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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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Ärmel über die feuchte Stirn. „Wie fandet Ihr mich?“
    „Doña Elena bat mich herauszufinden, was aus Euch geworden ist, und einer der Pagen erzählte mir von dem ‚verrückten Spanier‘ in dem leeren Ballhaus“, antwortete sie. „Ich nahm mir nicht die Zeit, ihm den Unterschied zwischen Spanien und Russland zu erklären.“
    Er ließ ein raues Lachen hören. „Wahrscheinlich wäre es ein sinnloses Unterfangen gewesen. Was wollte Doña Elena?“
    „Sie ist besorgt um Euch und glaubte Euch Eure Entschuldigungen, weshalb Ihr nicht am Bankett teilnehmen wolltet, nicht.“
    „Sie ist von ihren Begleitern umgeben. Ich bin überzeugt, sie kann es auch einmal eine Stunde ohne mich aushalten. Später, zur Vorstellung, werde ich mich wieder bei ihr einfinden.“
    „Wie es scheint, stimmt es, dass König Henrys Bankette viel länger dauern, als sie Spaß machen“, sagte Marguerite und trat einen Schritt näher. Dabei nestelte sie mit den Händen an dem feinen Stoff ihrer Röcke. Sie wirkte zögerlich, was so gar nicht zu ihr passte. „Aber ich glaube, sie war besorgt, Ihr könntet krank sein.“
    Er grinste sie an. „Dank Euch, Madame, habe ich mich noch nie besser gefühlt.“
    Sie lachte. Dabei schaute sie zu Boden, sodass ihr Gesicht halb im Schatten verborgen lag. „Ich war froh darüber, einen Grund zu haben, das Fest zu verlassen. Dieser ganze Lärm, die Blicke …“
    „Die Blicke Eures Begleiters, des Priesters?“, fragte Nikolai und dachte an den dünnen, blassen Geistlichen, der offenbar beschlossen hatte, hier am Hof ihr Schatten zu sein.
    „Pater Pierre, ja. Er warnt mich immer davor, zu viel Zeit mit den Spaniern zu verbringen. Er sagt, Ihr wäret alle nicht das, was Ihr zu sein vorgäbt.“
    „Für jemanden wie Euch scheint das eine unnütze Warnung zu sein.“
    Sie hielt fragend den Kopf schief. „Jemanden wie mich?“
    „Jemanden, der bei Hofe lebt.“
    „Hm, ja. Sicher hat Euer Leben als fahrender Schauspieler Euch auf Eure Rolle als Höfling gut vorbereitet.“
    „Die Fähigkeit, jemanden darzustellen, der man nicht ist, ist überall von Nutzen. Fähig zu sein, sich zu verwandeln und zu verändern, wann immer man es wünscht.“
    „Zu täuschen“, murmelte sie.
    Nikolai trat zu ihr und streckte die Hand aus, um sanft ihr Kinn zu ihm, zum Licht zu drehen. Schatten huschten über ihre helle Haut und die hohen Wangenknochen. Sie sah ihn ernst an. Ihr Gesicht verriet nichts.
    Doch sie zitterte unter seiner Berührung wie ein kleiner gefangener Vogel, der am liebsten die Flucht ergreifen würde.
    „Wer bist du wirklich?“, fragte er leise. „Ich nannte dich eine Fee, eine Hexe, und das scheinst du auch zu sein.“
    „Ich kann es dir nicht sagen.“
    „Weil du mir nicht traust?“
    Sie nahm seine Hand in die ihre, beugte den Kopf und küsste sie. Es war ein zarter, sanfter, seltsam trauriger Gruß. „Weil ich es nicht weiß.“
    Sie ließ ihn los, machte einen Schritt zurück und blickte ihm fest in die Augen. „Ich muss wieder zurückkehren. Ich werde Doña Elena sagen, dass es Euch gut geht und dass sie mit Euch bei der Festvorstellung rechnen kann.“
    Dann wandte sie sich um und stürzte davon. Zurück blieben nur ihr Duft und ihre geheimnisvollen Worte, die bedeutungsschwer in der Luft hingen. Nikolai trat zur Tür und blickte ihr nach, wie sie in der Dunkelheit der Nacht verschwand, eine in schimmernde Seide gehüllte Gestalt, die aussah wie die Fee, als die er sie bezeichnet hatte. Ihr Ziel war aber nicht irgendein verzaubertes, nebelhaftes Königreich, sondern der hell erleuchtete, laute Festsaal.
    Während Nikolai ihr nachstarrte, löste sich ein großer, dünner Schatten aus der Nacht und folgte ihr. Eine unheilvolle Krähe, die dem strahlenden, zitternden Vogel folgte. Pater Pierre.
    Also war Marguerite heute Nacht nicht das einzige Mitglied der französischen Abordnung, das Geheimnisse hatte.
    Hoch aufgerichtet und angespannt saß Marguerite auf ihrer Kleidertruhe und lauschte auf die Geräusche des Palastes. Es war spät in der Nacht, und draußen herrschte eine undurchdringliche Dunkelheit. Fast jeder, der sich innerhalb von Greenwichs dicken Mauern befand, schlief jetzt. Nebenan, in Claudines Gemach, war alles still.
    Doch Marguerite konnte nicht schlafen, konnte sich noch nicht einmal auf ihr zerwühltes Bett legen. Sie war zu rastlos. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander und ließen ihr keine Ruhe.
    Was hatte sie gemeint, als sie Nikolai sagte, sie könnte ihm

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