Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
Vom Netzwerk:
zurückzukriechen.
    »Was hast du vor?«
    »Nichts.« Die Erkenntnis, dass sie nur die Wahl zwischen Gefangenschaft und zerschmetterten Gliedern hatten, ließ ihn unfreundlicher sein, als es seine Absicht war.
    Harriets schmales Gesicht zeigte eine Mischung aus Sorge, Mitleid und Schuldbewusstsein. »Es ist meine Schuld.«
    Das stimmte, wenn auch nur zum Teil. Die Falle war durchdacht gewesen, und ohne Harriets Flucht hätten sie gewiss andere Wege gefunden, ihrer und seiner habhaft zu werden.
    »Charles …«, ihre Stimme war so sanft, so unsicher, dass er sein gekränktes Gehabe nicht länger aufrechterhalten konnte. Soeben wollte er den Kopf vorbeugen, um sie tröstend zu küssen, als in der Zelle plötzlich wütende Stimmen zu hören waren. Befehle wurden gebrüllt, denen man mit einem Schuss Nachdruck verlieh. Der Knall wirkte sich in der engen Rutsche wie eine Explosion aus, die Charles fast ertauben ließ. Gleichzeitig warf er sich über Harriet. Die Kugel prallte mehrmals mit einem hässlichen Singen an die enge Wand, riss kleine Mauerbrocken heraus und zischte haarscharf über seinen Kopf hinweg.
    Das Unterrockseil gab plötzlich nach, als hätte es jemand durchschnitten. Er versuchte, sich zu halten, kam jedoch ins Rutschen, stemmte die Hände gegen die rauhen Wände und krallte sich mit den Fingern in die Fugen zwischen den Steinen. Er hörte Harriets entsetzten Schrei, einige sehr undamenhafte Ausrufe, und dann wurde sie von ihm weggezerrt, obwohl sie sich an sein Bein klammerte. Er schürfte sich Hände und Arme sowie die Knie auf, spürte jedoch keinen Schmerz, sondern war nur darauf erpicht, Harriet zu erreichen, die Verwünschungen ausstieß, die eine Dame nicht einmal kennen sollte.
    Er drehte sich und fand tatsächlich Ritzen, in die er seine Finger und seine Stiefelspitzen quetschen konnte. Er hörte Harriet nach ihm rufen und versuchte verzweifelt, sich zurück in die Zelle zu schieben, als ihn ein Schlag gegen den Kopf traf. Die Sekunden, die er brauchte, um die Betäubung abzuschütteln, genügten, um ihn seinen Halt verlieren zu lassen. Er rutschte ab, glitt immer schneller, und dann baumelten seine Beine in der Luft. Ein kleiner Vorsprung, den ein herausragender Stein bot, gab ihm Gelegenheit, sich mit den Fingern der rechten Hand dort festzukrallen, während er mit den Füßen Halt suchte. Seine Fingernägel brachen, Blut quoll darunter hervor, die Finger wurden von den scharfen Steinen aufgerissen. Er dachte an Harriet, die drinnen kämpfte. Dann verloren seine Finger den letzten Halt.
    In diesem Moment hörte er von oben einen Schrei, etwas baumelte vor seiner Nase. Ein Seil? Noch im Fallen griff er, ohne nachzudenken, mit beiden Händen danach. Er rutschte daran herab, verbrannte sich die Hände, fand endlich Halt und machte sich daran hinaufzuklettern, auch wenn er nicht wusste, wie er die Rutsche erneut meistern sollte. Unter ihm tobte die Brandung, er warf jedoch nur einen kurzen Blick hinab, als er sich hinaufhangelte. Aus dem Augenwinkel sah er, dass das Boot sich bis auf wenige Meter den Mauern genähert hatte. Seine Hände brannten höllisch, aber das beachtete er ebenso wenig wie seine anderen Schürfwunden und Schnitte. Harriet war dort oben allein und in Gefahr.
    Schüsse. Eine Kugel prallte gegen den Felsen, Gesteinssplitter prasselten auf ihn herab. Ein weiterer Schuss, haarscharf an seinem Ohr vorbei, er hörte das Pfeifen der Kugel, dann riss das Seil. Es kam ihm wie Sekunden vor, in denen er in der Luft schwebte, verzweifelt hinaufsah, erkannte, dass er sich von dem Tunnel, an dessen Ende Harriet kämpfte, entfernte, und doch war es nicht einmal ein Herzschlag.
    Sein Instinkt und nicht sein Verstand, der in diesem Moment vor Angst um Harriet wie gelähmt war, rettete ihn davor, an den Felsen zu zerschellen. Später wusste er nicht, wie es ihm gelang, sich von der Felswand abzustoßen, aber er konnte sich noch im Fallen drehen, hörte trotz der Brandung Schreie und sah, kurz bevor er in die Gischt und in die stürmische See eintauchte, das Ruderboot. Dann schlugen die Wellen über ihm zusammen, warfen ihn gegen die Felsen. Wasser drang ihm in die Luftröhre, er kämpfte, verlor die Orientierung und kam für einige wenige kostbare Augenblicke wieder an die Oberfläche. Lan Mengs Gesicht tauchte vor ihm auf. Hände griffen nach ihm. Seine gequälten Lungen sogen die Luft ein, er hustete, dann hatte die Gewalt des Wassers ihn wieder gepackt. Sein letzter Gedanke, bevor er

Weitere Kostenlose Bücher