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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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ihren Arm, preschte auf dem rechten Fuß vor und stieß, den Degen über den Kopf haltend, zu. Sie stellte sich dabei vor, wie er in Nikolais Herz fuhr, dieses Herz, das sie verwirrte und verrückt machte. Die Klinge war leicht und durchschnitt pfeifend die Luft, wenn Marguerite sie auf und nieder sausen ließ. Danach beendete sie den Angriff und machte einen Schritt rückwärts.
    „Bravo, Madame“, hörte sie Nikolais Stimme mit dem kaum wahrnehmbaren russischen Akzent sagen. Sie wirbelte herum und entdeckte ihn direkt neben der Tür, von wo aus er ihr mit vor der Brust gekreuzten Armen entgegenlächelte. „Ihr seid sehr gewandt.“
    „Ich habe bei Signor Lunelli gelernt, dem berühmten Fechtmeister aus Mailand“, antwortete sie. Ihr Herz schlug immer noch heftig, und sie dachte daran, wie sie sich vorgestellt hatte, dass er es war, auf den ihr Degen zielte, dass seine muskulöse Brust das Ziel ihrer mörderischen Klinge war. „Doch durch den Müßiggang hier in Greenwich bin ich aus der Übung gekommen, fürchte ich.“
    „Ihr? Oh nein, Madame. Ich bin sicher, Ihr werdet nie – aus der Übung kommen.“
    „Dafür muss man etwas tun.“ Sie ließ den Arm sinken und schob die Spitze ihres Degens unter eine der Klingen, die immer noch in der Kiste lagen. Sie hob sie mit dem Degen hoch, und mit einer einzigen fließenden Bewegung warf sie sie Nikolai zu.
    Trotz seines lässigen Auftretens reagierte er schnell und fing das Heft mit der Hand auf. Dabei schenkte er Marguerite ein amüsiertes Lächeln.
    Marguerite nahm Haltung an und hob einladend ihre Klinge. „ En garde , Monsieur.“
    Nikolais Lächeln wurde breiter, und er nahm ebenfalls Haltung an. Zuerst umkreisten sie einander wachsam mit ausgestreckten Degen und beobachteten dabei genau jede Regung des anderen. Mit allen Sinnen stellte Marguerite sich auf ihren Gegner ein. Es war, als verginge die Zeit um sie herum langsamer, und sie konnte nur noch an den bevorstehenden Kampf denken.
    Von draußen ertönte ein Geräusch, das entfernte Fallen eines Hammers. Nikolai drehte sich nicht um, doch Marguerite sah, wie sich seine Augen leicht weiteten, und sie nutzte den vermeintlichen Vorteil. Mit einem tiefen, geraden Stoß stürzte sie vor.
    Doch er war nicht abgelenkt. Geschmeidig parierte seine Klinge ihren Angriff. Marguerite fiel zurück, hob den Degen und griff wieder an.
    In ihrem Kopf hörte sie Signor Lunellis Stimme: Denkt daran, Signorina, Eure männlichen Gegner besitzen Euch gegenüber zwei Vorteile – Reichweite und Kraft. Doch Ihr, Ihr besitzt Schnelligkeit und Gewandtheit. Und verliert nie die innere Ruhe. Das wäre tödlich.
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, als wollte sie tanzen, ließ ihre Klinge in einigen exzellenten, raschen Finten durch die Luft zischen und simulierte so einen Angriff. Schnelligkeit und Gewandtheit – er würde glauben, sie würde auf der Stelle bleiben, dabei verteilte sie die schnellen, kleinen Schläge nur, um ihn zu täuschen, bis sie zu einer gebündelten Attacke überging.
    Doch Nikolai kämpfte nicht so, wie sie es sich vorstellte. Er parierte ihre Schläge mit einer Leichtigkeit, die sie bei einem Gegner noch nie erlebt hatte. Seine Bewegungen waren geschmeidig und scheinbar mühelos, als koste ihn der Kampf nicht einen Funken Kraft. Und er hörte nicht auf zu lächeln, was Marguerite bis aufs Blut reizte.
    Sie spürte, wie ihre innere Ruhe, die bei Signor Lunellis Unterricht so eine große Rolle spielte, unter einer heißen Zorneswoge dahinschmolz. Sie stürzte sich auf Nikolai, umfasste seinen Schwertarm mit der freien Hand und wirbelte herum, um ihre Klinge in Position zu bringen. Sie musste schnell handeln, bevor er ihren Plan erriet und den Degen fallen ließ, um mit ihr zu kämpfen. Denn trotz ihrer Gewandtheit würde sie gegen ihn nichts ausrichten können – dafür war er einfach viel zu stark.
    Gerade als die Spitze ihres stumpfen Degens ihn berührte, warf er seinen zu Boden und umschloss unerbittlich mit seinen Fingern ihr Handgelenk.
    „Madame!“, knurrte er. „Ihr kämpft einen schmutzigen Kampf.“
    „ Oui . Aber ich gewinne immer.“
    „Fast immer.“
    Er verstärkte den Druck auf ihr Handgelenk. Nicht so, dass es schmerzte, aber ihre Hand wurde taub, bis schließlich der Degen ihrem gefühllosen Griff entglitt und klirrend zu Boden fiel. Marguerite verfluchte sich innerlich dafür, dass sie alles Gelernte vergessen hatte, dass sie ihm zu nahe gekommen war und ihm so einen Vorteil

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