Die Sehnsucht des Piraten: Er ist der Schrecken der Meere - doch gegen sie ist er machtlos (German Edition)
viele Fragen haben. Er bemerkte, dass seine Schwester ihm verstohlene Blicke zuwarf und offensichtlich gern gefragt hätte, sich jedoch entschied, damit zu warten.
»Ich hoffe es.« Henderson zog eine Grimasse. »Da ist Wasser auf dem Boden dieses verdammten Bootes. Das ist das Ende meiner Schuhe. Ich hoffe, Ihr wisst das zu schätzen, Miss Raine.«
Manda starrte ihn erneut verblüfft an. Christopher konnte sich nicht vorstellen, dass jemand schon einmal Manda mit »Miss Raine« angesprochen hatte.
»Ich würde sagen, das ist nicht gerade ein seetüchtiger Kahn«, erwiderte sie abschätzig.
»Ich würde sagen, es ist das Beste, das wir finden konnten«, konterte Henderson gereizt.
»Ich würde sagen, Ihr seid ein recht merkwürdiger Retter«, fuhr sie fort. »Solltet Ihr nicht eigentlich Tee mit der Königin schlürfen?«
»Ich würde sagen, Ihr seid verflucht undankbar«, grollte Henderson. »Wir haben Euch mit Müh und Not retten können.«
»Vor einer Horde betrunkener Dandys? Ich würde sagen, das war keine große Herausforderung.«
Sie war angespannt, umklammerte den Rand des Bootes, und ihre Stimme zitterte. Christopher bemerkte es, aber Henderson sah sie nur gereizt an. »Ich würde sagen, das war Euer Glückstag!«
Der Kahn schien sich gegen die Ruder zu wehren, bis plötzlich eine Welle kalten Wassers Christophers Stiefel und Hose umspülte. »Und das, Freunde«, sagte er gelassen, »würde ich sagen, nennt man sinken.«
»Gut, dass Piraten schwimmen können«, meinte Manda. Sie schüttelte Hendersons Gehrock ab und sprang elegant über Bord. Christopher ließ die Ruder fallen und folgte ihr. Als er auftauchte, hörte er gerade noch Hendersons Fluch: »Verdammt und zugenäht! Das war ein brandneuer Anzug!«
*
Der Earl von Switton saß vor dem Feuer, hatte seine manikürten Füße in weiche Slipper geschoben und hielt sie vor den Kamin. Sein Kammerdiener hatte ihn mit einem Port und seiner schlechten Laune allein gelassen. Sein schwerer, samtener Morgenrock schmiegte sich um ihn, konnte ihn jedoch auch nicht über den Verlust seines liebsten Ausstellungsstücks hinwegtrösten.
Der Sohn vom alten Henderson würde einige Fragen beantworten müssen. Switton hätte eigentlich sofort sehen müssen, dass Raine trotz seiner ganz offenbar vornehmen Frau und seiner Freundschaft zu einem Viscount ein Rüpel war.
Switton hatte zwar Raines Statur bewundert, aber als diese Amazone ihm das Hemd vom Leib gerissen hatte, war Switton vor Entsetzen einen Moment der Atem gestockt.
Ein Rohling, das war er.
Hendersons Junge dagegen, nun, das war ein echter englischer Gentleman, mit heller, von der Sonne gebräunter Haut und silberblondem Haar. Henderson sollte mit Raines entzückender schwarzhaariger Frau zusammen sein. Raine war ein gemeiner Schläger. Ein Raufbold.
Switton war niedergeschlagen. Raine hatte ihm seine schwarze Amazone gestohlen, diese große, geschmeidige, wunderschöne Frau, die besser kämpfen konnte als jeder Mann, den er kannte. Jemanden wie sie würde er nie wieder finden.
Ein Scheit fiel im Kamin zusammen. Flammen fauchten kurz hoch, bevor sie ruhig weiterzüngelten. Das Feuer ließ bereits nach, sollte aber bis morgen brennen. Missmutig griff Switton nach dem Schürhaken.
Etwas Kaltes presste sich an seine Wange. Switton sah sich gereizt um und blickte in die Mündung einer Pistole.
An deren anderem Ende Christopher Raine stand. Er trug nur Hose und Stiefel und gewährte Switton einen gründlichen Blick auf die entsetzliche Narbe. Seine grauen Augen waren eiskalt, und sein langer Zopf war feucht.
Swittons Aufmerksamkeit wurde jedoch sofort wieder wie magisch von der Narbe auf der muskulösen Seite des Mannes angezogen. Es war fast, als hätte jemand aus der perfekt gemeißelten Marmorstatue eines vollkommenen griechischen Athleten ein großes Stück an der Seite herausgehackt. Raines Schultern waren perfekt, seine Brustmuskeln fest und hart, aber die linke Hälfte seines Bauches und Oberkörpers war zu einer nach innen gewölbten Masse von Narben und weißen Streifen verformt, die sich deutlich von seiner honigbraunen Haut abhob.
Jemand hatte den Körper dieses Mannes gründlich ruiniert, und weniger wegen der Pistole als vielmehr angesichts dieser Verunstaltung fühlte sich Switton plötzlich schwach.
Er versuchte jedoch, sich nicht einschüchtern zu lassen. »Was erlaubt Ihr Euch, Sir? Ihr seid unter einem falschen Vorwand in mein Haus eingedrungen und habt mir mein Eigentum
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