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Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
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war. Wenn es stimmte, was die Leute erzählten, dann war Charles Daugherty einer der reichsten Männer Bengalens. Harriet schüttelte bei diesem Gedanken amüsiert den Kopf. Sie kannte Charles seit ihrer Kindheit, hatte ihn aber nur als zurückhaltenden, fast schüchtern wirkenden jungen Mann in Erinnerung. Dass er jetzt ein erfolgreicher Geschäftsmann sein sollte, der nach dem Tod seines Vaters das Unternehmen noch vergrößert hatte, war erstaunlich.
    Sie bemerkte, dass Lan Meng plötzlich ins Leere starrte. »Worüber denkst du nach?«
    Der Blick ihrer Freundin schien aus weiter Ferne zu kommen. Zuerst zögerte sie, dann sagte sie: »Einer der Männer im Hafen – er gehört zu El Capitanos Bande.«
    Harriet sah sie verblüfft an. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe ihn wiedererkannt. Er war damals auf dem Schiff. Kein Irrtum möglich.«
    »Du meinst, ein Schiff von El Capitano würde es wagen, einfach in unseren Hafen einzulaufen?« Harriet biss auf ihrer Unterlippe herum, wie sie es immer tat, wenn etwas sie sehr beschäftigte.
    Lan Meng deutete mit dem Kopf auf die Zeitung. »Das kommt mir vor wie eine Kindergeschichte, die du mir vorgelesen hast, von einem Robin Hood. Aber El Capitano ist kein Robin Hood, sondern ein bösartiger Mörder.« Sie blinzelte Harriet an. »Aber du magst ja Kindergeschichten.«
    »Nein, ich bin nur neugierig«, verteidigte sich Harriet. »Vielleicht auch ein bisschen gelangweilt.« Sie hatte tatsächlich begonnen, sich für die Nachrichten über diesen Piraten zu interessieren, und verfolgte jede neue Meldung mit Spannung. Die meisten ihrer Bekannten sprachen nur leise von ihm und hielten ihn für einen der grausamsten Seeräuber, der in den letzten zweihundert Jahren die Meere unsicher gemacht hatte. Einige wenige jedoch waren gemäßigter Ansicht. Unter ihnen befand sich ein Mitarbeiter der Calcutta Gazette , der regelmäßig Berichte über El Capitano veröffentlichte und behauptete, dass dieser in den letzten Jahren ausschließlich Schiffe anderer Nationen jage und sich – seit Napoleon Bonaparte England den Krieg erklärt hat – insbesondere auf französische Händler und Kriegsschiffe spezialisiere.
    »Du solltest endlich heiraten«, sagte Lan Meng trocken. »Mann und viele Kinder treiben Langeweile aus.«
    »Ich werde es mir überlegen.« Harriet lachte, als sie die Zeitung wieder in die Hand nahm. Sie war jetzt über vierundzwanzig Jahre alt, und es war unwahrscheinlich, dass sie heiraten würde. Anträge waren ihr seit ihrer Rückkehr aus Java genug gemacht worden, aber keiner der hoffnungsvollen Verehrer hatte auch nur mehr als freundliches Interesse in Harriet geweckt. Die ganzen Komplimente und Beteuerungen sah Harriet mit höflicher Distanz. Sie machte sich keine Illusionen: Die Attraktivität des Einflusses und des Reichtums ihres Vaters überstieg ihre eigene bei weitem, und zudem hatte ihre unglückselige Liebe zu Jahan sie gelehrt, dass sie frei von irritierenden und schmerzlichen Gefühlen weit besser dran war. Sie hatte es auch nicht nötig zu heiraten, ihr Vater würde ihr genügend Geld hinterlassen, um ihr ein unabhängiges Leben zu erlauben. Und sie war energisch genug, dieses auch in der Gesellschaft durchzusetzen.
    »Harriet? Harriet!«
    Die beiden jungen Frauen wandten sich gleichzeitig um. Harriets Mutter winkte aus einem Fenster, nur mit einem leichten Morgenmantel über ihrem Unterkleid und einem Frisierumhang um den Schulten. »Bist du noch nicht im Haus? Was ist denn? Hast du den Ball heute Abend vergessen?«
    Harriet warf ihrer Freundin einen gequälten Blick zu. Als wäre das überhaupt möglich gewesen, ihre Mutter sprach ja von nichts anderem. Es fanden zwar ständig Festlichkeiten, Empfänge und Teegesellschaften statt, mit denen sich die gelangweilten englischen Ehefrauen der Mitarbeiter der East India Company die Zeit vertrieben, aber dieses Ereignis beschäftigte Lady Elisabeth besonders. Seit Wochen ging sie in den Planungen auf und hatte Harriet sogar ein neues Kleid anmessen lassen. Harriets Freude darüber hielt sich in Grenzen. Das Kleid war hübsch, aber angenehmer für kühlere Breiten. Und sie musste ein Korsett dazu tragen. Das taten die meisten englischen Ladys auch tagsüber, aber Harriet hatte sich von Jugend an dagegen gewehrt. Sie erhob sich seufzend und ging, von Lan Meng gefolgt, ins Haus.
    Sie ahnte, wie dieser Abend verlaufen würde, und sie hasste ihn jetzt schon.

2. Kapitel
    A ls einer der führenden

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