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Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
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geholfen, die schmutzigen Sachen auszuziehen und das Gesicht zu waschen.
    Charles hatte seitdem viele Menschen sterben sehen. Aber der berstende Kopf, die austretende Gehirnmasse, das heraushängende Auge zählten zu den Erinnerungen, die ihm heute noch fast den Magen umstülpten.
    Sein Vater hatte wahrhaftig keine Mühen gescheut, ihn zu einem harten Mann zu erziehen. Und Charles hatte sich bemüht, seine Gefühle zu verbergen.
    Vielleicht war er deshalb so versessen auf Jessica gewesen? Weil sie so weit weg lebte und keine bitteren Erinnerungen mit ihm teilte. Er hatte an der Warmherzigkeit ihrer Familie und an ihrer teilhaben wollen. Ein Trugschluss, denn sein Vater hatte andere Pläne gehabt.
    Harriets fragender Blick zog ihn aus seinen Erinnerungen wieder in die Gegenwart und zu ihr zurück. Er lächelte bitter, als er ihre besorgte Miene sah. »Lassen wir meinen Vater, Harriet.«
    »Natürlich«, erwiderte sie rasch. »Ich wollte nicht …«
    »Ich werde Ihnen von ihm erzählen, aber nicht jetzt und nicht heute.« Erst, wenn alles vorbei war und er sich aus der Piraterie zurückgezogen hatte. Er konnte niemals eine gute Ehe mit ihr führen, wenn eine Lüge zwischen ihnen stand. Wenn sie ihn heiratete, dann sollte sie keinen Grund haben, ihn zu verabscheuen, wie seine Mutter seinen Vater verabscheut hatte.
    Es war bereits weit nach Mitternacht, als Harriet mit größtem Bedauern beschloss, sich zurückzuziehen. Als sie Charles eine gute Nacht wünschte, küsste er ihr – wie auch in den letzten Tagen – in vollendeter Manier die Hand, aber kurz bevor sie das Zimmer verließ, hielt er sie zurück. Er stand sehr dicht vor ihr, seine Augen waren auf ihre Lippen geheftet, und Harriet hob erwartungsvoll das Gesicht zu ihm empor. Sie fühlte seinen Atem, seine körperliche Nähe und schloss die Augen. Seine Lippen waren jedoch nur wie ein Hauch, als sie ihre Wange streiften, unendlich zart, wie die Berührung einer Feder. Harriet seufzte leicht und sehnsüchtig und verharrte mit geschlossenen Augen, in der Hoffnung, ihm Mut für mehr zu machen.
    Als sich nichts mehr tat, öffnete sie die Augen und sah ihn an. Er stand dicht vor ihr, einen Ausdruck von Verlangen in den Augen, von einer Wärme, die sie selbst erhitzte. Sie blinzelte lächelnd, in der Hoffnung, verführerisch zu wirken. Herrgott noch mal, war es denn so schwierig, von einem Mann einen Kuss zu bekommen? Oder war nur dieser so gehemmt? Den Eindruck hatte er ihr bisher nicht gemacht. Aber so waren Männer wohl. Bei fremden Frauen nahmen sie sich heraus, was sie wollten, und sobald sie ehrbare Absichten hatten, wurden sie prüde. Sie hatte dieses befremdliche Phänomen schon des Öfteren in ihrem Bekanntenkreis beobachtet. Gentlemen, über die man sich hinter vorgehaltener Hand Schockierendes über ihre Liebesabenteuer erzählte, die sich nicht zu gut waren, öffentlich mit ihren Mätressen zu erscheinen, standen dann stocksteif neben ihren Verlobten und wagten kaum, ihre Hand zu berühren.
    Sie blinzelte abermals, legte alle Süße in ihr Lächeln. Und betete. Schließlich konnte sie ja nicht gut den Anfang machen, das gehörte sich nun wirklich nicht. Jedenfalls nicht vorläufig.
    Charles reagierte tatsächlich, aber nicht so, wie sie es erhofft hatte.
    »Harriet …« Seine Hände umfassten ihre Oberarme, und schon glaubte sie, er wolle sie an sich ziehen. Doch sofort ließ er sie wieder los, als hätte er sich an ihr verbrannt, und trat schnell einen Schritt zurück. Sein Lächeln wirkte reichlich angespannt, und seine Stimme klang rauh, als er kurz den Kopf neigte. »Gute Nacht, Harriet, schlafen Sie gut. Wir sehen uns dann morgen.« Damit drehte er sich auf dem Absatz um, durchquerte fast fluchtartig den Salon und verschwand in seinem Zimmer, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen.
    Harriet starrte ihm mit offenem Mund nach. Dieser Abgang war denn doch etwas überhastet. Lag es vielleicht gar nicht an seiner Prüderie, sondern an ihr? War sie nicht anziehend genug?
    Schließlich wirbelte sie herum, stürzte in ihr Zimmer und ließ die Tür mit einem unfeinen Krachen zufallen.
    Drinnen wartete die erschreckte Zofe auf sie. Da Harriet Beth an den amerikanischen Seemann auf der Red Vanessa verloren hatte, hatte Charles dafür gesorgt, dass sie auf Kuba Ersatz bekam. Harriet blinzelte die Tränen weg, schickte das Mädchen zu Bett und begann, sich selbst zu entkleiden. Sie zerrte das hübsche Kleid herunter, das sie – extra für Charles! –

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