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Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
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Feststellung überraschte ihn. Er fuhr zusammen, als hätte er ihm einen Schlag versetzt. Charles sah, dass er einige Male langsam Luft holte, als bereite ihm das Atmen Schmerzen. »Das wäre auch niemals der Fall«, sagte er tonlos.
    Charles machte den Mund auf, aber Harding winkte ab. »Schon gut, ich denke, jetzt habe ich es verstanden.«
    »Gut«, Charles musterte ihn nachdenklich. »Dann hören Sie zu, was ich plane …«
    Harding lehnte sich zurück und streckte die Beine von sich; während Charles sprach, glitt sein Blick jedoch zum Vorhang, der sich leicht bewegte. Draußen war es noch hell, weshalb er den zierlichen Schatten sehen konnte, der schon die längste Zeit vor dem Fenster herumgelungert hatte und nun gebückt und wieselflink davonhuschte. Die kleine Chinesin schnüffelte mehr umher, als ihr bekömmlich war.
    * * *
    Als Harriet an diesem Abend den gemeinsamen Salon betrat, fand sie Charles zu ihrer angenehmen Überraschung allein vor. Harding war geschäftlich unterwegs, und Lan Meng hatte sich ebenfalls entschuldigt. Ihre Freundin hatte auf dem Schiff sehr misstrauisch auf Charles’ Antrag reagiert, ihr sogar lebhaft Vorhaltungen gemacht, aber seit diesem Abend schien sie ihre schlechte Meinung über Charles revidiert zu haben. Sie hatte ihr mit einem Blinzeln einen schönen Abend gewünscht und ihr auf eine fast mütterliche Art die Frisur zurechtgezupft.
    Und so saßen sie und Charles sich endlich einmal allein gegenüber und konnten sich bei einem exzellenten Mahl, das von Charles’ französischem Koch höchstpersönlich »kreiert« worden war, ungestört unterhalten.
    Der Abend verlief sehr harmonisch, und Harriet genoss es, Charles endlich einmal ganz für sich zu haben. Ermuntert von seinen Fragen, erzählte sie von ihrer Familie, brachte ihn zu ihrer Freude sogar des Öfteren zum Schmunzeln und freute sich, als sein sonst so zurückhaltender Blick einem warmen Lächeln wich.
    Leider sprach er kaum über sich selbst, dabei hätte sie so gern mehr von ihm gewusst. Seine Mutter war gestorben, als er acht oder neun Jahre alt gewesen war, und sie konnte sich nicht vorstellen, wie es für einen kleinen Jungen gewesen sein mochte, ohne Mutter aufzuwachsen, nur mit einem Vater, der streng und hart wirkte und es vermutlich auch war.
    Sie selbst hatte nicht nur eine liebevolle Mutter, sondern auch einen nachsichtigen Vater gehabt, der seine lebhafte Tochter mit überraschender Langmut ertragen hatte. Selbst seine Schelte war noch freundlich gewesen. War sie dann doch einmal zu ungestüm gewesen, so hatte man sie eben ihrer Aja übergeben, und Sir Percival hatte sich in sein allerheiligstes Arbeitszimmer zurückgezogen.
    Als sie jedoch nach Charles’ Vater fragte, um mehr über das Verhältnis der beiden zueinander herauszufinden, verschloss sich Charles’ Gesicht.
    »Er war ein harter Mann.« Er klang so abweisend, dass Harriet befürchtete, allzu taktlos gewesen zu sein. »Aber nicht zu mir«, setzte er nach einer Pause hinzu, »jedenfalls hat er mich nie gezüchtigt, nicht einmal angeschrien.«
    Was auch nicht nötig gewesen war. Er hatte ihn zwar nie geschlagen, aber andere, und Charles hatte dabei zusehen müssen. Sein Vater hatte ihn sogar einmal gezwungen, bei der Hinrichtung eines Mannes anwesend zu sein.
    Hinrichtungen waren im Grunde nichts Außergewöhnliches, es wurden immer wieder Leute zum Tode verurteilt, und die Schaulustigen versammelten sich zuhauf auf den Richtstätten. Aber das geschah im Namen der Obrigkeit und des Gesetzes. Dieser Mann hatte jedoch die Dummheit besessen, James Daugherty zu hintergehen, und war allein auf dessen Befehl getötet worden.
    Charles würde niemals den Anblick vergessen, wie der Mann vor seinem Vater auf den Knien gelegen und um Gnade gebettelt hatte. Einer von Daughertys Leuten hatte ihm eine Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt.
    Charles sah es vor sich wie damals. Er hatte sich bemüht, tapfer zu sein, denselben Ausdruck von Kälte und Gleichgültigkeit zu zeigen wie sein Vater und die Männer um ihn herum. Er hatte durchgehalten, aber danach war er in eine Ecke des Gartens geflüchtet und hatte sich dort übergeben.
    Harding hatte ihn schnell gefunden. Er hatte erwartet, Schelte zu bekommen oder auf Befehl seines Vaters wieder zu dem Toten gebracht zu werden, um ihn genau anzusehen, aber Harding hatte den gerade erst elf Jahre alten Jungen nur aufgehoben, leise auf ihn eingesprochen und ihn auf sein Zimmer begleitet. Dort hatte er ihm

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