. Alles an ihm war vollkommen – sein Haar, sein Gesicht, sein schlanker, wendiger Körper. Doch Schönheit, das wusste Marguerite genau, war nur ein Werkzeug, eine Waffe wie jede andere, mit der man geschickt umzugehen lernen konnte. Normalerweise ließ diese Waffe sie kalt; Schönheit konnte sie nicht nachhaltig beeindrucken.
    Warum machte dann sein Griff, dass sie innerlich erbebte? Warum ließ er ihre Gedanken wie trunken durcheinanderwirbeln? Sie musste fort von ihm, musste sich wieder fassen.
    Sie wich noch dichter an die Wand zurück, aber er folgte ihr. Wieder konnte sie seinen Duft nach einem warmen Sommertag wahrnehmen, so dicht war er vor sie getreten. „Ich habe Achtung vor einem würdigen Gegner.“
    „Bin ich ein würdiger Gegner?“
    „Zweimal schon habt Ihr mich besiegt. Das hat bis jetzt keiner geschafft. Augenscheinlich seid Ihr stark und klug, Monsieur. Doch Ihr werdet mich nicht ein drittes Mal schlagen.“
    Sein Lächeln wurde breiter. „Wie ich sehe, werde ich besondere Vorsicht walten lassen müssen, solange ich in England bin.“
    „In jedem Augenblick.“
    „Ich betrachte das als eine faire Warnung, Madame.“
    Eine lange Zeit standen sie schweigend da und musterten einander wachsam. Marguerite wandte als Erste den Blick ab und ließ ihn über Nikolais Schulter hin zu dem Faun schweifen, der über ihre missliche Lage zu lachen schien.
    „Was macht Ihr hier?“, fragte sie gepresst. „Arbeitet Ihr jetzt für die Spanier? Ist Euer Auftrag in Venedig ausgeführt?“
    Er lachte. Sein Lachen hatte einen tiefen, rauen Klang, der ihr eine wohlige Gänsehaut verursachte. „Madame, ich arbeite für niemanden als für mich selbst, müsst Ihr wissen. So wie Ihr auch. Und was mein Tun hier in Greenwich betrifft – nun, ein paar Geheimnisse darf ich doch wohl für mich behalten, ja?“
    Geheimnisse . Das ganze Leben bestand aus Geheimnissen. Marguerite hatte ihr Leben damit verbracht, ihre eigenen Geheimnisse zu bewahren und die Geheimnisse anderer Menschen aufzudecken. Selbst die, von denen die Menschen glaubten, sie gut versteckt zu haben. Sie würde auch Nikolais Geheimnisse herausfinden.
    Er beugte sich zu ihr und warf ihr einen Blick zu, als könne er ihre Gedanken lesen. Jetzt war er ihr so nahe, dass sein Atem die feinen Locken an ihren Schläfen erzittern ließ. Zart strich er mit seinen Lippen über Marguerites Wangen und legte die Hände auf ihre Schultern. „Manche Dinge, ma petite , sind so tief begraben, dass selbst du sie nicht wieder ausgraben kannst.“
    „Geheimnisse sind meine Spezialität“, flüsterte sie zurück. „Ich bin noch keinem Mann begegnet, der sie vor mir verbergen konnte. Auf die eine oder andere Weise erfülle ich meinen Auftrag immer.“
    „Ah, aber ich bin nicht wie die anderen Männer, Madame Dumas.“ Er gab ihr einen leichten, flüchtigen Kuss aufs Kinn. Es geschah so schnell, dass sie sich nicht sicher war, ob es tatsächlich passiert war. „Ich werde voller Vorfreude unsere nächste Schlacht erwarten. Dafsstrjetschi .“
    Dann ließ er sie los. Ohne noch ein weiteres

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