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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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Schönheit war.
    „Oh, Monsieur Ostrowski, das war absolut außergewöhnlich!“, rief sie strahlend. „Wie kann ein menschliches Wesen solch eine großartige Leistung vollbringen?“
    Nikolai schwang sich vom Seil herunter und landete sanft auf den Füßen. Er war sich nicht sicher, ob sie nicht vielleicht einen Dolch in dem eleganten braunen Samtärmel verbarg und hielt gebührenden Abstand zu ihr. Auch traute er sich nicht, ihr zu nahe zu kommen und in den Kreis dieses silbrigen Glühens zu treten, der sie stets zu umgeben schien.
    „Es ist reine Übung, Madame“, antwortete er. „Die Übung vieler Jahre.“
    „Ihr müsst ein großes Talent besitzen“, sagte sie. „Jeder andere hätte sich gewiss den Kopf angeschlagen.“
    „Das tat ich auch, ein Dutzend Mal.“
    „Doch Ihr lebt, um davon zu berichten.“
    „Ich habe einen sehr harten Kopf.“
    „Das habt Ihr. Ihr seid tatsächlich ein Dickschädel.“ Sie trat näher an das Seil heran und hob die Hand, um dessen Stärke zu prüfen. „Aber das ist ja so dünn wie meine Stickseide.“
    „Es ist schwierig, die Balance zu halten, wenn das Seil dicker ist.“
    „Wirklich?“
    „Würdet Ihr es gerne einmal ausprobieren? Mit diesen schweren Röcken wird es nicht einfach sein, aber einen Versuch ist es wert.“
    Sie schaute ihn mit großen Augen an, aus denen jugendliche Bewunderung sprach. Nikolai stellte erstaunt fest, dass sie höchstens zweiundzwanzig sein konnte. Was musste mit einem so reizenden und graziösen Mädchen, das so voller Wissbegier steckte, geschehen sein, dass es jetzt das harte, sündhafte Leben einer Spionin und Mörderin führte?
    Auf einmal spürte er das überwältigende Verlangen, sie in die Arme zu nehmen, sie festzuhalten, bis diese ganze Härte dahinschmolz, und sie einfach nur ein junges Mädchen war. Er verfluchte sich, weil er das Bedürfnis verspürte, sie zu beschützen.
    „Kommt“, sagte er und streckte die Hand aus. „Ich kann Euch helfen.“
    Doch Marguerite trat von dem Seil zurück und versteckte die Hände in ihren weiten Ärmeln. Sie lachte zynisch und er konnte dabei zusehen, wie sie wieder in die Rolle der abgebrühten Agentin schlüpfte. „Nein, Monsieur Ostrowski! Ich bin sicher, dass Ihr mich bei der ersten Gelegenheit fallen lassen würdet. Ich habe meinen Hals zu gerne, als dass ich mir ihn auf diesen Pflastersteinen brechen möchte.“
    Er ließ die Hand sinken und wandte sich ab, um nach seinem Wams und seinen Stiefeln zu greifen. „Wie misstrauisch Ihr seid, Madame.“
    „Das muss man sein, wenn man überleben will.“
    Nikolai zog sein Wams über und schloss die winzigen Perlenknöpfe. Es war plötzlich sehr kalt geworden in dem Theater. „Was sucht Ihr hier, Madame Dumas? Besuchen die Damen heute nicht die Königin?“
    „Das habe ich getan, aber die Runde ist zu einem Spaziergang in die Gärten aufgebrochen. Und ich erhielt eine Nachricht des Master of the Revels , in der er mich bat hierherzukommen. Lady Penelope sagt, er wolle mich für eine der Festveranstaltungen haben.“
    Ach ja, das Schauspiel . Für gesegnete fünf Minuten hatte Nikolai nicht mehr daran gedacht. „Ich hätte wissen müssen, dass Ihr der französische Engel seid.“
    „Der französische Engel?“
    „Wie es scheint, schlug Roger Tilney vor, man solle einer Dame der französischen Abordnung, die ‚schön wie ein Engel sei‘, eine Rolle geben. Als diplomatische Geste sozusagen. Sir Henry war auch dafür.“
    Marguerite lachte. „Ich verstehe wenig von der Schauspielerei.“
    „Aber Madame, Ihr solltet Eure Meinung ändern. Die venezianische Hure habt Ihr perfekt gespielt.“
    Marguerite ignorierte seine Bemerkung und lächelte ihn stattdessen vielsagend an. „Vermutlich könnte ich immer zu Euch kommen, wenn ich einen Rat brauche, Monsieur Ostrowski. Ich traf selten einen so vollendeten Schauspieler wie Euch.“
    „Madame, wie immer stehe ich Euch zur Verfügung, solltet Ihr meinen Rat benötigen.“ Nikolai begann sein Haar zu flechten, das mit einem schwarzen Band fest zusammengebunden war, um es ihm während der Proben aus dem Gesicht zu halten. Es war ein mühsames Unterfangen, da ihm kein Spiegel zur Verfügung stand.
    Marguerite starrte ihn verwundert an und trat einen Schritt näher. „Wie schade, es zu Zöpfen zu flechten!“, rief sie.
    „Es ist zerzaust, und ich habe jetzt nicht die Zeit, mich richtig darum zu kümmern.“
    „Wartet, ich will Euch helfen. Ich bin nicht schlecht darin, Haare zu

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