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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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jedem Platz standen Weinkelche und lagen Scheiben weichen, weißen Brotes bereit.
    Wenn da nicht der Teppich aus braunen Blättern und Zweigen gewesen wäre, Marguerite hätte gedacht, sie wären wieder im Palast.
    Diener, die dabei waren, das Fest vorzubereiten, halfen ihnen beim Absteigen und geleiteten sie zu ihren Plätzen. Marguerite fand sich Nikolai gegenüber wieder. Erneut saß die französische Delegation an einer Seite des Tisches, die spanische an der anderen, während Henry und Anne am Kopf der Tafel saßen. Plötzlich erschienen Musikanten und Spaßmacher, und bald vermischten sich Lieder und Lachen mit dem Wind, der durch die kahlen Äste blies.
    Als der Wein und das Bier zu fließen begannen, wurde das Lachen sogar noch lauter und sorgloser, und die Späße wurden obszöner. Selbst Marguerite musste über die Scherze von König Henrys Narren lachen, den spindeldürren und mit scharfzüngigem Witz begabten Will Somers. Sie ließ zu, dass Roger Tilney ihren Pokal öfter nachfüllte, als es klug gewesen wäre, aber seine Annäherungsversuche wehrte sie ab, indem sie ihm Süßigkeiten in den Mund steckte.
    Als sie sich kichernd von ihm abwandte, bemerkte sie, dass Nikolai sie mit diesem unergründlichen kleinen Lächeln auf seinem Gesicht beobachtete.
    Er sieht wirklich gut aus, dachte sie und spürte einen bittersüßen Stich. Üblicherweise wurden hübsche Männer für sie immer uninteressanter, je länger sie sie kannte und je mehr deren Gier und Selbstsucht zutage traten. Doch bei Nikolai war es anders – seine Schönheit wurde mit jedem Mal, da sie ihn sah, nur noch faszinierender. Das machte ihn so anziehend. Und man konnte wütend darüber werden!
    Marguerite lächelte ihm zu, stieß den Saum ihres Reitkleides beiseite und hob ihren Fuß in dem weichen Reitstiefel. Auf diese Weise erinnerte sie Nikolai an die vergangene Nacht, als er gerade diesen Fuß gehalten und geküsst hatte.
    Er lachte laut auf, und mit einem Mal kehrten alle Glücksgefühle zu ihr zurück.
    „Wir müssen tanzen“, verkündete König Henry. Er forderte die Musiker auf, einen lebhaften ländlichen Tanz anzustimmen, und führte Mistress Boleyn auf den „Tanzplatz“ aus Blättern und Zweigen. Bald schlossen sich ihnen viele der anderen an, nahmen sich bei den Händen, bildeten einen großen Kreis und wirbelten dann in die Hände klatschend herum.
    Marguerite klatschte lachend im Rhythmus mit.
    „Ihr scheint heute sehr gut gelaunt zu sein, Madame Dumas“, sagte Roger Tilney und lächelte sie an.
    „In der Tat“, antwortete Marguerite. „Ich bin immer glücklich, wenn ich an einem so schönen Tag draußen sein kann.“
    „Vielleicht habt Ihr Lust zu tanzen?“
    Marguerite zögerte einen Augenblick. Da flüsterte er ihr zu: „Ich schwöre, ich werde nicht wieder versuchen, Euch zu küssen.“
    Sie lachte. „Inmitten so vieler Leute könntet Ihr das wohl auch kaum tun! Das Küssen können wir dem König und Mistress Boleyn überlassen. Aber ich würde gerne tanzen.“
    Sie reihten sich nahtlos in das wirbelnde, leicht beschwipste Treiben ein. Das Tempo wurde immer rasanter, Paare hüpften und drehten sich schneller und immer schneller um die eigene Achse. Bald rang sogar Marguerite nach Luft und kicherte nur noch hilflos, als ein anderer Tänzer mit ihr zusammenstieß und sie aus dem Gleichgewicht brachte.
    „Aufhören! Aufhören, sage ich!“
    Die laut gebrüllten Worte unterbrachen das Vergnügen abrupt. Die Musik verebbte, und die Tänzer verliehen ihrem Unmut Ausdruck, indem sie aufgebracht miteinander tuschelten.
    Marguerite fand schnell ihr Gleichgewicht wieder und schaute sich um. Ihr bot sich ein höchst seltsamer Anblick. Einen Moment lang befürchtete sie, der Wein gaukle ihr Visionen vor. Sie rieb sich fest die Augen, aber das Bild war immer noch da.
    Gesetzlose in moosgrünen Hosen und dunkelbraunen Tuniken hatten ihren Tanzplatz eingekreist. Braune Ledermasken verbargen ihre Gesichter. Sie hielten Pfeil und Bogen in den Händen und zielten damit auf die Feiernden.
    Eine der spanischen Damen stieß einen leisen Schrei aus und fiel prompt in Ohnmacht. Marguerite wurde plötzlich still. Augenblicklich klärte sich ihr von Gelächter und Wein vernebelter Verstand. Langsam griff sie nach ihrem Rock und spürte das Gewicht des Dolches an ihrem Bein. Sie musste nur freie Sicht auf den Anführer der Gesetzlosen haben, dann konnte sie ihm ihre Klinge sicher direkt ins Herz schleudern …
    Doch dann bemerkte sie

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