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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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den wattierten, silbernen Unterrock streifen. Sie hielt still, während das Mädchen das Oberteil richtete, das steife, silberne Mieder und dann die fein gearbeiteten goldenen Ärmel befestigte.
    Jeder hatte Schwächen und Wünsche. Jeder hatte seinen Preis. Der von Nikolai Ostrowski war nur etwas schwerer herauszufinden und sicher weit höher als bei den meisten. Er musste hinter etwas her sein – keiner würde nur der Freundschaft wegen einen so weiten Weg auf sich nehmen. Sollte er sich, nur weil ein Freund es verlangte, mitten in die Auseinandersetzung von Henry, François und Kaiser Karl begeben? Das war absurd!
    Non , er verfolgte irgendeinen Plan, und die Spanier waren sicher Teil davon. Sie musste nur geduldig und beharrlich sein, dann würde sie schon hinter seine Motive kommen und auch in Erfahrung bringen, für wen er arbeitete.
    Dabei musste sie sehr vorsichtig vorgehen. Keine Wutausbrüche mehr. Und sie durfte auch nicht mehr sein Haar berühren! Ihr war klar, dass sie sich in dieser Beziehung selbst nicht trauen konnte.
    Sie band ihre Schuhe aus Silberbrokat und ließ sich von der Zofe den Kopfputz in Form einer Gloriole auf das glatte Haar setzen. Er war aus steifem, silberfarbenem Atlas gefertigt und mit Kristallen und Perlen bestickt, die im Kerzenlicht glitzerten. Dadurch sah er über ihrem hellen Haar wie der schimmernde Heiligenschein eines Engels aus.
    Die Zofe hatte eine sehr modische Wahl getroffen, dachte Marguerite, während sie sich zum Spiegel drehte, um sich zu betrachten. Wer würde einen unschuldigen, schimmernden Engel einer List verdächtigen?
    Außer vielleicht Nikolai selbst. Denn hatte sie ihn nicht mit einem Engel verglichen? Doch er benutzte nur Ausflüchte, steckte voller Finten und Winkelzüge.
    Marguerite öffnete ihr Schmuckkästchen und nahm ein Stück heraus, dass sie nur selten trug, doch immer wohl hütete. Es war ein großer, rhombenförmig geschliffener Diamant, der an einer dünnen Silberkette hing. Der Edelstein hatte ihrer Mutter gehört. Heute Abend würde er ihr Mut einflößen. Außerdem befestigte sie noch ein schmales Messer an ihrem rechten Arm unter dem Ärmel.
    Als sich die Türen zum Festsaal öffneten, konnte man hören, wie alle nach Luft schnappten. Marguerite stand auf Zehenspitzen und lugte über Claudines Schulter. Sie sah, dass das Arrangement der Tische geändert worden war. Jetzt waren an zwei gebogenen Tischen Franzosen und Spanier durcheinander hufeisenförmig gegenüber dem Podest des Königs platziert.
    „Meine geliebten Gäste!“, dröhnte Henry mit seiner tiefen Stimme und schritt wie ein in purpurnen Samt gekleideter Bulle auf die französische Delegation zu, von Kopf bis Fuß nichts als herzliche Begeisterung und gute Laune. An der Hand hielt er Prinzessin Mary, die ebenfalls in ein purpurnes Gewand gehüllt war. Die Augen in dem blassen Gesicht zeugten von Wachsamkeit.
    „Willkommen zu unserem Fest“, fuhr Henry fort. „Nach all der harten Arbeit an diesem Tag haben wir es uns verdient. Da wir in der wichtigen Angelegenheit, Frieden zu schaffen, hier vereint sind, so müssen wir auch an den Festtischen vereint sein. Meine Diener werden Euch zu den Plätzen führen. Wir dürfen nicht länger getrennt sein!“
    Gemurmel erhob sich. Man äußerte Vermutungen, Erstaunen und Protest. „Wie soll man denn hier seinen Platz finden?“, sagte Claudine und deutete verärgert auf den abgerundeten Tisch.
    „Fügt Euch einfach der Laune des Königs, ma chère “, stieß ihr Gatte zwischen den Zähnen hervor. „Es wird bald genug vorbei sein.“
    Marguerite schaute mit Interesse zu, wie alle zu den ihnen zugewiesenen Plätzen geleitet wurden, Männer und Frauen, Franzosen, Spanier und Engländer saßen nun alle bunt gemischt. Das konnte ihrem Vorhaben tatsächlich sehr dienlich sein! Ein einfacher Weg, um mit dem Feind ins Gespräch zu kommen, ähnlich ihrem Spaziergang mit Doña Elena. Einfach, informativ und vollkommen unverdächtig.
    Obendrein würde die neue Sitzordnung sie von Pater Pierre befreien, der sich allem Anschein nach während ihres Aufenthalts hier Greenwich zu ihrem offiziellen Begleiter oder Bewacher ernannt hatte. Seine stille Gegenwart an ihrer Seite und das Rascheln seines schwarzen Gewands stimmten sie zunehmend gereizt.
    Sie winkte ihm zu, als man ihn zu einem Platz am anderen Ende des hufeisenförmigen Tisches brachte, wogegen er protestierte. Ein Page geleitete Marguerite zu einem Stuhl in der Biegung des Hufeisens, wo

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